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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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verfrachtete man sie auch auf einem Wasserweg.) Der zu Ungeduld und schnellen Märschen neigende Banér ließ deshalb in der Regel die ganze schwere Artillerie zurück.
    Nun stand das Heer vor Prag und entbehrte jeder praktischen Möglichkeit, die Stadt einzunehmen. Vor den Mauern traf man auf ein kleines ungarisches Hilfskorps. Die stolzen und vielgepriesenen Ungarn gaben eine glänzende Vorstellung in altfeudaler Hoffart mit Lanzen und dergleichen, aber ihr Mut war leider bedeutend größer als ihre Intelligenz, und die kampferprobten Krieger des schwedischen Heeres schlachteten sie ohne Gnade und ohne Anstrengung ab. (Später füllte man acht Wagen mit toten Ungarn – Banér hatte seinen Reitern verboten, Gefangene zu machen, und sie hielten sich exakt an seinen Befehl.) Kein weiterer Gegner zeigte sich. Ein wie gewöhnlich ängstlicher Gallas hielt seine Truppen in der Stadt und weigerte sich, den Ungarn zu Hilfe zu kommen. Ohnmächtig musste Banér sich damit begnügen, seine Truppen mit fliegenden Fahnen aufmarschieren zu lassen und die Stadt einer höchst symbolischen Beschießung auszusetzen, anschließend sandte er einen Trompeter und einen Trommler mit einer höhnischen Mitteilung aus, in der er andeutete, dass dies wahrlich der Reputation der kaiserlichen Armee nicht dienlich sei. Dann zog das schwedische Heer ab.
    Während der warme Sommer 1639 langsam in den Herbst überging, verwandelte sich Banérs missliche Lage in schiere Frustration. Gelegentlich hatten Bauern und lokale Adlige seiner Armee Hilfe zukommen lassen, doch die Mehrheit der Böhmen zeigte keine übertriebene Begeisterung angesichts der Aussicht, ihren schwedischen «Befreiern» zu begegnen. Stattdessen hatten sie, allen von Banér ausgefertigten Versicherungen und Patenten zum Trotz und obwohl er ein ausdrückliches Plünderungsverbot erlassen hatte, in großer Zahl Haus und Hof verlassen. Viele Geflohene waren Katholiken, die nach der massiven Rekatholisierung der zwanziger Jahre eine stabile Mehrheit der Bevölkerung Böhmens ausmachten. Auch die noch verbliebenen Protestanten zeigten wenig Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Schweden. Das war vielleicht nicht verwunderlich. Als Pirna im April von Banérs Truppen gestürmt worden war, waren die Exulanten der Stadt ebenso schwer betroffen gewesen wie die Katholiken; schwedische Soldaten hatten damals 38 von ihnen getötet und 157 verwundet, und dies, obwohl der schwedische Feldherr sie zu schützen versucht hatte. Danach setzte eine allgemeine Plünderung ein, die ebenfalls alle traf, unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Ein Augenzeuge berichtet, wie die Schweden «Truhen und Wandschränke zerschlugen, Kleider und Wäsche herausrissen und fortwarfen, was ihnen nicht zusagte. Erst am zweiten Tag endete die Plünderung». Da hatten sich sämtliche überlebenden Exulanten ihres Eigentums beraubt gesehen. Auch an anderen Orten gingen die schwedischen Truppen mit großer Brutalität vor. Menschen wurden gefesselt und mit Erschießung bedroht, oder die Füße wurden ihnen mit Nägeln durchbohrt oder die Finger in Daumenschrauben zerquetscht, oder man trichterte ihnen mit Gewalt eine Mischung aus Urin und Kot ein, den sogenannten Schwedentrunk, oder man brach ihnen Arme und Beine oder zwang sie zuzusehen, wie ihre Kinder ausgepeitscht wurden: alles, um sie zu zwingen preiszugeben, wo sie ihr Essen und ihre Reichtümer versteckt hatten. Die Exulanten waren erschüttert und wurden von dem gleichen Gefühl der Ungewissheit und des Zweifels befallen, das so viele ergriffen hatte. Teuer hatten sie dafür bezahlt, die alte Wahrheit zu lernen, dass Krieg fast immer mehr zerstört, als seine Generale zu retten versprechen, und nicht selten löscht er gerade das aus, was die Kämpfenden mit großem Ernst zu befreien angetreten sind. Einige Exulanten sprachen verbittert von «Banér und seinen Henkern», und viele gaben später ihren alten Glauben auf und traten zum Katholizismus über.
    Ohne die Möglichkeit, die wichtigsten Festungen einzunehmen, konnte eine Armee ein Gebiet zwar vorübergehend besetzen, aber nie erobern, und wenn Böhmen nicht zur schwedischen Versorgungsbasis gemacht werden konnte, musste man gemäß der kalten Logik des Versorgungskrieges wenigstens verhindern, dass der Kaiser einen Vorteil aus dem Land ziehen konnte. Ende Oktober gab Banér deshalb den Befehl zu einem der ungeheuerlichsten Zerstörungswerke des ganzen langen Krieges, und das besagt nicht wenig.

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