Verwesung
was ist denn jetzt los?»
Vor uns hatte der Schäferhund aufgeregt zu bellen begonnen und musste von seinem Führer zurückgehalten werden. Wegen der vielen Polizisten konnte ich zuerst nicht sehen, was geschehen war, doch dann traten zwei von ihnen zur Seite.
Monk war hingefallen. Der Riese lag im Morast und versuchte sich aufzurappeln. Die Polizisten und die Vollzugsbeamtenstanden vor ihm und schienen unschlüssig zu sein, ob sie ihm aufhelfen sollten oder nicht.
«… Finger weg, verdammte Scheiße!», fluchte er und versuchte schwerfällig, sich mit den gefesselten Händen hochzustemmen. Sein Anwalt baute sich vor Terry auf. «… verletzt ist, mache ich Sie dafür verantwortlich! Das ist völlig inakzeptabel!»
«Er hat sich nichts getan», sagte Terry, aber er klang entnervt und defensiv.
«Das hoffe ich, denn sonst werde ich Sie zur Rechenschaft ziehen. Es gibt keinerlei Grund, dass mein Mandant hier draußen weiterhin Handschellen tragen muss. Es besteht kein Fluchtrisiko, und in diesem Gelände sind sie geradezu gesundheitsgefährdend.»
«Ich werde sie ihm nicht abnehmen.»
«Dann können wir sofort umdrehen und die Sache hier beenden.»
«Ach, verdammte …»
«Ich möchte nicht, dass mein Mandant wegen der Sturheit der Polizei verletzt wird! Entweder die Handschellen kommen weg, oder er wird bei der Suche nicht mehr weiterhelfen!»
Monk lag noch immer schwer atmend im Morast und starrte hoch zu den beiden. «Wollen Sie mal versuchen, mit Handschellen hier rumzulatschen?», meinte er mit ausgestreckten Händen.
Terry machte einen Schritt auf ihn zu, und für einen Augenblick dachte ich tatsächlich, er würde mit seinem Stiefel ausholen und ihm ins Gesicht treten. Dann blieb er steif und angespannt stehen.
«Soll ich den Ermittlungsleiter anrufen?», fragte Roper.
Wenn ich nicht gehört hätte, wie er gerade Simms Bericht erstattet hatte, hätte ich vielleicht geglaubt, dass er helfen wollte. Sein Vorschlag zwang Terry zu einer Entscheidung.
«Nein.» Schmallippig wandte er sich an einen der Polizeibeamten. «Nehmen Sie ihm die Dinger ab.»
Der Polizist trat vor und löste die Handschellen. Mit unveränderter Miene richtete sich Monk auf. Seine Kleidung war durchnässt und schlammverschmiert. Er rieb sich die Handgelenke und dehnte die Finger seiner Riesenpranken.
«Zufrieden?», fragte Terry den Anwalt. Bevor Dobbs antworten konnte, drehte sich Terry zu Monk um. Obwohl die beiden hochgewachsen waren, wirkte der Häftling doppelt so groß. «Wenn Sie mich richtig zufrieden machen wollen, dann versuchen Sie nur einen unüberlegten Schritt. Bitte.»
Monk sagte nichts. Den Mund hatte er wie immer zu seinem schiefen Lächeln verzogen, doch seine schwarzen Augen waren tot.
«Ich glaube wirklich nicht …», setzte Dobbs an.
«Halten Sie den Mund.» Terry wandte seinen Blick nicht von Monk. «Wie weit noch?»
Der Häftling drehte seinen großen Schädel, um übers Moor zu schauen, doch in dem Moment ertönte in der Ferne ein Ruf.
«Hier! Hier drüben!»
Jeder schaute sich um. Sophie stand in einiger Entfernung auf einer Anhöhe und winkte. Selbst durch den Nieselregen und den Nebel konnte man ihr die Aufregung ansehen.
«Ich habe etwas gefunden!»
Kapitel 6
Das Vergraben einer Leiche hinterlässt immer Spuren. Am Anfang wird durch den ausgehobenen und dann auf die Leiche geschaufelten Boden ein kleiner Erdhügel zu sehen sein. Sobald die Verwesung einsetzt und die Leiche an Substanz verliert, beginnt der Hügel zu sacken. Und wenn die Leiche schließlich bis auf die Knochen zerfallen ist, entsteht an der Grabstelle eine leichte Mulde.
Auch die Vegetation kann nützliche Hinweise bieten. Die beim Ausheben in Mitleidenschaft gezogenen Kräuter und Gräser benötigen Zeit, um sich zu erholen, selbst wenn sie sorgfältig wieder eingepflanzt worden sind. Später aber wachsen sie durch die im Verlauf der Verwesung von der Leiche abgesonderten Stoffe schneller und üppiger als die Pflanzen in der Umgebung. Die Unterschiede sind geringfügig und nicht immer verlässlich, für das geübte Auge jedoch erkennbar.
Sophie stand neben einem niedrigen Erdhügel, der sich vielleicht fünfzig Meter vom Weg entfernt in einer tiefen Senke befand. Er war mit Gras bedeckt, die harten, struppigen Halme schwankten im Wind. Während Roper bei Monk und den Polizisten blieb, machte ich mich mit Wainwright und Terry auf den Weg. Wir mussten ein Dickicht aus Ginsterund einen unpassierbaren Morast
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