Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
auf der Anhöhe – unter Führung des spitznasigen Italieners Raimondo Montecuccoli, eines gelehrten Mannes und zugleich tüchtigen Soldaten, der an praktisch jeder Schlacht seit Breitenfeld teilgenommen hatte –, sich die flaggengeschmückten, vorwärtsgaloppierenden Rechtecke vom Leib zu halten und sie sogar zurückzuwerfen, doch mehr und mehr schwedische und französische Einheiten brachen aus den grünen Wäldern unter ihnen hervor. Von Einkreisung bedroht, retirierte die Nachhut ein Stück von der Anhöhe hinab und zog weiter den Hohlweg entlang, auf dem die Hauptarmee abmarschiert war, über einige mit Gestrüpp bewachsene Felder, auf eine neue Anhöhe. Dort wiederholte sich das Muster des ersten Kampfes. Die überlegenen schwedischen und französischen Verbände zogen sich in einem immer engeren Halbkreis um sie zusammen, und schließlich gegen zwölf Uhr wurden die Männer der Nachhut durch ein dünnes Flirren von Trompetensignalen und wirbelnde Wolken von Pulverdampf hindurch zurückgedrängt. Die Zurückweichenden rollten immer noch die vier kleinen Kanonen mit. Der Rückzug erfolgte entlang des Wegs, noch eine Anhöhe hinauf. Dort wartete Holzapel mit 500 Musketieren, zwei Kanonen und 400 Reitern, die in aller Hast heranmarschiert waren und sich schnell hinter einer Reihe gefällter Bäume verschanzt hatten. Die erschöpften Soldaten der Nachhut strömten ihnen entgegen, aber Schweden und Franzosen drängten nach. Die Verfolger holten die Verfolgten ein, und vermischt miteinander erreichten sie gleichzeitig Holzapels Auffangstellung. Ein wirrer, erbitterter Kampf wurde ausgefochten. Immer neue Glieder von Reitern prallten zusammen und feuerten knatternde Salven aufeinander ab. Holzapel selbst wurde in das rauchige Kampfgetümmel hineingezogen und von einer Kugel in die Brust und einer zweiten an der Schulter getroffen (er wurde blutend aus dem Kampf und weiter in das nahegelegene Augsburg gebracht, wo er nach einigen Stunden in den Armen seiner Frau starb). Die zahlenmäßig überlegenen Verfolger schlossen sich wieder um die Verteidiger zusammen. Schwedische Reiterei umging die rechte Flanke der Nachhut und gelangte in ihrem Rücken an den Weg. Damit war jeder weitere Rückzug vereitelt und der Kampf praktisch entschieden. Kaiserliche und Bayern flüchteten zurück, vorbei an dem brennenden Dorf Horgau. Einem Teil der Reiterei gelang es, sich durchzuschlagen und auf dem von verlassenen Wagen und Kanonen überfüllten Waldweg nach Norden zur Hauptarmee zu gelangen. (Als die Verfolger nahe genug gekommen waren, hatten die Leute des Trosses die Pferde ausgespannt und waren rasch davongeritten. Auch die kaiserliche Feldkanzlei blieb im Chaos der Fahrzeuge zurück.) Viele der Fliehenden versuchten, sich in dem dichten Wald hinter dem Dorf zu verstecken, aber sie wurden aufgespürt und in dem frischen Grün niedergemacht. Der furchtlose Montecuccoli gehörte zu den Abgeschnittenen; er stieg vom Pferd und watete mit ihm zu Fuß durch einen Morast und konnte so entkommen.
Schwedische und französische Reiterei ritten weiter nach Norden, fest entschlossen, die fliehende Hauptarmee zu erreichen. Längs des ganzen Wegs sahen die Reiter Haufen von verlassenen Karren und Wagen, ein Teil von ihnen in Morast und Flussniederungen festgefahren, andere ganz einfach mitten auf dem Weg in Panik zurückgelassen. Als die schwedischen und französischen Kavalleristen aus dem Wald herausrutschten und an eine kleine Niederung neben dem breiten Fluss Schmutter kamen, sahen sie, dass es zu spät war. Die Bayern und die Kaiserlichen hatten sich bereits auf der anderen Seite des Flusslaufs in Sicherheit gebracht. Die Verfolger waren ermattet: Sie waren fast 36 Stunden ohne Schlaf auf dem Marsch gewesen. Sie hatten nicht mehr die Kraft, die sumpfige Flussniederung zu überwinden und zum Angriff gegen die Truppen vorzugehen, die sie in Kampfformation aufgestellt auf einer Anhöhe jenseits des Flusses sehen konnten. Die Kanonen dröhnten eintönig bis zehn Uhr am Abend, als insgesamt von beiden Seiten rund 1500 Schuss abgefeuert worden waren und der Sonnenuntergang das Funkeln auf den Kanonenrohren, Harnischen und Pikenspitzen ausgelöscht hatte. Dann war alles vorüber. Alle Kämpen sterben sieglos.
Hier bei Zusmarshausen wurde die letzte Armee der Kaiserlichen geschlagen. In die eigentliche Schlacht war fast nur die Nachhut verwickelt, und der Hauptteil der bayerischen und kaiserlichen Streitkräfte war zu keinem Zeitpunkt
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