Verwüstung
Herrn geerbt hat, der ihn freiließ. Es gibt sogar einen Tunnel, der aus dem Keller in den Schuppen führt. Dort haben sie Sklaven versteckt und dann per Schiff von der Insel geschafft.«
»Cool.«
Cool? Was zum Teufel war das denn für eine Reaktion? Die Geschichte dieses Hauses war nicht bloß cool, sie beeindruckte Franklin zutiefst.
»Wie lange gehört es dir schon?«
»Fast sechs Monate.«
»Und wie viel hat es uns gekostet?«
»Insgesamt, das Geld für die Hütte, dich zu befreien, Ausrüstung, den ganzen Kram, waren es knapp zwei Millionen.« Inklusive der Bestechungsgelder, dachte er, sagte es aber nicht.
» Zwei Millionen?« Sie zuckte hoch und schaute entsetzt. »Aber … dann bleiben ja nur noch drei Millionen von unserer Beute, Billy, und wo zum Teufel sollen wir leben? Wir müssen uns etwas anderes kaufen? Und wie sollen wir diese Bude verkaufen? Wir haben … ich weiß nicht wie viele Leute heute umgebracht, und alle werden nach uns suchen. Großer Gott, ich hatte keine Ahnung, keine …«
»Hey, beruhige dich.« Er legte seine Hand auf ihren nackten Rücken. »Ich habe alles geplant. Wir haben eine kleine Hütte in den Bergen in North Carolina. Wir können verdammt lange mit drei Millionen auskommen. Es ist alles in Ordnung. Wirklich. Aber nicht, wenn wir noch jemand durchfüttern müssen. Bei Tagesanbruch werden überall unsere Bilder erscheinen und egal, wie man deine Amazonen-Freundin einkleidet, sie ist schwer zu übersehen, weil sie so groß ist. Wenn sie bleibt, müssen wir uns trennen und alle einzeln die Insel verlassen.«
Sie fuhr sich mit den Fingern durch das Haar, schüttelte den Kopf, ließ sich zurücksinken. »Ich … ich werde mit ihr darüber sprechen. Aber erst müssen wir mehr über den Hurrikan wissen. Was er macht, wo er …«
»Wir kümmern uns darum, wenn wir aufstehen. Klär einfach die Regeln mit ihr. Ein paar Tage, dann kriegt sie Geld und was immer sie braucht. Okay? Sind wir uns einig?«
»Ja. Sicher. Natürlich. Aber wenn der Sturm kommt? Was dann?«
»Sie bleibt während des Sturms bei uns, dann verpisst sie sich.«
»Hat die Bude hier sturmsichere Läden?«
»Es wird alles gut gehen.«
» Gut gehen? Gibt es nun sturmsichere Läden, oder nicht?«
Das war etwas Neues, dachte er. In der Vergangenheit hatte Crystal es nie infrage gestellt, wenn er sagte, dass etwas gut gehen würde, dass er sich darum kümmern würde. Sie hatte ihm vertraut. Hieß das, dass sie nicht mehr länger Wasser war?
»Es gibt einen Keller, voll ausgestattet.«
»Sie haben Keller auf dieser Insel? Wow.«
»Wegen der Hügel ist das möglich.«
»Aber der Keller könnte während eines Hurrikans voll Wasser laufen.«
»Das ist unwahrscheinlich. Er ist unter der Garage.«
»Meine Güte, du hast an alles gedacht.« Damit rollte sich Crystal auf ihn und bedeckte sein Gesicht mit schnellen, weichen Küssen. Obwohl sein Körper darauf reagierte, zwängte sich ein nagender Zweifel in seinen Hinterkopf. Ist sie immer noch Wasser? Natürlich war sie das. Crystal würde ewig Wasser sein.
Aber was bedeutet es, wenn sie es nicht mehr ist?
Tia Lopez lag auf einer Couch, auf süß duftenden Laken und mit einem wunderbar weichen Kissen der freien Welt unter dem Kopf und war so unfassbar glücklich, dass sie nicht wusste, ob sie überhaupt schlafen könnte. Es war fast ein Jahr her, dass sie in etwas anderem als in harten Gefängnisbetten geschlafen hatte, in Zellen, in denen die Luft entweder zu heiß oder zu kalt war, und es entweder zu laut oder zu leise war. Im Gefängnis stank es außerdem immer nach irgendetwas – Schweiß, Bleichmittel, Kotze, Gewalttätigkeit.
Aber hier, Gott, die Wohnzimmerfenster standen offen, und in der Sommerbrise lag ein Hauch von Pinien, Jasmin, Gardenien, Teebaum, der Reichtum der Natur. Die komplexen Geräusche der Dunkelheit bildeten eine wundervolle Hintergrundmusik. Sie war nicht sicher, wo genau sie sich befand, aber sie ging davon aus, tief im Naturschutzgebiet. Auf der Karte Tangos in ihrem Kopf war das Naturschutzgebiet mit einem großen roten » X « markiert. Es war einer von mehreren Orten, die sie als möglichen Fluchtpunkt ausgewählt hatte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihre Flucht durch jemand anderen ermöglicht würde, aber jetzt, wo das geschehen war, musste sie sich überlegen, was als Nächstes kommen sollte.
Sie konnte hier nicht bleiben. Sie mochte Crystal, und ihretwegen war sie überhaupt hier. Doch letztlich war sie eine blöde
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