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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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im Reich zu. Alle Bauern, die im Umkreis von 10 Kilometern um einen Herrensitz wohnten, mussten diesem alle ihre Steuern bezahlen; und viele Adlige waren ja nicht auf den Kopf gefallen und richteten mehr als einen Herrensitz ein, mit dem Hinweis darauf, dass dies für die Versorgung ihrer Kinder nötig sei, et cetera. Nicht wenige dieser neuangelegten Herrenhöfe waren indessen nichts anderes als Übungen in Steuerflucht – zahlreiche Schuppen und baufällige Ställe wurden in diesen Jahren in den Rang von Adelssitzen erhoben. All dies führte dazu, dass die Krone trotz des schönen Friedensschlusses schwere finanzielle Probleme bekam. Beamte des Staates erhielten ihre Löhne nicht; was noch übrig war von der Armee, geriet aufgrund von Geldmangel in Auflösung, und es gingen Gerüchte um, dass der königliche Hof kein Brennholz kaufen konnte, weil das Bargeld fehlte. Damit nicht alles zusammenbrach, waren die Regierenden gezwungen, zur ungeheuren Enttäuschung der Bauern und Bürger weiterhin die Sondersteuern zu erheben, die einst als sogenannte vorübergehende Maßnahme eingeführt wurden, um den Krieg zu finanzieren.
    Außerdem herrschte unter den Nichtadligen im Reich große Furcht vor den sozialen und politischen Folgen dieser gewaltigen Vermögensverschiebung. Mit jedem Stück Acker, das verschenkt wurde, war ja ein Hof mit einem Bauern und seiner Familie verbunden. Der Bauer litt selten ökonomisch darunter, dass er unter einen Adligen kam, sondern konnte zuweilen sogar daran verdienen. Die Forderungen des Großmachtstaates waren die wirkliche Bedrohung für die Bauern, doch am meisten schreckten sie die Scharen von deutschen und baltischen Edelleuten, die selbstbewusst, mit ihren Schenkungsbriefen wedelnd, auftauchten, denn diese neuen Herren kamen aus Ländern, in denen die Bauern harter Unterdrückung ausgesetzt waren. Zahlreiche Erzählungen waren in Umlauf über ausländische und schwedische Adlige, die ihren Bauern eine unerhörte Anzahl von Tagewerken abverlangten, deren Vögte die Bauern schikanierten und ihnen ihr Besitzrecht am Boden abpressen wollten, die unbequeme Landleute in neueingerichtete private Gefängnisse oder in Zuchthäuser oder auf eins dieser Folterinstrumente warfen, die das hölzerne Pferd genannt wurden. Übergriffe kamen tatsächlich vor. So sagte später ein Bauer aus Uppland auf dem Reichstag aus und berichtete, dass der Landeshauptmann von Stockholm, Lars Fleming – Sohn des im Seekrieg gefallenen Claes Fleming –, «ihn auf ein hölzernes Pferd gesetzt und eine Eisenstange an seine Füße gebunden und ihn dort eineinhalb Tage sitzen gelassen» habe; außerdem waren einige ältere Männer von Flemings Knecht ins Gefängnis geworfen und eine Frau misshandelt worden. Solche Grausamkeiten scheinen indessen häufig von etwas heruntergekommenen Mitgliedern und Außenseitern des Standes begangen worden zu sein: Es brachte einem nämlich einen schlechten Ruf ein, wenn man seine Bauern rücksichtslos behandelte, und die meisten wussten auch, dass es auf die Dauer unklug war, seine Bauern zu ruinieren.
    Viele dieser Erzählungen trugen auch die Züge von Wandererzählungen, die im Verlauf ihrer Wanderung von Mund zu Mund verzerrt und potenziert wurden; so kamen zum Beispiel Klagen über Exzesse des Adels in Gegenden vor, in denen es überhaupt keine Adligen gab! In frühmoderner Zeit ging Unruhen im Volk stets diese Art von Gerüchtebildung voraus, und wie in diesem Fall handelte es sich im Allgemeinen mehr um ein Bild der Befürchtungen der Menschen angesichts des Kommenden als um eine tatsächliche Beschreibung dessen, was war. Fraglos hatten jedoch Erzählungen dieser Art eine explosive politische Kraft.
    Die Unzufriedenheit mit der Politik der Herrschenden und mit dem Adel war also groß unter den Nichtadligen in Schweden. Die Lage war gespannt. Im Frühjahr 1650 kam der wichtigste Katalysator hinzu: der Hunger. Der Herbst 1649 war ungewöhnlich feucht gewesen, und die Nässe hatte dem Getreide geschadet. Die Ernte war die schlechteste in Schweden seit fünfzig Jahren. Schon im Herbst kam es mancherorts zu Hungersnöten, und im März schlugen sich die Bäcker Stockholms an den Stadttoren um das wenige Mehl, das noch zu haben war. Zu alledem kam das Frühjahr spät, und der Winter dauerte bis in den Mai. Viele Bauern hatten kein Saatgetreide mehr, Rindenbrot wurde auch in den fruchtbarsten Teilen des Reiches die übliche Nahrung, und in anderen Gegenden aß man gekochtes Laub und

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