Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Plünderungsfest, brachen Truhen und Kisten auf, stahlen Gestohlenes und nahmen eine Anzahl von Offiziersfrauen gefangen, unter anderem Torstenssons Gemahlin Beata De la Gardie.
Während sich die Gefahr für die Flanke und den Rücken der schwedischen Armee auf diese Weise wie durch ein Wunder in Luft auflöste, erhielten Torstenssons Verbände eine Atempause, um sich zu ordnen und zum Gegenangriff überzugehen. Der harte Kampf tobte zwischen brennenden Häusern, hügelauf und hügelab, über Felder und Zäune, an vereisten Wasserläufen entlang, durch raureifweiße Wäldchen und Dickichte. Die kaiserlichen Reitereiregimenter wurden zunächst zurückgeworfen, dann zum Zurückweichen gezwungen und schließlich in die Flucht geschlagen. Kurz nach drei Uhr am Nachmittag war nur noch Hatzfelds Fußvolk auf dem Schlachtfeld, und der kaiserliche Befehlshaber war zu seiner eigenen Sicherheit gezwungen, zu ihnen zu reiten, als sie zusammengedrängt auf einer waldigen Anhöhe standen. Dort hielten sie eine Zeitlang stand, obwohl sie keine Unterstützung durch ihre Reiterei und eigene Kanonen hatten und obwohl schwedische Infanterie, Kavallerie und Artillerie sich in einer halbkreisförmigen tödlichen Umklammerung um sie schlossen. Doch dann brachen auch diese Verbände im Kreuzfeuer auseinander und strömten durch den Wald zurück, ohne sich um die Rufe und Ermahnungen ihrer Offiziere zu kümmern. Torstenssons Männer stürmten in der Kälte hinterher. Hatzfeld selbst ritt mit im Strom der Fliehenden, doch sein Pferd war erschöpft, und in dem pulverrauchvernebelten Durcheinander zwischen den Bäumen wurde er von zwei schwedischen Korporalen mit gezückten Pistolen eingeholt, die ihn gefangen nahmen, als er gerade auf einem schmalen Waldpfad verschwinden wollte. Sie raubten ihm hundert Dukaten und führten ihn durch die Reihen der pulverstaubgeschwärzten Männer, vorbei an der erstarrenden Woge zerschossener Körper und auf einen Hügel, wo er zu Torstensson geführt wurde. Beide zogen höflich den Hut und reichten sich die Hand.
Die Schlacht war zu Ende. Torstensson war sehr zufrieden mit seinen Männern, die, wie er sagte, «wie Löwen gekämpft» hatten. Seine Löwen waren jedoch rund 16 Stunden ohne Unterbrechung auf dem Marsch und in der Schlacht gewesen und erschöpft, sodass eine weitere Verfolgung nicht stattfand. Nicht, dass es einer solchen dringend bedurft hätte. Oft erlitt eine aus einer Schlacht fliehende Armee während des Rückzugs mindestens ebenso hohe Verluste wie in der Schlacht. Das war der große Augenblick der leichten Reiterei. Sie konnte ohne größere Anstrengung die angstgetriebenen, ermatteten und verwirrten Menschen niederreiten, die verzweifelt versuchten, den grausigen Schreckensbildern der Schlacht zu entkommen. Daher hatte die Verliererseite in einer Schlacht stets höhere Verluste als der Sieger. Gegen fünf Uhr am Nachmittag des 24 . Februar gab es jedoch bei Jankau nicht mehr viel zu verfolgen. Die Feldkanzlei, die ganze Artillerie und die gesamte Munition war den Schweden in die Hände gefallen. Scharen kaiserlicher Gefangener wurden zusammengetrieben – außer dem Befehlshaber Hatzfeld selbst noch fünf weitere Generale, sieben Obersten, 14 Oberstleutnants und mehr als 4000 Soldaten und Unteroffiziere –, und überall lagen Leichen, die aber schwer zu zählen waren, weil sie, wie Torstensson später in einem Brief an Königin Christina schrieb, «im Wald und in den Felsklippen verstreut» lagen, doch er schätzte ihre Zahl auf rund 4000 . Als die kaiserlichen Überlebenden eine Woche nach der Schlacht zur Musterung auf dem Weißen Berg vor Prag aufgestellt wurden, zählte man nur 2697 Mann – die Offiziere eingeschlossen –, und sie kamen aus 36 verschiedenen Regimentern. Im Durchschnitt waren also von jedem Verband nur 75 Mann übrig geblieben. Noch eine kaiserliche Armee war untergegangen.
Die Bedeutung des Massakers bei Jankau ist kaum zu überschätzen. Der Krieg hatte zahlreiche Schlachten gesehen, die ebenso blutig wie belanglos waren, doch das gilt nicht für dieses Treffen südlich von Prag. Dies war eins der bedeutendsten – wenn nicht
das
bedeutendste – Treffen bis zu diesem Zeitpunkt, und es war zweifellos der wichtigste Sieg der Schweden seit Breitenfeld im Jahr 1631 . Für die Kaiserlichen war es eine furchtbare Katastrophe, vergleichbar der Niederlage der Spanier bei Rocroi zwei Jahre zuvor. In jener Schlacht wurde der spanischen Armee das Rückgrat gebrochen.
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