Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
unerbittlicher Logik gefesselt zu sein. Keiner von ihnen beherrschte mehr den Krieg. Der Krieg beherrschte sie.
Es sah ganz ohne Zweifel so aus, als sollte ein sehr altes Lied wieder einmal von neuem gesungen werden, als Torstenssons Armee Anfang Januar 1645 aufbrach und in langen, gewundenen Kolonnen in Richtung der Gebirgsgegenden an der Grenze zu Böhmen verschwand. Aber es brauchte seine Zeit, die engen, schneegefüllten Pässe zu überwinden – unter anderem mussten die 60 Kanonen des Heeres auf Schlitten gezogen werden –, und da der Winter in diesem Jahr ungewöhnlich mild war und immer wieder Tauwetter einsetzte, ging es noch langsamer voran. Als die schwedischen Truppen Anfang Februar hochwasserführende, treibeisbedeckte Flüsse überquerten und plündernd und brandschatzend in Böhmen einmarschierten, war der Weg nach Süden von einer neuen kaiserlichen Armee versperrt.
Torstensson wollte wie gesagt das militärische Vakuum nutzen, das nach der Vernichtung von Gallas’ Armee entstanden war, aber dazu kam es nicht. Wieder einmal zeigte es sich, wie schwierig, um nicht zu sagen unmöglich es war, größere koordinierte Operationen durchzuführen; denn zur gleichen Zeit, als die Schweden erneut mitten in Deutschland auftauchten, ließ der Druck auf die Kaiserlichen an den anderen Fronten nach. Die Franzosen am Rhein verschwanden brav in den Winterquartieren, und die Transsilvanier ließen sich mit Hilfe großzügiger Zusagen aus Wien für einen guten Frieden zum Stillhalten verleiten. Mit bemerkenswerter Energie hatten die Kaiserlichen erneut eine Armee zusammengebracht: Truppen wurden von den anderen Kriegsschauplätzen zurückgerufen und neue Verbände aufgestellt. Sie hatte zwar einige Schwächen in Bezug auf Waffen und Ausrüstung, aber zahlenmäßig war sie Torstenssons Heer überlegen. Den Befehl über die neu aufgestellte Armee führte von Hatzfeld, der, obwohl er bei Wittstock von Banér besiegt worden war, im Vergleich zu Gallas als eine deutliche Verbesserung gelten musste. Kaiser Ferdinand trieb jedoch seinen neuen General aggressiv an, mischte sich wiederholt übereifrig in seine Operationen ein und drängte ihn energisch, den Schweden in offener Feldschlacht entgegenzutreten. Um den Kampfwillen seines unschlüssigen Feldherrn ein wenig zu stärken, ließ er mitteilen, dass die Jungfrau Maria ihm erschienen sei und ihm den Sieg versprochen habe. Als von Hatzfeld sich trotz dieser himmlischen Garantieerklärung besorgt und zögerlich zeigte, gab Ferdinand ihm den kurzen Befehl: «Kämpfen und siegen!»
So geschah es. Am 24 . Februar 1645 prallten die beiden Armeen in einer Schlacht in der hügeligen, waldbedeckten Landschaft bei Jankau, etwa 50 Kilometer südöstlich von Prag, aufeinander. Die Schlacht führte eine neue Wende des Krieges herbei. Am Vorabend der Schlacht war das kaiserliche Heer in einer starken Position entlang einer langgezogenen waldigen Höhe in Stellung gegangen. Die kalte Nachtluft trug sonderbare Geräusche von dem schwedischen Heer auf der anderen Seite des Tals herüber; die kaiserlichen Wachtposten hörten Schreie und Lärm und das Poltern von Rädern, und nach Mitternacht hörten sie, wie die Schweden zweimal
boute-selle
bliesen – das Signal, dass die Reiterei aufsatteln solle. Im feuchtkalten Morgengrauen kurz vor sechs Uhr,
da der Morgen
die Schwingen erhebt
aus der treibenden Nebel Meer,
erkannten die kaiserlichen Truppen auf dem rechten Flügel schwedische Soldaten, die sich auf einigen Anhöhen direkt gegenüber bewegten. Hatzfeld selbst begab sich dorthin, um Ausschau zu halten. Doch alles schien ruhig zu sein, und nach einer Weile ritt er zurück.
Als er zurückkehrte, fand er den eigenen linken Flügel in Bewegung; lange Kolonnen von Pferden und hutgeschmückten Männern wogten durch das waldige und von Hohlwegen zerfurchte Terrain, dem Geräusch von Schüssen entgegen. Es zeigte sich, dass die schwedische Armee im Schutz einer Talsenke einen riskanten Marsch um die linke Flanke der kaiserlichen Armee durchgeführt hatte. Die schwedischen Truppen waren überraschend aus der Senke heraus auf einen wichtigen Hügel auf dieser Flanke, die Kapellenhöhe, gestürmt und hatten eine Abteilung dort postierter Dragoner vertrieben. Lennart Torstensson verabscheute Schlachten und vermied sie, solange es möglich war. Er sagte unter anderem:
Nichts ist schwieriger, als eine Schlacht zu riskieren. Man kann sie durch tausend unvorhergesehene Zufälligkeiten
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