Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Haushalt versorgte. Frauen waren nicht mündig, sondern standen rein juristisch im gleichen Verhältnis zu ihrem Mann wie die Kinder und die Dienerschaft zum Hausvater; die Kleine benötigte daher einen Vormund in Gestalt eines Gatten oder Vaters. Dass Frauen unmündig waren, schuf indessen eine ganze Reihe von Problemen in der Gesellschaft, denn wie üblich in sexistischen Ideologien bestand eine erhebliche Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit. In der Realität waren die Frauen keineswegs stumme Anhängsel ihrer Männer, sondern spielten eine bedeutende Rolle in der Wirtschaft. Ein erheblicher Teil der handwerklichen Produktion lag in den Händen von Frauen. Sie waren in vielen Manufakturen tätig, wo sie Kleider, Segel, Spiegel oder verschiedene metallurgische Produkte anfertigten. Sehr viele Frauen waren in den Zünften der Städte aktiv. Die meisten waren Witwen verstorbener Meister und hatten das Recht, das Gewerbe ihres Mannes weiterzuführen, solange sie unverheiratet blieben. (Dass eine Witwe de facto weitgehende wirtschaftliche und soziale Rechte erhielt, bedeutete, dass der Weg zur Freiheit für viele Frauen buchstäblich über die Leiche des Ehemannes ging.) Wenn auch selten, gelang es einzelnen Frauen, im Wirtschaftsleben der Städte sehr hohe und angesehene Positionen zu erreichen. In Paris war eine Rohrlegerin für die Brunnen der Stadt zuständig, und es gab drei Gilden, die ausschließlich weiblich waren: die Blumenverkäuferinnen, die Leinenweberinnen und die Hanfmacherinnen. In Southampton waren alle Wollpacker Frauen, während Venedig sich weiblicher Schornsteinfeger rühmen konnte. In Schweden mussten Frauen überall und in allen Gesellschaftsschichten die Bürden auf sich nehmen, die die Männer jetzt, wo sie in den Krieg marschiert waren, hinter sich gelassen hatten. Viele adelige Frauen wollten keine dekorativen Treibhausblumen auf dem Lande sein, noch konnten sie es, sondern sie bestimmten selbständig über Ackerbau und Viehzucht auf den Gütern. Manche adelige Fräulein konnten es sich nicht leisten, ebenso vorurteilsbeladen gegenüber dem kommerziellen Gewerbe zu sein wie ihre ideologisch reinlehrigeren männlichen Verwandten, und sie trieben Handel, verliehen Geld und gründeten Manufakturen. Eine dieser Großunternehmerinnen war Marie Sophie De la Gardie, die aussah wie eine dünne und blutleere Jungfer, in Wirklichkeit aber ein überaus rühriges Frauenzimmer war. Sie betrieb ein eigenes Bergwerk und besaß unter anderem eine Papiermacherei, eine Handschuhmacherei und eine Pulvermühle. Überall in den Städten arbeiteten Frauen aus dem Volk; sie trugen Ziegel, ruderten Transportboote, traten Blasebälge in Gebläseöfen und führten Gastwirtschaften. (Da so viele Frauen im Wirtschaftsleben aktiv waren, brachten die Unmündigkeitsbestimmungen natürlich zahlreiche Probleme mit sich, wenn es um Zahlungen und Bürgschaften ging, und selbst im Rat gab es Stimmen, die dafür plädierten, älteren unverheirateten Frauen aus diesem Grund mehr Rechte zu geben.) Und überall draußen auf dem Land sah man Bauersfrauen, die pflügten, säten und ernteten. So war es überall in Europa in dieser kriegerischen Epoche, aber weil so unglaublich viele schwedische Männer im Krieg verschwunden waren, arbeiteten die Frauen in Schweden wahrscheinlich mehr und härter als in irgendeinem anderen Land. Ein ausländischer Diplomat sagte, es gebe «kein Land, in dem die Frauen in so großer Knechtschaft leben und ein so mühseliges Leben führen».
Während die Männer die Frauen aus dem wirtschaftlichen Leben des Reiches ganz einfach nicht ausschließen konnten, gelang es ihnen umso besser, sie von den beiden Bereichen fernzuhalten, die den Schlüssel zur gesellschaftlichen Macht darstellten: der Bildung und der Politik.
Auch in den höheren Ständen wurde die Bildung der Mädchen oft schwer vernachlässigt. Während viele adlige und bürgerliche Jungen immer länger in die Schule gehen und auf diese Weise etwas genießen konnten, das einer modernen Kindheit zu ähneln begann, lebten ihre Schwestern noch lange Zeit in der mittelalterlichen Frühreife weiter, in der Kinder nur kurze Zeit Kinder waren und sehr früh dazu angehalten wurden, die Tätigkeiten Erwachsener auszuführen. Auch wenn es nicht wenige rühmliche Ausnahmen gab, erhielten die meisten Frauen aus der Oberklasse offenbar eine ziemlich anspruchslose Ausbildung, die vor allem darauf abzielte, sie zur guten Partie, zur klugen Hausfrau und
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