Verwüstung
von den Matratzenfotos und eine Schwarze. »Die Blondine ist Crystal DeVries. Sie wurde vor sechs Monaten für den Überfall auf eine Bundesbank verhaftet, den sie zusammen mit diesem Kerl durchgeführt hat …« Er tippte auf eine weitere Taste, und sie erblickten das Bild des Mannes auf den Matratzenfotos. »Billy Joe Franklin. Er ist mit fünf Millionen Dollar davongekommen – das ist die echte Zahl, nicht das, was in der Zeitung stand –, und sie wurde hoppsgenommen. Das Ganze ist bei hellem Tageslicht abgelaufen. DeVries war seit Ende Februar im Gefängnis in Tango, weil das in Dade renoviert wird.«
Sheppard hatte das Gefühl, das Gesicht dieses Typen schon einmal gesehen zu haben, wusste aber nicht, wann und wo.
»Wer war er vor dem Überfall?«, fragte Goot.
»Da wird es garantiert interessant.« Emison drückte eine weitere Taste und zeigte das Foto eines blonden Mannes, der aussah wie ein Surfer. »Das ist William Franklin, Wetterfrosch beim National Hurricane Center.«
Bingo. Sheppard vergaß oft Einzelheiten – Namen, wann, wo – aber nie ein Gesicht. Die Haarfarbe war anders, einige Kleinigkeiten hatten sich verändert, aber das Gesicht war das gleiche.
»Er war selten zu sehen«, fuhr Emison fort, »aber manchmal haben sie ihn auch vor die Kamera gelassen. Vor fünf Jahren bekam er offenbar nicht die Beförderung, die er für angemessen hielt, also hat er seinen Konkurrenten vor ein paar Dutzend Zeugen zusammengeschlagen. Wurde gefeuert. Er hätte dafür gesessen, bloß hat der Typ, den er zusammengeschlagen hat, die Anzeige zurückgezogen.«
»Vom Wetterfrosch zum Bankräuber«, murmelte Sheppard. »Das ist ein bedeutender Rückschritt.«
»Welche Bank?«, fragte Goot.
Emison nannte den Namen einer Bundesbank-Filiale in Miami, aber bei Sheppard klingelte nichts. Dafür gab es auch keinen Grund. Mit Banken hatte er nichts zu tun. »Hatte DeVries Vorstrafen?«
»Gute Frage, Shep. Jugendstrafen wegen Einbrüchen. Etwa ein halbes Dutzend. Hat aber nie gesessen. Von 1995 bis 1999, dem Jahr, in dem Franklin gefeuert wurde, hat sie für einen Lokalsender in Miami in der Wetterrecherche gearbeitet. So hat sie Franklin kennengelernt. Nachdem er 1999 gefeuert wurde, wohnte sie in Pensacola – und er auch, gleiche Adresse, laut Fahrzeugbehörde –, danach in Tallahassee, er auch. Gleiche Adresse.«
»Wovon haben sie gelebt?«, fragte Goot.
»Ich warte auf die Steuerinfos und die Informationen der Sozialversicherungen«, sagte Emison.
»Und die Schwarze? Wie lautet ihre Geschichte?«, fragte Sheppard.
Emison zog ein Päckchen Kautabak aus der Tasche, öffnete es, nahm mit Daumen und Zeigefinger ein Klümpchen heraus und schob es sich in die Wange. Jetzt sah er aus wie ein überfüttertes Eichhörnchen. »Tia Lopez. Das zuständige Gericht wurde von Jacksonville auf Miami geändert. Sie wurde im Januar hierher verlegt wegen der Renovierung in Dade. Ehrlich gesagt glaube ich, sie haben sie hierher abgeschoben, weil sie den anderen Insassen Angst gemacht hat. In Haft wegen vierfachen Mordes. Die Exfreunde, Ehemänner, Liebhaber, Zuhälter und was auch immer ihrer Frauengruppe in Miami. Vor neun Jahren war sie auch die Hauptverdächtige beim Verschwinden ihres Ehemannes, eines Stadtrats. Die Kollegen hatten allerdings nie auch nur den Hauch eines Beweises. Nach sieben Jahren wurde er offiziell für tot erklärt, und sie hat Jacksonville verlassen und ist nach Miami gezogen. Er war übrigens weiß.«
Als würde ihn das von jeder Schuld freisprechen, dachte Sheppard.
»Wie, ›verschwunden‹?«, fragte Goot. »Was heißt das?«
»Was glaubst du zum Teufel, was es heißen könnte?«, blaffte Emison. »Einen Tag ist er bei der Arbeit, am nächsten nicht. In sieben Jahren haben sie keine Leiche gefunden, keine Waffe, nada. Allerdings erzählte man sich, dass er sie misshandelte.«
»Für mich riecht das nach Geld«, bemerkte Sheppard.
»Allerdings. Er war ein paar Millionen wert dank seiner Familie. Nachdem er vor zwei Jahren für tot erklärt wurde, ist sie mit ihrem Anteil nach Miami gezogen. Nicht viel später mussten die anderen Typen dran glauben. Das Gericht hat eine psychologische Einschätzung angeordnet.«
»Und?«
»Na ja, Lopez ist eine Andrew-Überlebende. So nennen sie sich heutzutage. Sie war eine von Tausenden, die danach durch den zerstörten Stadtzoo wanderten. Damals war sie schwanger, bekam verfrühte Wehen. Das Baby starb, Lopez hat es irgendwo in den Ruinen vergraben. Die
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