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Verwegene Herzen (German Edition)

Verwegene Herzen (German Edition)

Titel: Verwegene Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Lofty
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verbergen.
    Sie strich sich die Röcke glatt und berührte den Beutel an ihrer Taille. Beruhigt lächelte sie. Wenn ihre Verstellung ihr nicht helfen würde, könnte sie noch zu anderen Mitteln greifen.
    „Wohin gehen wir?“
    Er antwortete nicht.
    „Sagt mir wenigstens Euren Namen, guter Mann.“
    „Ich heiße Will Scarlet.“
    Wieder wartete sie und unterdrückte den Wunsch, sich abzuwenden. Er musste sie beobachten, und sie hasste prüfende Blicke auf ihrem Gesicht oder ihrem Körper. Mit gesenkten Lidern blieb ihr nichts anderes übrig, als der Prüfung standzuhalten und das Schlimmste zu befürchten. Aus ihrer abwartenden Haltung erwuchs Kampfgeist.
    „Will Scarlet“, sagte sie. „Das ist ein ungewöhnlicher Name.“
    „Ihr habt noch nie von mir gehört?“
    Endlich bemerkte sie eine Andeutung von Gefühl in seiner Stimme. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie suchte nach einem Hinweis, ging im Geiste die Liste aller Schwächlinge und Waschlappen durch, die sie kannte, aber sie fand nichts.
    „Sollte ich?“
    „Wir vergeuden Zeit“, sagte er. „Jeder kann uns in dieser Lichtung einfangen.“
    Sich den Weg durch Charnwoods unebenes Gelände zu bahnen, erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit. Wenn Scarlets gleichmäßiger Schritt sich veränderte, half ihr das, Buschwerk und Stämme zu erahnen. Während er durch die raschelnden Herbstblätter ging, wurden seine Schritte ihr Führer, selbst als sein sicheres Vorankommen ihr zum Ärgernis zu werden begann.
    Wieder verfingen sich Brombeerzweige in ihren Röcken, sodass sie schwankte und stolperte.
    „Haltet Euch dicht bei mir.“
    „Ich bin erschöpft.“
    „Tut, was ich sage, oder ich liefere Euch den Männern des Sheriffs aus.“
    Sie fröstelte. „Ich weiß, dass Ihr einer von ihnen seid. Ihr wart nicht bei Whitstowes Gruppe, und der Mann, den Ihr getötet habt – er kannte Euren Namen.“
    Er blieb stehen. Obwohl er so nahe war, dass sie ihn hätte berühren können, verriet er ihren geschärften Sinnen kaum etwas. Durch das Lederwams, das er trug, drang keine Körperwärme. Sie spürte weder seinen Atem noch seinen Herzschlag. Sie fühlte ihn ganz nahe bei sich, wie ein lauerndes Gespenst, und die kleinen Härchen in ihrem Nacken richteten sich auf.
    „Im Augenblick solltet Ihr Euch damit begnügen, dass ich mein Bündnis gelöst habe.“
    Überraschung, er redete mit ihr. Es musste ihr gelingen, ein nützliches Gespräch in Gang zu bringen, ohne ihn zu sehr zu provozieren.
    „Ich weiß es zu würdigen, was Ihr um meinetwillen auf Euch genommen habt. Ich ziehe es vor, bei Euch zu bleiben.“
    „Dann tut, was ich sage“, entgegnete er, und seine Stimme klang leise und ganz nahe bei ihr. „Ich brauche Eure Fragen nicht.“
    Ihre Abneigung wuchs, doch das verbarg sie hinter gespielter Demut. „Ich verstehe.“
    Er machte kehrt und nahm den Weg wieder auf. Meg stolperte beinahe bei jedem Schritt. Nicht besonders erfolgreich versuchte sie, sich auf das wichtigste Problem von Haltung und Bewegung zu beschränken.
    Scarlet hingegen murmelte sinnlose Anweisungen: Hebt die Füße. Achtet auf den Ast.
    Bei jeder seiner knappen Bemerkungen überdachte sie seine Worte. Seine ungeduldige Gereiztheit vermochte nicht den Klang seiner kultivierten Sprechweise zu verbergen. Ungeachtet seines Benehmens war er kein ungeschlachter Grobian. Die Furcht, die sie seit dem Hinterhalt umklammert hielt, verebbte. Dumme Männer konnten sich wie Tiere verhalten, aber vielleicht könnte sie mit diesem Mann reden, der an Vernunft und Gesetze gewöhnt war.
    Als er es offensichtlich müde war, sinnlose Befehle zu äußern, verstummte Scarlet. Megs Gefühl der Einsamkeit kehrte zurück und umgab sie wie eine Wolke dichten Nebels. Es verstimmte sie, dass sie sich so sehr nach Gesellschaft sehnte, dass sie sogar die gelegentlichen Anweisungen ihres blutrünstigen Entführers vermisste.
    Und sie vermisste Ada. Welch seltsamer Wandel der Ereignisse.
    Nur das Geräusch brechender Zweige, zögernder Schritte und ihrer beider Atem störte die vollkommene Stille der dichten Wälder.
    Doch als sie das drohende Rauschen eines nahen Flusses hörte, blieb ihr beinahe das Herz stehen.
    Angst stieg in ihr hoch, erfüllte sie ganz. Das gewohnte Entsetzen kehrte zurück. Unter der Oberfläche treiben, den Boden unter den Füßen verlieren. Sich an ein flüssiges Element klammern, wie taub vom Gurgeln des Wassers. Nur ein Eindruck würde bleiben – wie sie das Wasser in ihrem Mund

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