Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
fliehen versuchte, wurde getötet. Alexander, der bei mir war, wurde von zwei Kugeln getroffen, und einen ganzen Tag mußte ich zusammengekauert auf der Erde liegen und wagte nicht, die kleinste Bewegung zu machen. Bisher hat es dem Herrgott gefallen, mich zu bewahren, und in diesen sechs Tagen habe ich Anlaß, Gott besonders dankbar zu sein. Meinem kleinen Jan rissen sie die Mütze vom Kopf und zerschnitten seine Hosen, um nach Geld zu suchen.
In den letzten Märztagen stand Torstenssons Heer vor der Wolfsschanze, der kleinen Befestigung bei Stammesdorf, die die lange Brücke über die Donau schützte, und in Wien konnte die Bevölkerung das dumpfe Dröhnen der schwedischen Kanonen hören.
4 . Ein letztes Treffen an dem runden Stein
De la Thuilerie vermittelt in Brömsebro – Die Dänen geben nach – Frieden – Schweden wird die führende Macht im Norden – Die Könige tauschen Land – Gotland wird schwedisch – Über Chaos und senectus mundi – Jämtland und Härjedalen werden schwedisch – ‹Mit Milde und Gnade für sich gewinnen› – Die dänischen Beamten verlassen Halland
Die Verhandlungen zwischen schwedischen und dänischen Legaten in Brömsebro waren eine Art Miniaturversion der Verhandlungen, die in Westfalen geführt wurden. Die Formen waren zuweilen fast ebenso pompös: Großrädrige, goldverzierte Karossen rollten umher, Trompeter bliesen stolz, um diese oder jene Trivialität zu signalisieren, und große, kostspielige und opulente Mahlzeiten wurden unter standesgemäßen Formen eingenommen. Auch die Verhandlungen selbst waren beinahe ebenso schwierig. Die Irritation zwischen den beiden Parteien war so groß, dass es als unmöglich angesehen wurde, Auge in Auge zu verhandeln. Alle Vorschläge, Gegenvorschläge und Fragen wurden niedergeschrieben und von den französischen und niederländischen Unterhändlern übermittelt. Und obgleich die Sache fast nur die beiden betroffenen Staaten anging, gab es viele, die den Verhandlungen folgten und es von Zeit zu Zeit für gut befanden, sich einzumischen. Außer den Diplomaten der größeren Mächte waren auch Gesandte so peripherer Interessenten wie der Hansestädte und Portugals anwesend. Auch Louis De Geer war dabei. Der Streit mit Dänemark betraf in nicht geringem Maß seine eigenen wirtschaftlichen Interessen, und er wollte nun dafür sorgen, dass er etwas zurückbekam für das ganze Geld, das er in den Krieg investiert hatte. Auch über die Langsamkeit konnte sich niemand beklagen: Unterbrechungen verschiedener Art sorgten ständig für Flauten in den Verhandlungen, und oft stand alles still, während die Gesandten auf neue Instruktionen und Order aus ihren Hauptstädten warteten.
Mehrmals sah es danach aus, als sollten die Verhandlungen Schiffbruch erleiden, aber besonders die Eingriffe des unermüdlichen französischen Vermittlers de la Thuilerie hielten das Ganze auf Kurs. Beide Seiten sahen sich gezwungen, ihre Forderungen zurückzuschrauben. König Christian, kleinlaut nach den Rückschlägen und beunruhigt durch die Nachricht von neuen, großen schwedischen Erfolgen in Deutschland – und buchstäblich in Tränen angesichts einer gigantischen Ansammlung holländischer Schiffe, die Anfang Juni 1645 demonstrativ durch den Sund segelten, um zu zeigen, dass es mit der Kontrolle der Dänen über diesen Punkt nun aus und vorbei war –, gab nach. Die Herrschenden in Schweden, bedrängt vom Murren und von allgemeiner Kriegsmüdigkeit im Reich, außerdem voller Misstrauen gegenüber den Absichten der Holländer, gaben auch nach, wenngleich in weit geringerem Maß. (Zeitweilig war sowohl in Schweden als auch in den Niederlanden die Rede davon, sich zusammenzuschließen und ganz einfach Dänemark unter sich aufzuteilen. Aber das Misstrauen zwischen Schweden und Holländern war zu groß, außerdem kamen die Letzteren nach einiger Zeit darauf, dass es besser sei, wenn ein schwaches und angeschlagenes Dänemark über den Sund bestimmte, als wenn ein starkes und selbständiges Schweden dies tat. Gleichgewicht sollte wie gesagt herrschen, Gleichgewicht!)
Am 13 . August 1645 wurde schließlich Frieden geschlossen. Die Bedingungen waren hart für Dänemark. Unter anderem wurde schwedischen Schiffen «ungetrübte, unumwundene, unbegrenzte, unbehelligte, unbehinderte und uneingeschränkte» Zollfreiheit im Öresund und den Belten zuerkannt. Außerdem wurden Jämtland und Härjedalen – der dänische König, der nie besonders viel von diesen beiden
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