Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
liegen, und sein Zustand verschlechterte sich rasch. Nach gut einem Monat stand es so schlecht um ihn, dass in fünf Kirchen in der Stadt für ihn gebetet wurde. Er erholte sich jedoch, wenn auch nur langsam, und es dauerte ein gutes halbes Jahr, bis er von seinem Krankenlager aufstehen konnte.
Er kam rechtzeitig wieder auf die Beine, um das Ende seiner Lehrzeit bei Detrij herannahen zu sehen. Es war der Onkel, der Zahlmeister Erik Eriksson, der ihn eigenmächtig dorthin geschickt hatte, und es war der Onkel, der eigenmächtig zu dem Schluss kam, dass es nun genug war mit der Ausbildung. Am 1 . März 1640 nahm er daher den Jungen von der Schule. Denn zu diesem Zeitpunkt hielt der Onkel sich gerade in Hamburg auf, um zu heiraten. Ein paar Tage später feierte er seine Hochzeit; als typischer Emporkömmling verheiratete er sich mit einer Adligen, Ursula Steinberg, der Tochter eines Landjunkers und Advokaten aus Bremen. Nach ein paar Monaten war es Zeit, nach Schweden zurückzureisen, und der Onkel bestimmte, dass der 14 -jährige Erik ihn auf der Reise begleiten solle, wahrscheinlich als Gehilfe.
Die Heimreise Anfang Mai 1640 wurde gefährlich. Bisher war der junge Erik von dem großen Krieg ziemlich unberührt geblieben und hatte ihn nur vage in der Entfernung wahrgenommen, aber das war jetzt vorbei. Eine Gruppe kaiserlicher Offiziere, die sich in Hamburg aufhielt, hatte nämlich herausbekommen, dass ein schwedischer Rentmeister auf der Heimreise nach Schweden sei, und sie beschlossen, ihn zu schnappen. Sie bereiteten deshalb einen Hinterhalt an der Straße zwischen Hamburg und Lübeck vor.
Es mag sonderbar erscheinen, dass eine kleinere Operation in Gang gesetzt wurde, um eine einzige Person zu fangen – Eriks Onkel war nämlich nicht besonders bedeutend. Es spiegelt vielleicht auch eine zunehmende Verbitterung und Verzweiflung auf Seiten der Kaiserlichen wider. Eineinhalb Jahre waren vergangen, seit Banérs Heer von Neukloster aufgebrochen und nach Süden gezogen war, und diese Zeit war für sie voller Enttäuschungen gewesen.
Im Januar 1639 war das schwedische Heer über die Elbe gegangen und hatte eine sonderbare Operation eingeleitet, die aus der Rückschau betrachtet wie ein Mittelding zwischen einem regulären Winterfeldzug und einer gewaltigen Kavallerieattacke erscheint. Man war zunächst in genau südlicher Richtung abgebogen, in weniger verheertes Land, und setzte danach zu einem erstaunlich langen und erstaunlich schnellen Marsch an, um Erfurt, die letzte schwedische Festung im Inneren Deutschlands, zu entsetzen – Proviant wurde mittels einer Mischung aus Drohungen und barem Geld beschafft. Während des Vormarsches rieben Banérs Leute mehrere kaiserliche und sächsische Korps auf, die ihnen über den Weg liefen, und gleichzeitig schickte Banér – der kränkelte und in einer Kutsche fuhr – einen Brief nach dem anderen an Herzog Bernhard von Weimar, der mit seinem Heer im Winterquartier an der Grenze zum südlichen Deutschland stand. Bernhard sollte unverzüglich seine Truppen in Bewegung setzen, damit sie von zwei Seiten her mit den Erblanden des Kaisers «Die Reise nach Jerusalem» spielen konnten.
Bernhard stand seit einigen Jahren de facto in französischem Dienst und war mit einem französischen Marschalltitel, einer großzügig bemessenen französischen Pension und französischen Subsidien von vier Millionen
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pro Jahr ausgestattet. Er erwies sich jedoch als ebenso launischer wie unzuverlässiger Verbündeter und hatte Richelieu schon viel Kopfzerbrechen bereitet. Als der Glücksritter, der er war, benutzte Bernhard gern sein von Frankreich bezahltes Heer, um den eigenen Vorteil zu suchen. Nach zwei Jahren in der Defensive, buchstäblich bombardiert mit wütenden Briefen und Vorschlägen für Offensiven aus Paris, hatte seine Armee Anfang 1638 den Rhein überquert und sich gemächlich ins südwestliche Deutschland verfügt. Bei Rheinfelden, einer kleinen Stadt östlich von Basel, hatten seine Truppen einen großen Sieg über die Kaiserlichen errungen. (Das gegnerische Heer wurde in alle Winde zerstreut, ein großer Teil wurde gefangen genommen, inklusive des Oberbefehlshabers, des mäßig begabten italienischen Landsknechts Savelli, der nach dem Kampf aus einem Gebüsch hervorgezogen wurde.) Hiernach war Bernhards Heer auf die Stadt Breisach zumarschiert – ein wichtiger Brückenkopf auf der östlichen Seite des Rheins mit der Möglichkeit, den Fluss zu sperren –, die erst nach
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