Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
Vom Netzwerk:
Reiterregimenter wurden durch weiße Wälder vorausgeschickt. Sie sollten einen Übergang auf das südliche Ufer der Donau ausfindig machen. Eile war geboten.
    Während des Marsches trat das ein, was Banér befürchtet hatte. Das Wetter schlug um. Die Kälte ließ nach. Der Schnee rutschte in großen Klumpen von den Bäumen, ein Zeichen, dass Tauwetter zu erwarten war. Und Tauwetter bedeutete, dass das Eis auf der Donau aufbrechen würde. Die drei Reiterregimenter gelangten jedoch noch über den Fluss, 35 Kilometer östlich von Regensburg. Unbemerkt konnten sie weiter auf die Stadt zureiten.
    Vor Regensburg überraschte die schwedische Abteilung eine große Gesellschaft. Es waren Angehörige des kaiserlichen Hofes! Unter ihnen fiel den schwedischen Reitern eine schöne Sänfte auf, die zwischen zwei Mauleseln aufgespannt war. Schnell wurde die Gesellschaft eingefangen.
    Es zeigte sich, dass es sich um Kaiser Ferdinands Falkner und Jagddiener handelte. Da waren acht Handpferde. Da waren nicht weniger als achtzig Falken. Aber da war nicht der Kaiser. Die Sänfte war leer. Zwar hatte der Kaiser vorgehabt, mit seinen Leuten auf die Jagd zu gehen, aber er war ein wenig aufgehalten worden. Enttäuscht und mit leeren Händen mussten die schwedischen Kavalleristen über das rasch schmelzende Donaueis zurückreiten.
    Der Schlag gegen Regensburg war ein Schlag ins Wasser. Banér ließ seine Truppen bis an den jetzt offenen Fluss marschieren. Er selbst ging ganz hinunter bis zu einem Waschhaus am Ufer, doch nur um zu sehen, dass eine Überquerung des Flusses tatsächlich nicht mehr möglich war. So stapften Banér und seine Soldaten enttäuscht wieder von dannen, nachdem die schwedische Artillerie zum Abschied an die 500 Schuss in das Gewimmel von Dachfirsten und Giebeln abgegeben hatte.
    Hiernach spaltete sich das Heer. Banér verstieß in grober Weise gegen früher getroffene Abmachungen mit den Franzosen und ließ seine Truppen ostwärts nach Böhmen ziehen. Offenbar hoffte er, damit die Franzosen zwingen zu können, sich ihm anzuschließen, um zu vermeiden, mitten in Feindesland allein zurückgelassen zu werden. Doch die Franzosen mit dem Oberbefehlshaber Guébriant an der Spitze begannen nur, vor Wut über diesen klaren Bruch eines gegebenen Versprechens mit den Augen zu rollen. Sie drohten damit, jede weitere Zusammenarbeit abzubrechen, und zogen stattdessen nach Westen ab. Gleichzeitig gingen Banérs Truppen nach Osten auf Cham zu, auf der gebirgigen Grenze zwischen der Pfalz, Bayern und Böhmen, und dort bissen sie sich fest. Um Cham herum war die Versorgungslage gut, und gleichzeitig würde es natürlich ein Leckerbissen sein, von hier aus, so nah an den kaiserlichen Erblanden, den Sommerfeldzug einzuleiten. Zwar war das Heer nach der Trennung von den Franzosen geschwächt, doch Banér glaubte nicht, dass die Kaiserlichen ihre Truppen auf die Beine stellen und während des Spätwinters einen Feldzug wagen würden. Zunächst schien alles nach Plan zu gehen. Die Kaiserlichen ließen sich nicht blicken. Nachzügler trudelten ein, die Soldaten ruhten sich aus, Wagen und Waffen wurden instand gesetzt, Banér soff, sauer über seine abwesende junge Frau, und wechselte Brief auf Brief mit den beleidigten Franzosen, während die wintergrauen Februarwochen langsam dahingingen.
    Da geschah es.
    Am Abend des 7 . März, eines Sonntags, offenbarte sich ein einsamer Reiter im schwedischen Lager bei Schwandorf. Er berichtete, dass er einer Gruppe von Dragonern angehört hatte, die als Besatzung in einem Schloss nordöstlich von Regensburg einquartiert gewesen waren. Jetzt waren alle seine Kameraden tot. Einige Stunden zuvor hatten nämlich starke feindliche Verbände das Schloss gestürmt und sie niedergemacht. Und nun war die gesamte kaiserliche Armee mit blanken Waffen auf dem Weg direkt nach Cham.
    Bald klärte sich das Bild. Nur selten kam es vor, dass die Feldherren ihre Pläne und bevorstehenden Operationen geheim halten konnten. Zum Teil beruhte dies sicherlich darauf, dass Täuschungsmanöver und Geheimaktionen als nicht richtig würdig angesehen wurden. Es war eine Zeit großer Gesten und zeremoniellen Brimboriums, und dies spiegelte sich auch in der Art, wie Kriege geführt wurden. Teils war auch der Sicherheitsdienst der Heere unentwickelt, ja nahezu nicht existent, und in den Armeen waren ganze Schwärme von Spionen und bestochenen Informanten am Werke, denen es leichtfiel, in dem ständigen Strom von zivilen Lieferanten,

Weitere Kostenlose Bücher