Verwüstung
Gerichtspsychologin glaubt, das hätte Schäden hinterlassen.«
Emison trug das vor, als könnte er sich überhaupt nicht vorstellen, weswegen es irgendjemandem schaden würde, sein Frühgeborenes in den Ruinen, die Andrew hinterlassen hatte, zu verscharren.
»Was noch?«, fragte Sheppard.
»Sie ist sehr klug, Riesen- IQ , hat sich aber alles selbst beigebracht.«
»Kennt sie Franklin?«, fragte Goot.
»Nein. Sie und DeVries haben eine Weile die Zelle geteilt, dann bekamen sie Zellen direkt nebeneinander.« Emison schaute Sheppard flehend an, mit feuchten Augen voller Reue, Schmerz, Trauer, Wut. »Ruf Mira an, okay, Shep?«
»Und was soll ich sie fragen, Doug?«
»Sie soll uns helfen.«
Jetzt wurde Sheppard plötzlich klar, warum Emison ihn herbestellt hatte – er wollte, dass Sheppard mit Mira sprach. »Ruf du sie doch an.«
»Sie mag mich nicht.«
»Mich mag sie auch nicht. Aber sie weiß wenigstens, dass ich zumindest für ihre Arbeit bezahle«, sagte eine Stimme hinter ihnen.
Eine bekannte Stimme. Sheppard wandte sich um, als Leo Dillard in den Raum kam, aufgeputscht von seiner eigenen Wichtigkeit. Sein Gesicht war genau so feist, wie Sheppard es in Erinnerung hatte, seine Nase genauso schief, doch der Leberfleck an seinem Kiefer wirkte dunkler. Ein Melanom? Oh, schade auch. Sein dichtes weißes Haar sah aus, als wäre es erst vor Kurzem frisiert worden, wahrscheinlich auf Kosten des Steuerzahlers, und sein schmaler Körper steckte in engen Jeans, die eher zu John Travolta passten als zu einem FBI -Sesselpupser.
Dillard war stellvertretender Leiter des FBI im Südosten des Landes und vor zwölf Jahren, bei Sheppards erster Runde beim FBI , war er sein Vorgesetzter gewesen. Er war auch jetzt Sheppards direkter Chef, allerdings nur auf dem Papier. Allen Beteiligten war klar, dass Sheppard mit dem Mann arbeitete, der ihn eingestellt hatte, Baker Jernan, Dillards Boss. Dillard lebte und arbeitete in Birmingham, Alabama, und Sheppard hatte normalerweise nur per E-Mail mit ihm zu tun, manchmal am Telefon. Das passte Sheppard prima. Dillard und er verstanden sich nicht. Hatten sie nie. Würden sie nie.
»Also, Leo, was führt dich her?«
»Einer unserer Agenten in Key West hat eine Spur von Billy Joe Franklin, also bin ich hergekommen, um zu helfen.«
Aha. Und um den Ruhm einzusacken, wenn sie den Kerl schnappten, dachte Sheppard. Das war das Einzige, was Dillard richtig gut konnte.
»Wisst ihr von dem Banküberfall, Jungs?«, fragte Dillard.
»Wir haben mit Banken nichts zu tun«, erinnerte Sheppard ihn. »Aber Doug hat uns davon erzählt.«
Mira bezeichnete Dillard normalerweise als Sheppards »karmisches Kreuz«, doch er hielt die Sache für viel einfacher. Böses Blut hatte es schon vor zwölf Jahren in Miami gegeben, und es war schlimmer geworden, als man Sheppard engagiert hatte, die Dienststelle auf Tango Key zu leiten, denn Dillard hatte auf diesen Job spekuliert. Es wäre zwar ein Abstieg für Dillard gewesen, doch in Tango lebte es sich besser als in Birmingham. Sheppard vermutete, dass Dillard sich vorgestellt hatte, seine Tage am Strand zu verbringen und Margaritas zu schlürfen, umgeben von hübschen Mädchen in String-Bikinis, und all das auf Steuerzahlerkosten.
Das böse Blut war noch schlimmer geworden im Lauf der Geschichte mit dem schwarzen Wasser im letzten Sommer. Nachdem Mira und Annie verschwunden waren, hatte Dillard versucht, Sheppard die Ermittlungen zu entziehen. Sheppard war sicher, dass Dillard immer noch nicht wusste, was genau nun eigentlich geschehen war, und Shep würde es ihm bestimmt nicht erzählen. Außerdem, was sollte er sagen? Es ist so, Leo: Die Felder aus schwarzem Wasser waren ein Zeittunnel, und Mira und Annie sind hindurchgegangen, zurück ins Jahr 1968. Und dann bin ich ihnen gefolgt, um sie zu finden.
Klar. So würde er höchstens im Irrenhaus landen. Und wenn Dillard jemals herausbekam, dass Sheppard unter Klaustrophobie litt, würde er das ebenfalls gegen ihn verwenden.
»Also, Shep, kannst du Mira herholen? Dieses Sackgesicht hat sich in Luft aufgelöst. Ich würde sie gerne dort hinbringen, wo der Hummer in die Luft geflogen ist, und dann weitersehen.«
»Und du zahlst für ihre Zeit.« Es war keine Frage.
»Natürlich.«
»Das hätte ich gern schriftlich, Leo.«
Dillard schnippste mit den Fingern, und Emison, der treue Fußsoldat, öffnete einen Beratervertrag auf dem Laptop, druckte ihn aus, reichte ihn Sheppard. Der überflog ihn und
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