Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
aus Holstein, und seine Gemahlin erhielt «eine schöne Uhr». Es ist bemerkenswert, dass Rehnskiöld Wert darauf legte, sowohl Oxenstierna als auch Brahe seine Aufwartung zu machen, die Gegner im Rat waren – ein gutes Beispiel für einen klugen Untergebenen, der verschiedene Eisen im Feuer hat. Das kleine Vorkommnis ist auch deshalb interessant, weil es die Spannweite des Klientelsystems aufzeigt. Erik, durch seine Bindung an Rehnskiöld Klient eines der niederen Beamten im Reich, steht im Auftrag seines Patrons diesem in dessen Funktion als Klient zweier der mächtigsten Personen im Reich bei. So wurde umständlich ein Netz gesponnen, das Hoch und Niedrig verband. Erik sollte im Lauf der Zeit lernen, sich geschickt an dessen Fäden aufwärtszuhangeln.
Einige Zeit nach Eriks Ankunft in Stockholm geschah dort etwas, das nicht ohne Auswirkung auf ihn und die beiden erwähnten Potentaten bleiben sollte. Am 7 . Dezember wurde Königin Christina 18 Jahre alt, was bedeutete, dass sie mündig und somit aus den Banden der Vormundschaft entlassen wurde. Damit stand für Schweden rein politisch ein Augenblick der Wahrheit bevor. Würde Christina von ihrem vollen Recht als Regentin Gebrauch machen, oder würde sie sich auch in Zukunft von den Herren im Rat lenken lassen? Axel Oxenstierna und die anderen blickten mit einer gewissen Unruhe in die Zukunft, während gleichzeitig ihre Widersacher innerhalb und außerhalb des Adels erwartungsvoll im Wind schnupperten. Viele meinten, das Einzige, was die Aristokraten in Schach halten könne, sei ein starker Monarch.
Alle wussten, dass Christina – die also Eriks Generation angehörte – eine bemerkenswerte junge Frau war, «ein Herrenhofmädchen, dem es zufiel, über ein Reich zu herrschen», wie ein Historiker geschrieben hat. Die Porträts zeigen eine junge Dame mit großen, etwas traurigen dunkelblauen Augen, kräftiger Nase, einer Andeutung von Doppelkinn und ungepflegtem hellbraunem Haar. Ihr Mienenspiel war, wie ihre Stimme, äußerst wechselhaft: mitunter nachdenklich mit heller Mädchenstimme, dann wieder grimmig mit rauer Stimme. Dass sie keine gewöhnliche Hofprinzessin war, merkten die Leute sogleich an ihrer Kleidung. Obwohl sie klein war, trug sie nicht die hohen Schuhe mit roten Absätzen, die bei den adeligen Damen en vogue waren. Selten sah man sie wie andere Frauen fest geschnürt in einem weiten, stoffreichen Kleid mit hoher Mitte, entblößten Schultern und aus dem Ausschnitt quellenden Brüsten oder mit einer schönen, aufgesteckten Frisur und hübsch geschnittenen Schönheitspflästerchen im Gesicht, um kleine Pickel zu verbergen oder das Weiß des Teints hervorzuheben, oder mit Maske gegen Sonnenschein und zudringliche Blicke. Stattdessen trug sie Schuhe mit flachen Absätzen und einen kurzen, praktischen Rock. Ihr Haar hing gerade und einfach herunter, häufig nur mit einem Kamm oder einem kleinen Band geschmückt, und ihre Haut war ungewöhnlich sonnengebräunt. Es wurde erzählt, dass Menschen, die sie zu Pferd sahen – sie konnte gut reiten, schießen und fechten –, nur schwer verstehen konnten, dass diese unruhige junge Frau mit ihrem ungepflegten Haar und ihren sackartigen Kleidern tatsächlich Schwedens künftige Herrscherin war. Sie war eine Frau, aber sie hatte sich einige der Besonderheiten angeeignet, die traditionsgemäß den Männern zukamen.
Ihre Kindheit war nicht gerade glücklich. Vielleicht kann man sagen, dass sie vom allerersten Augenblick an schiefging. Sie war laut brüllend und schwarzhaarig zur Welt gekommen, die Fruchtblase noch auf dem Kopf, also eine Glückshaube, was durchaus gut war, denn es bedeutete, dass große Erfolge warteten, andererseits ein Mädchen, was gar nicht gut war, denn alle hatten sich einen Jungen gewünscht, der die Thronfolge sichern konnte. Christinas Mutter Maria Eleonora weinte hysterisch, und die Hofdamen schwiegen verlegen. Nur Gustav Adolf blieb gelassen und sprach die Hoffnung aus, dass «dieses Mädchen mir so gut wie ein Junge werden wird».
Gustav Adolf wurde seiner Enttäuschung darüber, dass Christina ein Mädchen war, dadurch Herr, dass er sie behandelte, als sei sie keines. Die Festlichkeiten im Schloss waren die gleichen wie bei der Geburt eines Jungen, und er gab auch Order, dass das kleine Mädchen wie ein Junge erzogen werden sollte, was noch deutlicher ausgesprochen wurde, nachdem der König gefallen und damit klar war, dass Christina wirklich den Thron erben würde. Christina
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