verwundet (German Edition)
kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Was hat sie dir erzählt?“
„Frau Kaufmann sagte mir, du seist oft mit Lisa zusammen gewesen und könntest mir mehr über ihr Umfeld und die letzten Monate erzählen.“
„Habt Ihr euch auch über meine Qualitäten als Liebhaber ausgetauscht?“
„Sei bitte nicht albern.“ Ihre Stimme klang scharf. „Wie kannst du nur annehmen, dass ich mich darüber mit Frau Kaufmann unterhalte? Hältst du mich für so billig?“
„Nein, natürlich nicht. Entschuldige bitte. Ich rede Unsinn!“ Er schwieg, noch immer geschockt. Dann seufzte er: „Na ja, sie wird mich sowieso im denkbar schlechtesten Licht geschildert haben. Oder was hat sie dir erzählt?“
„Du bist wohl nicht sehr sensibel mit ihr umgegangen, als sie dir von Lisas Selbstmordversuch berichtet hat.“
„Ich habe keinen Grund, mich um dieses Gör zu kümmern.“
„Harald!“
„Was weißt du schon! Sieht dich mit ihren großen unschuldigen Augen an und dann...“ Er winkte ab.
„Und dann?“
„Ach nichts.“
„Harald, bitte.“
„Was bitte? Ich bin gekommen, um dich zu sehen und mir mit dir einen schönen Abend zu machen und nicht, um über eine Vergangenheit zu reden, die ich hinter mir gelassen habe.“
„Lisa hat die Vergangenheit offensichtlich nicht hinter sich lassen können.“
„Und was sollen wir jetzt deiner Meinung nach tun?“
„Darüber sprechen!“
„Nein, danke. Ich hatte einen anstrengenden Tag.“ Er sah sie bittend an. „Könnten wir uns jetzt wieder uns selbst zuwenden?“
„Aber ich kann jetzt nicht einfach so weiter machen wie bisher.“
„Wieso? Was kann ich dafür, dass Lisa versucht hat, sich das Leben zu nehmen.“
„Das weiß ich eben nicht.“
Ungläubig sah er sie an. „Du glaubst doch nicht etwa…?“ Er hob die Hände, ließ sie wieder fallen. „Wenn du das denkst, dann gehe ich jetzt wohl besser.“
Am nächsten Abend um halb elf klingelte Harald Sturm an Angelikas Haustür. Er hatte Ausschau nach ihrem Fiat gehalten und ihn auch entdeckt. Er musste eine Weile warten. Ihre Stimme, die aus der Gegensprechanlage zu ihm drang, klang müde. Er sagte nur: „Ich bin es, Harald.“
Er nahm drei Stufen auf einmal.
Sie öffnete ihm im Bademantel. „ Ich war schon im Bett. Was ist denn los?“
Er drängelte sich an ihr vorbei. „Was los ist? Ich habe Sehnsucht nach dir!“
Er zog eine Flasche Wein aus dem Anorak und stellte sie auf den Wohnzimmertisch. Er musterte sie und sagte: „Der Vorteil bei dir ist, du siehst beim Schlafen genauso gut aus wie tagsüber. Liegt wohl daran, dass du kein Make up benutzt.“
Ihr Blick war ernst, sie antwortete nicht.
„Warum sagst du nichts?“
„Ich habe die Situation erklärt, und trotzdem kommst du hierher und tust, als ob alles in Ordnung wäre.“
„Ich verspreche dir, ich werde dir bei Lisa so gut helfen wie ich kann.“ Er zog seinen Anorak aus und warf ihn auf einen Sessel. „Lass uns ins Bett gehen.“
„Wie kannst du jetzt daran denken?“
Er grinste und trat auf sie zu. „Wenn ich dich sehe, denke ich immer daran. Außerdem hatte ich bisher das Gefühl, dass dir mein Begehren durchaus angenehm war.“
Sie wandte ihm den Rücken zu. „Harald, so geht das nicht!“
„Es muss aber gehen. Ich sehne mich nämlich nach dir, du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf.“ Er umschlang sie, ließ seine Hände vorne in den Bademantel gleiten. Sie machte sich los und drehte sich zu ihm um. „Sag mal, lässt es dich völlig kalt, dass Lisa versucht hat, sich das Leben zu nehmen?“
„Ich wüsste nicht, wie ich ihr helfen sollte.“
„Indem du mir alles erzählst, was du über sie weißt.“ Haralds Kiefermuskeln spielten unter der Haut. Schließlich sagte er: „Also gut Frau Doktor. Viel kann ich Ihnen nicht erzählen. Lisa war in Lydia verliebt, ist nach einer Zudringlichkeit dort ausgezogen, hat in der Grotte als Bedienung angefangen und ist mit einer obskuren Bekannten zusammengezogen, die sie auch dort kennengelernt hat. Die beiden hatten ziemlich viele Männerbekanntschaften. Gruppensex und Marihuana waren wohl auch nicht gerade selten. Ab und zu habe ich Lisa gesehen. Meist stellte sie gerade irgendeine Dummheit an und wenn sie einmal klagte, verfluchte sie meist ihr Leben. Ich konnte ihr da nicht helfen.“ Sein Gesicht war finster. „Ich bin jedenfalls nicht Schuld an ihrem Selbstmordversuch.“
„Mir ist schleierhaft, wieso du dich so dagegen sträubst, dich um sie zu kümmern oder mir
Weitere Kostenlose Bücher