Verwesung
natürliche Formation und keine künstliche.
Sieht so aus, als hätte er sich getäuscht
, dachte ich, und in dem Moment krachte ich mit dem Kopf gegen einen Felsvorsprung. Ich taumelte zurück, nicht weil ich mir wehgetan hatte, sondern eher vor Schreck.
Und ließ die Taschenlampe fallen.
Nein!
Ich versuchte sie zu erwischen, griff aber daneben. Klappernd fiel sie auf den Felsen und flackerte. Als ich sie mit dem Fuß festhalten wollte, rutschte sie weg und hüpfte den abschüssigen Boden hinab Richtung Abgrund, wobei ihr Lichtstrahl wirre Muster erzeugte. Ich kroch hinterher, doch sie rollte zu schnell. Dann erreichte sie die Kante, und als wäre ein Schalter umgelegt worden, versank ich in Dunkelheit.
Ich rührte mich nicht, fassungslos über das, was geradegeschehen war. Ich starrte in die Finsternis, in der die Taschenlampe verschwunden war, und hoffte, einen schwachen Schimmer zu sehen. Nichts. Die Dunkelheit war so intensiv, als hätte sie Tiefe und Gewicht. Jetzt, wo ich sie nicht mehr sehen konnte, erschienen mir die Felsmassen um mich herum noch bedrohlicher.
Die bedrückende Stille wurde nur durch das Plätschern des unsichtbaren Wassers durchbrochen.
Keine Panik. Denk nach.
Mit zittriger Hand suchte ich in meiner Tasche nach meinem Handy. Als ich es rauszog und eine Taste drückte, hielt ich es fest umklammert.
Das Display leuchtete blau auf.
Gott sei Dank.
Das Licht war längst nicht so hell wie das der Taschenlampe, doch in diesem Moment kam es mir himmlisch vor. Während ich das Handy hochhielt wie eine Minilaterne, rückte ich vorsichtig näher an den Rand, über den die Taschenlampe gerollt war. Vielleicht hatte der Sturz ja nur eine Verbindung gelöst und ich könnte sie wieder in Gang bringen, wenn ich sie nur fand.
Ich war erst wenige Schritte weit gekommen, da ging das blaue Licht plötzlich aus.
Als mich erneut die Finsternis verschlang, kam Panik in mir auf. Aber das Display war nur in den Stand-by-Modus gewechselt, es leuchtete wieder auf, sobald ich eine Taste drückte. Erleichtert bewegte ich mich weiter. Das Geräusch des unterirdischen Flusses wurde lauter, die Luft war von einer feuchten Kälte erfüllt. Ich musste mich tiefer bücken, denn die Decke wurde noch niedriger, aber ich war fast an der Kante.
In dem Moment klingelte mein Telefon.
Das schrille Piepen war erschreckend laut. Für einen Augenblickkeimte Hoffnung in mir auf, doch dann fiel mir ein, dass mein Handy hier unten keinen Empfang hatte. Was ich gehört hatte, war nicht der Klingelton.
Es war das Warnsignal des Akkus.
Ich hatte ihn seit Tagen aufladen wollen, und zwar schon bevor ich nach Dartmoor gekommen war. Doch da der Empfang so schlecht war, hatte ich das Handy kaum benutzt. Es war mir nicht wichtig erschienen.
Erst jetzt.
O Gott.
Ich starrte auf das blinkende Akkuzeichen. Wie zur Bestätigung wurde das Display dunkel. Meine Finger bebten, als ich eine Taste drückte. Das Telefon leuchtete wieder auf, piepte aber auch beinahe sofort wieder. Ich hatte keine Ahnung, wie lange der Akku noch halten würde, und wenn ich das Display benutzte, würde er noch schneller leer werden.
Ich warf einen letzten, verzweifelten Blick Richtung Abgrund. Er war nur wenige Meter entfernt, aber es gab keine Garantie, dass ich die Taschenlampe wiederfinden konnte. Oder dass sie noch funktionieren würde, wenn ich sie fand. Weitergehen war keine Option mehr, ich musste raus aus dieser Höhle und Hilfe holen, solange ich noch dazu in der Lage war. Sobald ich es zurück in die Mine geschafft hatte, führte der Schacht geradewegs an die Oberfläche. Ich würde den Weg finden können, selbst wenn das Telefon seinen Geist aufgab. Doch wenn es vorher ausginge, dann …
Denk nicht darüber nach.
Ich versuchte ruhig und gleichmäßig zu atmen und widerstand dem Impuls, blindlings zurück zum Loch zu eilen. Ich bewegte mich so schnell, wie ich konnte, aber vom ständigen Bücken tat mir der Rücken weh. Trotzdem kam ich nurfurchtbar langsam voran. Während ich den abschüssigen Boden hochkroch, ging das Display des Handys noch zweimal aus. Jedes Mal erstarrte ich und hielt die Luft an, wenn ich eine Taste drückte und es wieder aufleuchtete.
Ich hatte vielleicht den halben Weg geschafft, als das Display zum fünften Mal ausging. Schnell drückte ich eine Taste. Nichts geschah. Ich drückte eine andere. Und noch eine. Das Display blieb aus. Die Dunkelheit wurde immer undurchdringlicher, als ich verzweifelt auf die Tastatur
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