Verwegene Herzen (German Edition)
ihre Fähigkeiten in der Alchemie entdeckte, begann er zu zögern. Wir dachten, er wäre ein Feigling oder jemand, der nicht gern den Anführer gibt.“
„Aber die Umstände deuten darauf hin, dass er weder das eine noch das andere ist.“
„Richtig“, stimmte Will zu. „Ich vermute, dass er versucht hat, Zeit zu gewinnen. Hätten Hugos Männer Meg nicht gefangen genommen, hätte Dryden sowohl seinen Alchemisten gehabt als auch einen Strohmann für die Morde.“
„Dich?“
„Ja, und alles, ohne dass er selbst als Täter entlarvt worden wäre.“
„Wir werden ihn jetzt entlarven, koste es, was es wolle.“
Er erschauerte, den Blick in weite Ferne gerichtet. „Das wird nicht genügen, Rob. Mein Ziel ist es, Ada heil zurückzubringen.“
Die Miene seines Onkels unter der Kapuze verfinsterte sich. „Wenn Dryden herausfindet, dass wir nicht vorhaben, zu tauschen oder einen Kompromiss einzugehen, hat er kaum einen Grund, sie am Leben zu lassen. Hast du daran gedacht?“
„Das habe ich.“
Robin umfasste die Zügel fester, und die Handschuhe glitten hörbar über das nasse Leder. „Hat Meg daran gedacht?“
„Vermutlich.“
Einen Moment lang schloss Will die Augen und dachte an ihren Abschied zurück. Verzweifelte, leidenschaftliche Liebe. Ihre Tränen, die sich vermischten. Versprechen, die gemacht und wiederholt wurden, als sie das Schicksal um Milde baten. Meg hatte die Verbände abgelegt und immer und immer wieder seinen Körper und sein Gesicht berührt. Sie hatten zu viel ertragen, um am Ende besiegt zu werden, aber beiden war die drohende Gefahr bewusst.
Die Nacht war wie ein Blitzschlag vergangen. Sie hatten sich aneinander geklammert, als der Tag anbrach. Doch das Unvermeidliche konnten sie nicht aufschieben.
„Unsere Trennung war … schwierig“, sagte er. „Ich wollte den Augenblick nicht noch belastender machen, indem ich düstere Szenarien ausmalte.“
Robin nickte. „Ich verstehe vollkommen.“
An Meg zu denken, an Marian, an Zuhause und an Sicherheit – das würde sie nur von den bevorstehenden Aufgaben ablenken. Er zwang sich, den Kummer beiseite zu schieben.
„Dryden hat eine Nachricht nach Loxley geschickt“, sagte er. „Er weiß, dass wir kommen. Sich anzuschleichen hat also wenig Sinn.“
„Nach dem, was Meg uns von ihrem Gemisch gezeigt hat, scheint genau das unsere letzte Möglichkeit zu sein. Deine Gemahlin ist eine gefährliche Frau.“
„Das musst du gerade sagen.“
„Robin!“
Bei Little Johns Ruf drehte Wills Onkel sich um. „Was ist los?“
„Wir sind da“, erklärte der starke Mann. „Es ist Zeit, den Plan umzusetzen. Was meinst du?“
Robin warf Will einen kühlen Blick zu. „Was sagst du, mein Neffe?“
Will runzelte die Stirn, nicht gerade die Miene eines selbstsicheren Anführers. Ein paar Dutzend bewaffnete Waldläufer – von denen einige ihn noch vor ein paar Wochen im Wald hängen wollten – wandten sich ihm zu. Ein halbes Menschenleben lang hatte er es vermieden, Verantwortung zu übernehmen, und sich immer gefragt, woher Robin sein Vertrauen in schwierigen Situationen nahm. Jetzt verstand er es. Robin um Hilfe zu bitten war nicht der schwierigste Teil seines Unternehmens gewesen. Der schwierigste Teil war es, der Anführer zu sein.
„John, du und deine Männer, ihr kommt mit mir zu den Toren.“ Unter den Männern entdeckte er einen schwarzen Lockenkopf. Jacob, bewaffnet mit seiner Armbrust und den Krummmessern, stand bereit. Aber während Will sich stets der Aufgabe widersetzt hatte, die Führerschaft zu übernehmen oder Ratschläge von Älteren anzunehmen, erwies Jacob sich als äußerst lernfähig und außerdem bereit, seine Grenzen anzuerkennen, wenn auch widerstrebend. Kein Mann konnte sich einen besseren Kämpfer in seinem Rücken wünschen, ungeachtet seiner Jugend. „Du auch, Jacob.“
„So eine kleine Gruppe?“, fragte jemand.
Der Kommentar ärgerte ihn. Er selbst hatte wenig Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten als Kommandeur, doch das mussten die anderen nicht wissen. „Wir schicken heimlich eine kleine Gruppe zur Burg. Haltet so viele Leute wie möglich außerhalb der Reichweite der Bogenschützen.“
Die Männer, die für Megs Mixtur verantwortlich waren, standen da, die Lederbänder über die Öffnungen zweier wasserdichter Fässer gezogen. Ein anderer Mann nahm eine große Wanne vom Rücken eines Esels und drehte sie dem Regen zu, während ein Vierter den Deckel von einem Fass mit Sand löste, wobei er die
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