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Verwüstung

Verwüstung

Titel: Verwüstung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. J. MacGregor
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Und wenn das geschah, dann meist in Kulturen, die damit rechneten. Er hatte es bei den Santeros in Goots Familie erlebt, unter haitianischen Voodoo-Priestern und bei Medizinmännern am Amazonas. Aber er wusste, dass er sich nie daran gewöhnen würde, es bei der Frau zu sehen, die er liebte. In manchen verzweifelten Momenten fragte er sich, wie es wäre, eine normale Frau zu lieben, jemanden, für den eine Umarmung tatsächlich nur eine Umarmung war, und nicht eine Einladung zum Unerklärlichen.
    Nach kurzer Zeit richtete sie ihren Oberkörper auf und hob den Kopf. Ihr Blick war noch nicht fokussiert, glasig, die Pupillen waren groß, als hätte sie große Mengen einer illegalen Droge zu sich genommen. Sie hob den rechten Arm und zeigte ihm das weiche Fleisch der Unterseite. Es war voll mit dunklen, hässlichen Flecken, der linke Arm ebenfalls. Sie hob ihr T-Shirt und sah an sich herunter. Blutergüße breiteten sich auf den Rippen der linken Seite aus, als sei sie zusammengeschlagen worden.
    »Ich weiß nicht, woher das kommt«, flüsterte sie.
    Er stand da, sprachlos, gelähmt, sein Kopf schrie. War es das, was in seiner Zukunft lag? Körperliche Verletzungen?
    Jetzt begannen die blauen Flecken zu verblassen, und sie sah zu ihm auf, die Augen nass von Restschmerz. »Aber … es ist bald. Hinter der nächsten Ecke.«
    »Was kann ich tun, um das zu verhindern?«
    Sie schüttelte den Kopf, legte ihre Hände auf die Oberschenkel, erhob sich. »Ich weiß nicht, Shep. Ich habe nur den Schmerz gespürt. Ich kann es noch einmal versuchen, vielleicht bemerke ich noch etwas anderes.«
    »Kannst du den Schmerz und die Übernahme der Verletzungen blockieren?« Er könnte es nicht ertragen, sie noch einmal so leiden zu sehen.
    »Vielleicht.« Ihr Lächeln erschien ihm beinahe traurig, resigniert. »Wir werden sehen.« Sie schloss die Augen, veränderte ihre Atmung und streckte nach einem Augenblick die Hand aus.
    Sheppard zögerte, dann nahm er ihre Hand, zuerst locker, die Muskeln angespannt, bereit, sie wegzuziehen. Aber die Berührung, wie leicht auch immer, war alles, was sie brauchte.
    »Du bist in einem Wald. Es regnet sehr, der Wind weht stark, und du wirst überraschend angegriffen, vollkommen überraschend …« Sie zuckte zusammen, packte seine Finger. Sekunden vergingen. Sie schüttelte den Kopf. »Das ist alles, was ich sehe, Shep.«
    »Von wem angegriffen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Er fand das nicht im Geringsten hilfreich und zog vorsichtig seine Hand weg. »Lass uns noch ein paar Bücher einladen.«
    Beruhigung durch Routine.
    Sie packten gerade die letzten Bücher ein, als ein Ford-Truck vor dem Lieferwagen hielt. Dillard stieg aus, sein Regenmantel flatterte wild. Er kam auf die Rampe zu, duckte sich unter das Vordach vor dem Regen. Er streifte die Kapuze des Mantels ab und schüttelte sich wie ein Hund, wobei er Sheppard und Mira nass spritzte.
    »Du gehst nicht ans Handy, Shep«, sagte Dillard.
    Ja, das Handy war aus. »Der Akku ist fast alle«, log Sheppard.
    »Dir auch Hallo, Leo«, bemerkte Mira trocken.
    Dillard grinste auf seine merkwürdige Art, die Zähne zusammengebissen, als hätte er Verstopfung. »Jerome Carver. Sie sind zu dritt auf der Insel, und wir wissen jetzt jedenfalls, wo einer von ihnen steckt. Alias Billy Joe Franklin, da sind wir sicher. Ich muss mir Shep eine Weile leihen.«
    Er klang aufgekratzt, fand Sheppard, und fragte sich plötzlich, ob Dillard zusätzlich zu seinen anderen reizenden und liebenswerten Eigenschaften, auch noch manisch-depressiv war.
    »Es ist fast zwölf, Leo. Ich muss das hier fertig machen.«
    »Und wie lange wird das dauern?«
    »Bis das Wetter uns zwingt, Schutz zu suchen«, entgegnete Mira. »Hör auf, Leo. Selbst wenn du diese Leute schnappst, kannst du sie nicht ins Gefängnis stecken, weil das, wie alles andere am südlichen Ende, unter Wasser stehen könnte, wenn Danielle durchzieht.«
    Er richtete sich auf und betrachtete Mira, als wäre sie ein lästiges Insekt, das er gleich wegscheuchen würde. »Lass es meine Sorge sein, wo wir sie unterbringen. Shep, es sind du, ich, Goot und Doug. Wir gehen rein, wir gehen raus.«
    Wie interessant, dachte Sheppard. Sein letzter Stand war, dass Goot sich verpissen wollte. Er fragte sich, was Dillard ihm versprochen hatte – dreifache Überstunden? Bonuszahlungen? Eine Gehaltserhöhung? Würde irgendetwas davon Goot in Versuchung bringen? Er bezweifelte es. Er vermutete, dass Dillard gedroht hatte, Goot zu feuern,

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