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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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umgehen, um zu ihr zu gelangen. Sie wartete ungeduldig neben dem Hügel, als befürchtete sie, er könnte verschwinden, wenn sie ihm auch nur den Rücken zukehrte.
    «Das könnte ein Grab sein», sagte sie atemlos, als wir die Senke hinabrutschten.
    Sie hatte recht: Es
könnte
ein Grab sein. Andererseits könnte es auch bloß ein Erdhügel sein. Er war ungefähr eins fünfzig lang und einen halben Meter breit und an der höchsten Stelle vielleicht dreißig Zentimeter hoch. Wenn er sich auf einem ebenen Feld oder in einem Park befunden hätte, wäre er wesentlich auffälliger gewesen. Aber wir waren im Moor, in einer zerfurchten Landschaft voller Erhebungen und Senken. Und das den Hügel bedeckende Gras unterschied sich nicht von der übrigen Vegetation.
    «Kommt mir nicht besonders auffällig vor.» Terry wandte sich skeptisch an Wainwright. «Was meinen Sie?»
    Der Archäologe schürzte die Lippen und musterte den Hügel. Das war eher sein Fachgebiet als meines. Oder Sophies. Abschätzig stieß er mit dem Fuß dagegen. «Wenn wir wegen jedem Huckel Theater machen, wird das eine sehr lange Suche werden.»
    Sophie war rot angelaufen. «Ich mache kein Theater. Außerdem bin ich keine Idiotin. Ich weiß, wonach ich suche.»
    «Tatsächlich?» Wainwright legte eine Fülle an Bedeutungen in das Wort. Er hatte nicht vergessen, wie sie ihm vorhin über den Mund gefahren war. «Da bin ich anderer Meinung. Aber ich kann mich auch nur auf dreißig Jahre Berufserfahrung beziehen.»
    Terry wollte schon weitergehen. «Wir können damit nicht unsere Zeit verschwenden.»
    «Nein, warte», sagte Sophie und wandte sich dann an Wainwright. «Hören Sie, ich bin zwar keine Archäologin   …»
    «Da sind wir mal einer Meinung», meinte Wainwright.
    «…   aber lassen Sie mich wenigstens ausreden. Zwei Minuten, okay?»
    Terry verschränkte mit steinerner Miene die Arme. «Zwei Minuten.»
    Sophie holte tief Luft. «Wo Monk uns hinführt, das ergibt keinen Sinn. Das Grab von Tina Williams ist genau dort, wo ich es vermutet hätte   …»
    «Das kann man im Nachhinein leicht sagen», schnaubte Wainwright.
    Sie ging nicht auf ihn ein und konzentrierte sich auf Terry. «Es ist nicht weit vom Weg entfernt, man gelangt also ziemlich leicht an die Stelle. Und es folgt den Konturen der Landschaft. Jeder, der dort den Weg verlässt, wird automatisch an diese Stelle kommen. Es macht Sinn, dass es genau dort ist.»
    «Und?»
    «Und Monk will nicht genau sagen, wo die anderen Gräber sind. Er führt uns nur immer weiter ins Moor hinein, er hätte die Leichen also den ganzen Weg durch den Morast tragen müssen, noch dazu im Dunkeln. Ganz gleich, wie stark er ist, warum hätte er das tun sollen? Außerdem kann er sich an keine prägnanten Punkte im Gelände erinnern, mit deren Hilfe er wieder zu den Gräbern findet.»
    Terry runzelte die Stirn. «Worauf willst du hinaus?»
    «Man sollte doch meinen, dass er sich an irgendwas erinnert. Wenn Leute etwas verstecken, richten sie sich zur Orientierung nach prägnanten Punkten in der Landschaft,ob es ihnen bewusst ist oder nicht. Doch Monk führt uns scheinbar wahllos umher. Entweder hat er die Stelle vergessen, oder er führt uns absichtlich in die falsche Richtung.»
    «Oder Sie täuschen sich», sagte Wainwright. Er wandte sich mit einem hochnäsigen Lächeln an Terry. «Mir ist die Winthrop-Methode, auf die sich Miss Keller bezieht, bekannt. Ich habe sie gelegentlich selbst benutzt, doch im Grunde steckt nicht mehr dahinter als gesunder Menschenverstand. Ich halte sie für überbewertet.»
    «Dann setzen Sie sie falsch ein», konterte Sophie. «Ich bin den Weg zurückgegangen und habe nach Stellen gesucht, wo jemand, der eine Leiche transportiert, ihn mit der größten Wahrscheinlichkeit verlassen würde. Wo man gut und problemlos vorankommt, wo es nicht zu steil oder zu matschig ist. In den letzten Tagen habe ich ein paar solcher Stellen gefunden, doch heute bin ich ein bisschen weiter gegangen.»
    Sie deutete auf einen Punkt am Weg, der ein ganzes Stück von der Stelle entfernt war, wo wir ihn verlassen hatten, um zum Grab von Tina Williams zu gelangen.
    «Dahinten fällt das Moor leicht ab. Für jeden, der sich mit einer Leiche abmüht, ist es vom Weg aus ein natürlicher Zugangspunkt zum Moor. Und dann bringt einen der Verlauf des Geländes direkt zu diesem Ginsterdickicht dort. Es ist leichter, unten herum zu gehen als oben entlang, und man kommt in eine Furche, die einen direkt hierherführt.

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