Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
Vom Netzwerk:
unsicher und explosiv gewesen, und es sah ganz danach aus, als habe der Virus, der überall in Europa bereits Revolten und Revolutionen verursacht hatte, nun zum Schluss auch Schweden erreicht.

X. Der lange Nachhall des Krieges ( 1650 – 1654 )
    1 . Landgewinne in Afrika und Amerika
    Die Ankunft der Europäer in Afrika – ‹Aber die Vumbi spieen Feuer mit einem donnergleichen Lärm› – Die afrikanischen Hochkulturen – Die schwedische Afrikakompanie – Printz baut neue Forts – Das Verhältnis zu den Indianern – Ein schwedisches Ausrottungsprojekt – Die Bedrohung durch die Holländer – Die Kattan und ihr trauriges Schicksal – Die Holländer segeln den Delaware hinauf – Fort Casimir
    Wahrend der Dreißigjährige Krieg Schweden in Europa zu großartigen Landgewinnen verhalf, wurden auch die schwedischen Besitzungen in Übersee größer. Die Schweden hatten bereits eine Kolonie in der Neuen Welt, und seit 1650 besaßen sie auch in Afrika einen kleinen Stützpunkt. Es war allerdings keine Siedlung, die dort unten an der sogenannten Goldküste errichtet worden war, sondern nur eine Handelsstation. Die für den Handel mit Westafrika gebildete Kompanie war ein privates Unternehmen – fast vollständig im Besitz und unter der Führung und Leitung des allgegenwärtigen Louis De Geer –, doch um sich in der Konkurrenz mit den mächtigen und aggressiven Holländern behaupten zu können, musste sie hinter Pässen und Privilegien, die vom schwedischen Staat verliehen wurden, Schutz suchen.
    Das Tun und Treiben der Weißen an der westafrikanischen Küste war typisch für diese Zeit, in der viele außereuropäische Kulturen den Eindringlingen noch zu ihren eigenen Bedingungen gegenübertreten konnten. Wie die Menschen in der Neuen Welt waren die Afrikaner den Weißen, die sie
Murdele,
dem Meer Entstiegene, nannten, mit Verwunderung begegnet. Die Eindrücke der Afrikaner von den ersten Kontakten sind in Traditionen des Kontinents erhalten:
    Draußen auf dem Meer sahen sie ein großes Boot auftauchen. Das Boot hatte ganz weiße Segel, die wie Schwertklingen glänzten. Weiße Männer tauchten aus dem Wasser auf und sprachen Worte, die man nicht verstehen konnte. Unsere Vorväter wurden von Furcht ergriffen und glaubten, es seien Vumbi, Wiedergänger. Mit Hilfe von Pfeilen warf man sie zurück ins Meer. Aber die Vumbi spieen Feuer mit einem donnergleichen Lärm.
    Es waren nicht in erster Linie verstreute Stämme, die den
Vumbi
und
Murdele
begegneten. Hier und da in Afrika gab es regelrechte Staaten wie zum Beispiel Benin, Hausaland, Mali, Kongo, Luba und das christliche Äthiopien. Einige davon waren recht hoch entwickelt. Europäische Besucher der Stadt Benin im frühen 17 . Jahrhundert fanden sie großartig und in mancher Hinsicht durchaus vergleichbar mit großen Städten auf ihrem eigenen Kontinent. Ein holländischer Reisender sprach von den hohen, dicken Mauern der Stadt, von der schnurgeraden Hauptstraße, die «sieben oder achtmal breiter als die Warmoesstraße in Amsterdam» und über fünf Kilometer lang war, und von den Häusern, die «in guter Ordnung stehen, eins dicht und gleichmäßig neben dem anderen, so wie die Häuser in Holland». Gerade die Goldküste war ein Puzzle von kleinen Staaten, den Ahanta-Königreichen, die seit dem 14 . Jahrhundert eine imponierende, wenn auch zersplitterte Hochkultur errichtet hatten, die unter anderem Städte, Wege, stehende Armeen und einen lebhaften Handel aufweisen konnte. Im Unterschied zu den unglücklichen indianischen Kulturen der Neuen Welt verfügte die Ahanta-Kultur über eine Technik der Eisenherstellung. Der schwedischen Afrikakompanie war es gelungen, hier in Ahanta Fuß zu fassen, genauer gesagt in der Küstenstadt Oguaa, die zum Königreich Futu gehörte. Oguaa war ein Handels-und Verwaltungszentrum, in dem viele ahantische Kaufleute Häuser besaßen, und die Stadt hatte mehr schöne Gebäude als die Hauptstadt Efutu.
    Die schwedische Kompanie bestand nur aus knapp zehn Personen, die zuerst auf einem Schiff hausten, das vor dem tropisch heißen Oguaa vor Anker lag, doch später in ein Haus mit zugehörigem Lagergebäude an Land umzogen. Sie führten Leinenstoff, Wolle, Mohairtuch, Glasperlen, Messer, Spiegel und Eisenstäbe mit sich, die sie unter endlosem Feilschen gegen Gold, Elfenbein, Zucker, Malquettapfeffer, Bienenwachs und anderes eintauschten. Eine andere Ware, mit der man sich befasste, waren Sklaven. Sie waren seit langem ein Bestandteil

Weitere Kostenlose Bücher