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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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doch im Licht der Taschenlampe sah ich bald die Schlammspuren, die ich im weichen Moos hinterlassen hatte. Da fiel mir etwas auf. Mit pochendem Herzen schwenkte ich den Lichtstrahl in einem weiten Bogen über den Boden.
    Etwas abseits und im Nebel gerade noch zu erkennen, hatte sich eine andere schlammige Spur durch den weichen Untergrund gepflügt.
    Ich folgte ihr, auch wenn ich unmöglich wissen konnte, ob sie von Monk und Sophie stammte. Doch ich bezweifelte, dass viele Leute hierherkamen. Das Moos klammerte sich an die Felsen wie Seetang bei Ebbe, und wer auch immer diesen Weg genommen hatte, war wie ich ständig weggerutscht, sodass man unter dem abgeschabten Moos den dunklen, feuchten Stein erkennen konnte. Wenn es Monk gewesen war, dann hatte er sich nicht bemüht, seine Spuren zu verbergen.
    Entweder rechnete er nicht damit, dass ihm jemand folgte, oder es war ihm egal.
    Ein Stück weiter endete die Baumreihe plötzlich. Ich fand mich auf einem überwucherten Pfad wieder, der offensichtlich von Wanderern benutzt wurde. Der Boden war in beiden Richtungen matschig und ausgetreten. Ich starrte japsend hin und her.
Komm schon, welche Richtung?
    Wenn ich nicht völlig die Orientierung verloren hatte, dann musste die Straße links von mir liegen. Falls Monk einen Wagen gestohlen hatte, würde er sich dorthin gewandt haben. Doch ich hatte keinen Motor gehört, und es war sostill, dass ich das Geräusch selbst durch diesen Nebel wahrgenommen hätte. Ich humpelte los und folgte dem Pfad tiefer in den Wald hinein. Der Strahl der Taschenlampe flackerte wild umher, und meine Stiefel platschten durch den Schlamm. Als hätte sich der Nebel verdichtet, türmte sich bald eine schroffe Felswand vor mir auf. Das Licht fiel auf ein Eisengitter vor einem klaffenden Höhleneingang. Nein, keine Höhle, wurde mir klar.
    Eine Mine.
    Lucas hatte eine alte Zinnmine erwähnt, ein paar Kilometer von Padbury entfernt, aber er hatte gesagt, sie wäre verriegelt.
Jetzt nicht mehr.
Das rostige Gittertor stand offen, im plattgetretenen Morast davor lag ein aufgebrochenes Vorhängeschloss. Die Eisenstreben waren kalt und rau und quietschten, als ich das Tor aufzog und mit der Taschenlampe in die Finsternis des Schachtes leuchtete.
    Mein Atem wirbelte im Nebel.
Und jetzt?
Mir tat alles weh. Ich war hinter Sophie und Monk hergejagt, ohne mir zu überlegen, was ich tun würde, wenn ich sie eingeholt hätte. Der Anblick des dunklen Schachtes im Felsen löste eine Urangst in mir aus, die mir die Nackenhaare aufstellte.
    Aber ich hatte keine Wahl. Das blaue Display meines Handys leuchtete in der Dunkelheit und zeigte mir, was ich bereits vermutet hatte: kein Empfang. Und ich hatte schon genug Zeit vergeudet. Ich zog meine Brieftasche heraus und legte sie neben das Tor, damit die Polizei wusste, wohin ich gegangen war.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
    Ich wischte mir den klammen Schweiß von den Händen, nahm die Taschenlampe und betrat die Mine.
    Der Schacht war so niedrig, dass ich kaum aufrecht gehen konnte. In der kalten Luft hing der muffige Geruch einesalten Kellers. Von den Deckenbalken tropfte Wasser, das in Rinnsalen über den abschüssigen Boden rieselte. Meine Schritte hallten, als ich darüber hinwegschlurfte. Nach einer Weile wurde der von längst verstorbenen Minenarbeitern roh in den Fels gehauene Schacht steiler und verlor sich jenseits des Strahls der Taschenlampe.
    Nachdem ich ungefähr fünf Minuten gegangen war, wurde der Boden ebener. Der Schacht wurde breiter und gut doppelt so hoch. Doch direkt vor mir erkannte ich einen Haufen aus Felsen und Schiefer. Irgendwann in der Vergangenheit war die gesamte Decke eingestürzt, und nun ragten zersplitterte Holzbalken aus den Granitplatten wie gebrochene Knochen.
    Die Mine war blockiert.
    Das Rinnsal aus dem Schacht war von dieser Felslawine teilweise gestaut worden, sodass sich davor ein seichter Tümpel gebildet hatte. Ich platschte durch das Wasser und leuchtete mit der Taschenlampe umher, um einen Durchgang zu finden. Es gab keinen. Dabei war ich mir sicher gewesen, dass Monk Sophie hier heruntergebracht hatte. Aber ich hatte keine Gänge gesehen, die vom Hauptschacht abgezweigt waren, und der Einsturz war unpassierbar.
    Oder doch nicht? Ich schwenkte die Taschenlampe ein weiteres Mal über den versperrten Schacht. Im Lichtstrahl schienen sich die Schatten der Felsen und zerborstenen Balken zu bewegen, aber der Haufen sah massiv aus. Als ich dann die Taschenlampe weiterschwenkte,

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