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Verwüstung

Verwüstung

Titel: Verwüstung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. J. MacGregor
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– die Zukunft liegt im Plastik – war nur zu wahr geworden, sagte Sheppard, und was hatten wir davon?
    Sie hatten dieses Gespräch mehrere Male geführt, seit er eingezogen war, und sie wussten, sie würden es wieder und wieder führen, denn er begriff es einfach nicht. Ihr widerstrebte der Geschmack von Leitungswasser. Ihr widerstrebten auch die Bürokraten, die entschieden hatten, dass sie und alle anderen Bewohner Tango Keys vor Löchern in den Zähnen geschützt werden mussten, und die deswegen Fluor ins Wasser gaben. Sie hatte ihm das auch erklärt, ganz eindeutig. Sie, Annie und Nadine würden weiter Wasser aus Flaschen trinken, und er konnte aus der Toilette schlabbern, wenn er wollte. Taschenlampen, Wasser, was noch?
    Fünf Jahre zusammen, dachte sie, und die echten Probleme waren erst aufgekommen, als sie zusammenzogen.
    Ihr Handy klingelte zum zweiten Mal in zehn Minuten. Weder sie noch Annie hatten die Nummer beim ersten Mal erkannt, aber nicht viele Leute hatten ihre Handynummer, also was soll’s, dachte sie und ging ran.
    »Hallo?«
    »Mira?«
    Sie erkannte die Stimme des Mannes nicht. »Und Ihr Name …?«
    »Leo Dillard.«
    Scheiße.
    »Es tut mir leid, dass ich um diese Zeit anrufe.«
    Warum hast du es dann getan? »Ich bin wach, Leo. Wie läuft’s in Alabama?«
    »Ich bin auf Tango. Ich bin mit Shep im Frauengefängnis.«
    Hey, tolle Nachricht, Leo, oh Junge, oh Mann. »Okay.« Sie schwieg. Sie konnte Geräusche im Hintergrund hören und hätte Sheppard am liebsten den Hals umgedreht, weil er Leo Dillard ihre Handynummer gegeben hatte. »Und?«
    »Wir brauchen deine Hilfe.«
    Ihre Hilfe. Ah-ha. Sie hatte Dillard in der Vergangenheit mehrmals bei Ermittlungen geholfen, manchmal telefonisch, einmal persönlich. Für sie war es immer eine Herausforderung, weil Dillards Energie eine Mauer aus zynischem Skeptizismus darstellte, die zu umgehen äußerst anstrengend war. Doch es lag nicht nur daran, sie hatte über die Jahre für viele Skeptiker gelesen. Es war ihre Furcht, dass sie versehentlich Dillard selbst lesen würde, was sicher widerwärtig wäre, vergleichbar damit für einen Superkonservativen zu lesen, der glaubte, die Rolle einer Frau bestünde immer noch darin, Kinder zu kriegen, dem Mann zu gehorchen – oder dem Vater, Bruder, Onkel, Hauptsache, irgendeinem Mann – und ansonsten den Mund zu halten und nicht aufzufallen. Ja. Das brauchte sie jetzt dringend. Leo Dillard.
    Während er die Lage erklärte, wurde ihr Bedürfnis immer größer, Abstand zu halten. Aber auch wenn die Bundesbehörden nicht schnell zahlten, zahlten sie gut. Sie konnte das Geld gebrauchen, um für Nadines Ausfall aufzukommen. Auch das ging ihr durch den Kopf, während Dillard erklärte, was er von ihr wollte, und Annie dastand und sie böse anstarrte, denn ihr war klar, was abging.
    Ja, natürlich war es ihr klar. Ihre Antenne hatte sich wahrscheinlich in dem Moment aufgerichtet, in dem Mira Dillards Namen sagte. Annie wusste, worum es ging.
    Mira sah ihrer Tochter in die Augen, und Annie schüttelte den Kopf: Nein, sag ihm ab.
    »Und wie ist die Bezahlung, Leo?«, fragte Mira und schaute von Annie weg.
    Sie hatte schmerzhaft lernen müssen, dass sie bei Dillard den geschäftlichen Teil zuallererst und eindeutig regeln musste, bevor sie irgendetwas zustimmte. Er nannte eine absurd hohe Zahl, und plötzlich war ihr klar, dass Sheppard das ausgehandelt hatte. Sie lächelte. Sheppard war vielleicht eine Nervensäge, wenn es um Taschenlampen und Mineralwasser ging, dachte sie, doch er wusste, was ihre hellseherische Eingebung wert war.
    Sie wollte gerade sagen, das wäre in Ordnung, aber Annie wedelte jetzt mit den Armen, sie wollte, dass Mira auflegte, sie mussten reden. »Ich rufe dich in fünf Minuten zurück, Leo?«
    »Fünf Minuten? Ich brauche jetzt eine Antwort, Mira.«
    »Fünf Minuten, Leo.« Ihr eiskalter Ton beendete das Gespräch. Sie legte auf und sah Annie an. »Was?«
    »Warum willst du ihm helfen, Mom? Er hat beinahe verhindert, dass wir … du weißt schon …«
    Der unvollendete Satz hing zwischen ihnen. Annie musste ihn nicht aussprechen. Mira wusste, dass sie sagen wollte, dass Dillard sich in Sheppards Ermittlungen bei der Sache mit dem schwarzen Wasser eingemischt hatte, sodass er beinahe verhindert hätte, dass Annie und sie wieder in ihre eigene Zeit zurückkehrten. Aber das war Vergangenheit, jetzt war die Gegenwart.
    »Was er zu zahlen bereit ist, reicht für die Aushilfen, die ich brauche,

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