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Verwüstung

Verwüstung

Titel: Verwüstung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. J. MacGregor
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gefallen, und sie brachte eine stetige Windgeschwindigkeit von 260 Stundenkilometern mit sich. Was hieß, dass die Spitzengeschwindigkeit höher und der Wind stark genug war, um die Farbe von Autos zu reißen, die Rinde von den Bäumen, alles plattzuwalzen. Was hieß, dass der Hurrikan eine Hochwasserwelle von fünfeinhalb Metern vor sich hertreiben würde.
    All dieses Wasser würde über die zweispurige Straße, die die Keys verband, schwappen – einen Streifen Asphalt, der den Atlantik vom Golf von Mexiko trennte – und Tausende von Menschen mit sich reißen. Auf Wiedersehen, Brücken, auf Wiedersehen, Bahia Honda, auf Wiedersehen, Hemingway-Haus, Restaurants, Geschäfte, Häuser, Wohnwagen.
    Das Hochwasser würde mit Sicherheit das südliche Ende Tangos überfluten, es würde jedoch nicht zu weit bergauf laufen, dachte er, und alles vom Fähranleger aus nördlich würde vor dem Hochwasser sicher sein. Aber die Winde waren etwas ganz anderes. Andrews Sturm – und nicht die gut fünf Meter hohe Flutwelle, die Biscayne Bay erreichte – hatte den größten Schaden angerichtet. Und wie Andrew hatte auch Danielle die Experten überrascht. Südflorida hätte vor drei Tagen evakuiert werden sollen, um alle rauszubekommen, die wegmussten, dachte er. Aber das hätte bedeutet, dass sie eine Vorwarnung hätten aussprechen müssen, als Danielle ein tropisches Tief irgendwo in der Nähe von Puerto Rico gewesen war und kaum einer Erwähnung in den Abendnachrichten wert.
    Unterm Strich? Wetter war – wie das Verhalten seiner Eltern – selten vorhersagbar. Man konnte so viele Muster suchen, wie man wollte, man konnte jede Menge Computersimulationen laufen lassen, doch am Ende tat die Natur ganz einfach, was sie wollte, selbst wenn es nicht der Logik entsprach. Danielle war, wie Andrew, ein ausgezeichnetes Beispiel. Und wenn er genauer aufgepasst hätte, was dieser Sturm trieb, statt seinem Schwanz zu folgen, dann würde er jetzt nicht in dieser Situation stecken. Er hätte einen Plan gehabt, um letzte Nacht noch von der Insel zu verschwinden und sich an einem abgelegenen Ort in einem anderen Naturschutzgebiet zu verstecken, vielleicht im Ocala National Forest.
    Er verlangsamte, schaltete in den zweiten Gang und folgte einer engen Kurve. Einen halben Kilometer weiter gabelte sich der Weg, und Franklin fuhr nach rechts. Noch eineinhalb Kilometer, dann bog er auf den im Grunde nur als Fußweg gedachten Pfad, der zur Hütte führte. Der Pfad hatte deutlich an Qualität verloren, seit Franklin vor sechs Monaten zum ersten Mal hier gewesen war. Der alte Sack, von dem er die Hütte gekauft hatte, hatte den Pfad freigehalten und die Äste regelmäßig gestutzt. Franklin hatte zugelassen, dass alles zuwucherte in der Annahme, dass er so besser getarnt wäre – und daher sicherer. Im Augenblick war das allerdings bloß unheimlich lästig.
    Halb den Weg hoch, fuhr sich der Käfer in einem Schlammloch fest. Franklin trat aufs Gas, der Motor soff ab, er schaltete das Fahrzeug aus und zählte. Eintausend, zweitausend … Der Wind pfiff, die Bäume sangen, der Regen fiel. Bei zehntausend versuchte er, den Wagen erneut einmal anzulassen, aber nichts geschah. Er wählte Crystals Handynummer, und obwohl es diesmal klingelte, bekam er dann nur seine eigene Ansage auf dem Anrufbeantworter zu hören.
    Franklin drückte seine Fäuste gegen seine Stirn, er kämpfte gegen ein schreckliches Gefühl der Sinnlosigkeit, der Niederlage. Wie lange würde er brauchen, um in diesem Schlamm und Regen und Wind bis zur Hütte zu gehen? Zu lange. Bald schon würde der Wind gefährlich werden, irgendwo oberhalb von 200 km/h.
    »Geh an, bitt geh an«, bat er den Käfer und drehte den Schlüssel.
    Der Motor erwachte zum Leben, Franklin trat aufs Gas, legte den Rückwärtsgang ein, ersten Gang, Rückwärtsgang, ersten, er versuchte, sich aus dem Schlamm zu schaukeln. Die Reifen drehten durch und spritzten Schlamm.
    Er schaltete den Käfer in den Leerlauf und schwang seine Beine raus, seine Füße versanken im Dreck. Mit offener Tür schob er den Wagen ein Stück vor, zog ihn zurück, er grunzte wie ein Schwein, er versuchte, genug Schwung zu holen, um den Wagen aus dem Schlamm zu schubsen. Aber die Karre steckte tief im Dreck.
    Franklin kickte die Tür zu.
    Er taumelte ein paar Schritte zurück, er hasste den verdammten Wagen, den Schlamm, den Sturm, den ganzen verdammten Mist, er hätte einen Hummer in Reserve haben sollen, keinen Lieferwagen. Selbst der

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