Verwesung
der Kette zu hören, und die Tür wurde ganz geöffnet.
Ohne ein Wort ging Sophie im Flur voran. Als ich die Tür zumachte und verriegelte, hörte ich, wie sie in der Küche Gemüse schnitt.
Dicke Luft.
Ich zog meine verdreckten Stiefel aus, hängte meine Jacke auf und folgte ihr in die Küche.
Sie stand mit dem Rücken zu mir, ihr dichtes Haar verdeckte ihr Gesicht, und das Messer krachte aufs Hackbrett.
«Roper hat gesagt, dass sie dich nach Hause bringen», sagte ich.
Sophie antwortete, ohne sich umzudrehen. «Haben sie auch. Vor ungefähr zwei Stunden.»
«Wie ist es gelaufen? Deine Aussage, meine ich.»
«Erwartungsgemäß.» Sie ließ die Karottenscheiben in eine Pfanne fallen und begann Kartoffeln zu schneiden.
Ich holte tief Luft. «Sophie, es tut mir leid. Ich habe Simms von deinen Briefen an Monk erzählt, ich hatte keine andere Wahl.»
«Ich weiß.»
Es klang gleichgültig. Ich hatte mich auf mehr gefasst gemacht. «Ich war mir nicht sicher, wie du darüber denkst.»
«Ich habe es den Polizisten selbst erzählt. Ich bin nicht völlig bescheuert, mir war klar, dass ich es nicht verheimlichen konnte. Ich habe ihnen sogar Kopien der Briefe gegeben.»
«Also ist alles in Ordnung?»
«Warum denn nicht? Es verstößt gegen kein Gesetz, jemandem Briefe zu schreiben. Selbst wenn es Monk ist.»
Sie stand noch immer steif da und drehte sich nicht zu mir um. Das Messer erzeugte ein Stakkato auf dem Brett. «Und was ist dann los?»
«Was los ist?» Sie knallte das Messer aufs Brett. «Die haben mich wie eine … eine Kriminelle behandelt! Niemand wollte mir etwas sagen! Ich wusste nicht einmal, dass du weg bist, bis irgend so eine hässliche Polizistin sagte, sie bringt mich nach Hause! Ich habe mich völlig nutzlos gefühlt!»
«Tut mir leid.»
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. «Ach, es ist ja nicht deine Schuld. Erst der Schock, dass Wainwright ermordet wurde, und dann … dann wird mir die Tür vor der Nase zugeschlagen. Im Grunde habe ich da erst kapiert, dass ich keine psychologische Beraterin mehr bin. Ich bin bloß noch Zivilistin … und ich hasse es, ausgeschlossen zu werden!»
Sie lächelte mich verlegen an.
«Entschuldige. Ich sollte das nicht an dir auslassen.»
«Mach dir deswegen keine Gedanken. Es war für jeden ein harter Tag.»
«Ja, aber du kannst nichts dafür.» Sie legte mir eine Hand auf den Arm, und sofort entstand eine Spannung zwischen uns, die erst verging, als Sophie ihre Hand sinken ließ und sich schnell wieder zur Arbeitsplatte umdrehte. «Und was ist passiert, nachdem ich weg war?»
Ich erzählte ihr von Wainwright und dem Eingang zum Stollen. «Die Polizei wird ihn absuchen, aber Lucas glaubt nicht, dass Monk noch dort ist. Nachdem wir ihn gestern gesehen haben, wird ihm klargeworden sein, dass wir die Mine finden werden.»
Jedenfalls diese Mine
.
«Deswegen hat er also gesagt, er würde uns zu den Gräbern führen. Er wollte nur so nahe wie möglich an den Minenschacht, um fliehen zu können», sagte sie bitter. «Gott, ich habe mich wirklich zur Idiotin gemacht, oder?»
«Das konntest du ja nicht wissen. Und da ist noch etwas», sagte ich und erzählte ihr von Terry.
«Er ist
suspendiert
?» Sophie wirkte geschockt. «Ich hatte keine Ahnung …»
«Woher auch? Offenbar ist er sich nicht darüber im Klaren, in welcher Lage er ist. Er hat ein Alkoholproblem, und seine Karriere ist am Ende. Simms möchte, dass wir Roper Bescheid sagen, wenn wir wieder etwas von ihm hören, aber nach der Sache mit Wainwright glaube ich nicht, dass er sich traut.»
«Denkst du …?»
«Was?»
«Nichts. Spielt keine Rolle.»
Doch ich ahnte, was sie hatte sagen wollen. «Fragst dudich, ob Terry etwas mit dem Mord an Wainwright zu tun hatte?»
«Ich weiß, es klingt dumm, aber nach allem, was er getan hat …» Sie sah verängstigt aus.
«Das kann ich mir nicht vorstellen. Terry ist vielleicht auf die schiefe Bahn geraten, aber er hätte keinen Grund gehabt, so etwas zu tun. Simms will es noch nicht zugeben, aber meiner Meinung nach gibt es keinen Zweifel daran, dass es Monk war.»
Bist du dir sicher?
Ich konnte nicht behaupten, dass ich Terry noch einschätzen konnte. Doch die brutalen Umstände von Wainwrights Tod und erst recht das verächtliche Ausspucken auf den Boden deuteten auf den entflohenen Häftling hin.
Was mich zu einem weiteren Problem führte. Ich holte tief Luft. «Ich denke, du solltest in Erwägung ziehen, woanders unterzukommen, bis
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