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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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und Banér war sich dessen bewusst. Finster und ermattet stellte er fest, dass der Feldzug 1640 der schlimmste war, den er seit dem Tod Gustav Adolfs mitgemacht hatte.
    Banérs Heer zog nach Nordwesten und zu den anvisierten Winterquartieren an der Weser, die Soldaten ausgemergelt in zerlumpten und geflickten Kleidern, manche ohne Strümpfe und Schuhe in der Herbstkälte, und viele Pferde hatten keinen Sattel. Es war schwer, Unterkünfte für die Soldaten zu finden, die trotz ihrer unzulänglichen Bekleidung bis in den Oktober hinein unter freiem Himmel liegen mussten. Viele der höheren Offiziere dagegen begaben sich nach Hildesheim, wohin Banér sie zusammengerufen hatte, um «Konferenz» zu halten. Dort begann sogleich eine Zeit offiziösen Streitens und farbenfrohen Paradierens auf den Straßen, kräftig aufgelockert durch reichliches Saufen und Liederlichkeit. Mehrere denkwürdige Bankette und harte Trinkgelage wurden dort abgeleistet und durchgestanden. Banér und andere lagen mehrere Tage nach einer dieser Veranstaltungen darnieder: «Papistisches Gift», munkelte man, aber wahrscheinlich war es verdorbenes Fleisch in Verbindung mit tapferem Saufen, das Schuld an diesen «Ausfällen» trug. Eine Episode mag erwähnenswert sein, weil sie zeigt, mit welcher Unverfrorenheit die Krieger auch in zwanglosen Situationen und im eigenen Land auftreten konnten, und weil sie darüber hinaus demonstriert, welch geringen Wert der Bürger im Vergleich zum Adligen hatte.
    Das Ganze begann damit, dass ein Bürger der Stadt, reichlich phantasielos, beschlossen hatte, Hochzeit zu feiern, während die Konferenz stattfand. Auf das Fest drängte sich jedoch eine Bande betrunkener Offiziere, allen voran einer von Banérs engsten Vertrauten, ein deutscher Landgraf. Die Gäste saßen schon bei Tisch, und der Bräutigam erhob sich sofort und erwies den degenrasselnden Edelmännern allen Respekt. Aber es half nicht. Als der Tanz erst in Gang war, begannen der Landgraf und sein Gefolge, die Frauen und jungen Mädchen so handfest zu betatschen, dass die älteren Bürgerfrauen und bald auch deren Männer betreten und ohnmächtig das Weite suchten. Danach veranstalteten die hohen Offiziere mit den eingeschlossenen Frauen eine wahre Orgie. Die Trinkgefäße wurden umgewälzt, die Möbel in Stücke geschlagen, die Fensterscheiben zerbrochen und die Butter vom Tisch über Decken und Wände geschmiert, und zum Abschluss machten der Landgraf und seine Männer Anstalten, das Haus mit Stroh niederzubrennen.
    Nachdem die höheren Offiziere auf diese und andere Weise durch eifriges Bankettieren erquickt, die Soldaten durch eine Zeit der Ruhe erfrischt und alle durch 100 000 neue frische Reichstaler – eine Anleihe bei Adler Salvius in Hamburg – in Stimmung versetzt worden waren, wollte Banér den misslungenen Sommer und Herbst mit einem kleinen Winterfeldzug kompensieren. Rein transporttechnisch hätte es ausgezeichnet funktionieren müssen. Eine strenge winterliche Kälte hatte sich eingestellt, die zuvor völlig ausgefahrenen Wege waren hart gefroren, und die meisten Gewässer waren eisbedeckt. So brach sein Heer Ende November auf und zog unter dem üblichen farbenprächtigen Gewimmel wieder nach Erfurt im Südosten – der französische Befehlshaber wollte sich wie schon zuvor auf keinen Fall zu weit vom Rhein entfernen, und Teile der bernhardinischen Truppe waren aufgrund eines Streits über die Rangordnung der Verbände stolz davongeritten und hatten auf eigene Faust eine zum Feldzug umgeschminkte Odyssee im winterlichen Westfalen angetreten.
    Wahrend des Marsches erhielt Banér eine Reihe überaus interessanter Nachrichten. Sie betrafen den deutschen Reichstag in Regensburg.
    Kaiser Ferdinand III . hatte dort am 13 . September den Reichstag eröffnet. Zunächst stellten sich die versammelten Stände und die Fürsten wohlwollend hinter seine Sache, aber es zeigte sich bald, dass eine bedeutende Mehrzahl der dort Versammelten nicht länger an eine militärische Lösung des Konflikts glaubte. Die Hoffnung auf einfache Siege hatte sich seit langem in festgefahrenen Hungerkampagnen wie der im voraufgegangenen Sommer durchlittenen verflüchtigt. Der Krieg hatte im Gegenteil eine Tendenz gezeigt, außer Kontrolle zu geraten, sich jenseits politischer Überlegungen und logischer Pläne zu verselbständigen und unaufhaltsam alles niederzuwalzen, was sich ihm in den Weg stellte. Die Stimmung war eindeutig für einen Kompromissfrieden, einen Frieden,

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