Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
tugendhaften Matrone zu machen. Sie mussten «kochen, backen, brauen, spinnen und weben und andere nützliche häusliche Arbeiten» lernen, ebenso, sich zu kleiden und zu schmücken sowie «schweigsam, zurückhaltend» und «beständig und ernst» zu werden. Bücherwissen rangierte auf jeden Fall an zweiter Stelle, und nicht selten kam es vor, dass Väter oder Ehemänner ihnen ausdrücklich verboten, anderes zu lesen als religiöse Erbauungsliteratur. All dies lief darauf hinaus, dass ihre Männer oft über eine Bildung verfügten, die ganz einfach brillant war – sie übertraf in der Regel fast alles, was in dieser Hinsicht heute zu beobachten ist –, sie selbst aber nur mit Schwierigkeiten lesen und schreiben konnten; viele buchstabierten laut, wenn sie lasen; ihre Briefe zeichneten sich durch eine stammelnde und unbeholfene Sprache aus, die von Fehlern und falsch gebrauchten Wörtern wimmelte, und einige konnten nicht einmal den eigenen Namen schreiben.
Wie bei so vielen anderen Gelegenheiten, wenn Kriege und Krisen die Männer gezwungen hatten, ihre Frauen und Töchter wirtschaftlich bedeutungsvolle Positionen übernehmen zu lassen, führten auch die Jahre des Unfriedens in der Praxis zu einem gestärkten Selbstbewusstsein der Frauen. Besonders in den größeren Städten strebten Frauen der begüterteren Klassen eine gewisse Unabhängigkeit an, und vielen gelang es auch, ihr Bildungsniveau zu heben. Die sprachlichen Fähigkeiten der Frauen nahmen im Verlauf des Jahrhunderts zu; immer mehr Mädchen erhielten eine richtige schulische Bildung, die auch Fächer wie Latein und Griechisch umfasste, und in allen Ländern tauchten nach und nach einzelne Frauen auf, deren außerordentliche Gelehrsamkeit bei den Zeitgenossen ebenso große wie widerwillige Bewunderung hervorrief. Sie waren Cartesianerinnen wie Madame de Grignan, Humanistinnen wie Madame Dacier, Physikerinnen wie Madame de la Sablière, Philosophinnen wie Anna Maria von Schurman – «die gelehrte und alleredelste Jungfrau in Utrecht», die außerdem genauso gut auf Italienisch dichtete, wie sie in Glas gravierte und Porträts malte – und Sprachkundige wie die Schwedin Sophia Elisabeth Brenner. Es gab auch einige feministische Sturmschwalben, wie die französischen Preziösen, die Freiheit durch Keuschheit und Unabhängigkeit durch Gelehrsamkeit zu erlangen suchten. Nur Ehefrau und Mutter zu sein, war ihnen nicht genug, sie suchten eine neue Frauenrolle, die sie in der Gelehrsamkeit zu finden hofften. Mit anderen Worten, wie eine von ihnen in einem zeitgenössischen Theaterstück verkündet, reicht es nicht,
ein kleines Dummchen zu werden, das einschnürt sein Wesen und sich vergräbt mit Fleiß in häusliche Tätigkeiten und all seine Freude findet bei ihm, diesem Mannsbild, den man zum Abgott bekommen, und bei den Rabauken von Kindern!
Nein, eine Frau sollte sich lieber geistigen Dingen hingeben:
Verheirate dich, meine Süße, aber mit der Philosophie, die uns in ihrem Flug hinausträgt über die Menschheit und die allein der Vernunft gibt Souveränität.
Dahinter verbarg sich die Illusion, das Wissen werde ihnen Macht und Prestige verleihen, wie sie bis dahin den Männern vorbehalten waren. Die Preziösen kämpften mit einem doppelten Handicap. Aufgrund unzulänglicher Schulbildung mussten viele von ihnen einen weiten Weg zurücklegen, bis sie die luftigen Höhen der wahren Bildung erahnen konnten. Ihre Werke sind deshalb oft rührend unbeholfen, zuweilen geradezu schrullig, worauf ihre Kritiker nie den Finger zu legen versäumten. Sie stießen auch auf vehementen Widerstand seitens der Männer und wurden von massiven Verleumdungskampagnen regelrecht verschlissen, sodass alles, was heute von ihnen geblieben ist, das herabsetzende Wort «preziös» in der Bedeutung «gekünstelt», «geziert», «zimperlich» ist.
Das Problem der Preziösen und anderer Bildungsbewegungen unter den Frauen des 17 . Jahrhunderts war – abgesehen davon, dass es sich nur um eine vornehme Elite in den Städten handelte, die, wenn es hochkam, literarische Skandale inszenieren konnte –, dass es nicht ausreichte, ebenso gelehrt zu werden wie die Männer, um wirkliche Macht zu gewinnen. Die Politik war weiterhin ein Bereich, zu dem Frauen unter keinen Umständen Zugang gewährt wurde. Sogar die gekrönten Frauen hatten nicht selten mit Problemen zu kämpfen. Der schwedische Reichstag war in einem solchen Maß männlich dominiert, dass Frauen nicht einmal im Sitzungssaal
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