Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
Vom Netzwerk:
höheren Offiziere wollten nicht gegenüber Maximilian eidbrüchig werden, und die Krieger wollten nicht in den Dienst des Kaisers, weil es hieß, dass dieser allzu knickerig bezahle. Der Kaiser hatte gehofft, dass rund 20 000 Mann zu ihm überlaufen würden, doch es kamen nur zwei, de Werth – auf dessen Kopf jetzt eine Belohnung stand – und einer seiner mitverschworenen Heerführer. Der Rest hatte es vorgezogen, in Bayern zu bleiben. Das Geschehene reichte jedoch aus, um Maximilian aufzuschrecken, der außerdem außerordentlich empört darüber war, dass sowohl die schwedischen als auch die französischen Friedensunterhändler in ihrer Freude darüber, nun die Oberhand bekommen zu haben, zynisch ihre Forderungen hochschraubten – unter anderem forderten die Schweden die ungeheuerliche Summe von 20 Millionen Talern für die Abdankung ihrer Armee. Nachdem er vom Kaiser das Versprechen neuer Subsidien erhalten hatte, kündigten er und der Kurfürst von Köln im Spätsommer 1647 den Waffenstillstand mit Schweden und Frankreich auf. Dadurch ermutigt, leitete der Kaiser sogleich eine diplomatische Großoffensive ein, die sich in erster Linie gegen Sachsen und Brandenburg richtete und darauf abzielte, diese dazu zu bewegen, zu den Waffen zu greifen und die ausländischen Eindringlinge zu zwingen, einem Frieden zu gerechteren Bedingungen zuzustimmen. Das diplomatische Auf-der-Stelle-Treten, das so kurz vor einem Ergebnis stand, wurde eingestellt. Viele Gesandte reisten ab. Vielleicht würde das Ganze doch mit militärischen Mitteln entschieden?
    Bayerns unerwarteter Wiedereintritt in den Krieg brachte die schwedische Armee mit einem Mal in große Gefahr. Sie stand jetzt in Böhmen, und das wiederauferstandene bayerische Heer drohte, ihr in den Rücken zu fallen, und sollten die Sachsen und die Brandenburger ebenfalls dazu gebracht werden, aufs Neue zu den Waffen zu greifen, wäre den Schweden der Rückweg zur Ostseeküste versperrt. Wrangel war erbost, verwirrt und erschrocken und schrieb einen empörten Brief an Kurfürst Maximilian, in dem er diesen schalt:
    Mit höchster Bestürzung habe ich erfahren, daß Seine kurfürstliche Durchlaucht keine Bedenken hatte, die mit Hand und Siegel bekräftigte Neutralität zu brechen. Eher hätte ich eine Laune des Himmels erwartet, als daß ein so hoher Potentat etwas Derartiges begehen würde, das die ganze ehrliche Welt mit Abscheu erfüllen muß.
    Zwei Tage nach Eintreffen der Nachricht von den erneuerten Feindseligkeiten zwischen Schweden und Bayern verschwand die schwedische Armee rasch nach Norden und zog sich nach Sachsen zurück. Die Kaiserlichen und die Bayern, die numerisch klar überlegen waren, folgten ihnen langsam nach. Besonders die Bayern hatten Probleme mit dem Unterhalt. Überall hatten die böhmischen Bauern ihre Dörfer verlassen und waren mit ihrem Geld und ihrer beweglichen Habe in die Wälder geflüchtet. Der Widerstand der Bevölkerung gegen die Heranmarschierenden war jedoch nicht nur passiv; sie versperrte die Wege mit Hindernissen aus gefällten Bäumen und verschanzte sich mit Schusswaffen hinter Palisaden. Dorfgemeinschaften rotteten sich zusammen und schworen, jede Person zu erschlagen, die den Bayern Lebensmittel gab. An einem herbstgrauen Tag Anfang Oktober passierte die schwedische Armee auf ihrem Rückzug das einstige Schlachtfeld bei Lützen.
    Die Lage wurde immer kritischer für die Schweden. Sie zählten rund 14 000 Mann, während die Verfolger über eine Streitmacht von 24 000 bis 25 000 Mann verfügten, und man wagte deshalb nicht, haltzumachen und sich zur Schlacht zu stellen. Während des Rückzugs hatte das schwedische Heer Zeichen von Auflösung erkennen lassen. Viele Verbände waren nach dem Hungerkrieg um Eger in schlechter Verfassung. Eine der wenigen nationalschwedischen Einheiten, die sich bei der Hauptarmee befanden, war ein Bataillon des Västmanland-Regiments unter dem Befehl des 54 -jährigen Schotten William Philp. Gegen Ende des Herbstes 1647 war dieses Bataillon so zusammengeschmolzen, dass es nicht mehr feldtauglich war. Eine etwas später durchgeführte Musterung ergab, dass die vier Kompanien im Durchschnitt aus 37 Mann bestanden. Wie gewöhnlich waren nur wenige im Kampf gefallen. Die meisten der jungen Burschen und Männer aus Tuhundra, Siende, Norrbo, Nevringe, Skinnskatteberg, Badelunda, Lillhärad und anderen Orten waren Krankheiten zum Opfer gefallen, viele waren in Gefangenschaft geraten, und ein großer Teil –

Weitere Kostenlose Bücher