verwundet (German Edition)
aus dem Schlaflabor vor. Lisa wurde totenbleich. Plötzlich hielt sie sich die Ohren zu und schrie: „Aufhören!“
Obwohl Frau Dr. Dunkelmann die Qual in Lisas Gesicht sah, ließ sie das Gerät noch laufen, denn sie musste endlich zu dem Mädchen durchdringen.
Lisa wimmerte.
Schließlich schaltete die Ärztin das Gerät aus. „Was siehst du in deinen Träumen, Lisa?“
Lisa zitterte und starrte mit weit aufgerissen Augen in die Luft. „Sie greifen nach mir, sie wollen mich umbringen.“ „Wer, Lisa?“
„Ich weiß nicht, sie haben vermummte Gesichter.“
„Was machen sie mit dir?“
„Sie halten mich fest und tun mir weh.“
Die Ärztin ging jetzt sehr behutsam vor. Sie setzte sich neben Lisa, und ihre Stimme klang sanft, als sie leise sagte: „Versuch, dich zu erinnern. Beschreibe mir, was du siehst, sprich alles aus.“
Lisa weinte. Ihre Worte kamen erst abgehackt, dann strömten sie aus ihr hervor. „Liege auf einem kalten Tisch, die riesigen Lampen blenden mich, sie schnallen mich fest, mir ist kalt, etwas sticht mir in die Hand, sie haben böse, kalte Augen, die Gesichter sind vermummt, ich fürchte mich, ein schwarzes, stinkendes, fauchendes Gummiungeheuer kommt auf mich zu, sie pressen es mir aufs Gesicht, ich kann nicht atmen, ich kriege keine Luft, sie wollen mich töten, ich löse mich auf, die Welt löst sich auf, mein Kopf, alles verschwimmt, ich schreie und wehre mich, aber sie sind stärker.“
Lisa war jetzt wie in Trance. Die Worte schienen unkontrolliert aus ihr herauszufließen: „Ich bin einsam, es ist dunkel, ich weine nach meiner Mammi, doch sie ist nicht da, ich war bestimmt nicht artig, sie hat mich verlassen, ich spiele mit Helmut, der im Rollstuhl sitzt, ich muss einen Schlauch schlucken, ich würge daran, Hände nesteln an mir herum, das Mädchen hat keine Arme, Einsamkeit, meine Mammi, sie geht immer weg, immer verlässt sie mich, was habe ich getan? Bestimmt war ich nicht lieb, warum lässt sie mich hier, warum lässt sie mich allein? Ich stehe vor einem Gitterbett, in dem ein Kind mit riesigem Kopf liegt, das Gesicht ist schief, ich bin eingesperrt, der Raum hat keine Türen, mir tut mein Bauch weh, das Mädchen kann nicht raus, ein weißes Zelt ist um ihr Bett, ich habe Schläuche im Rücken, Schläuche im Bauch, gewaltige Apparate, bunte Bauklötze, Spritzen, Schläuche und Gummimasken, mir ist so übel, ich habe Schmerzen, bin ausgeliefert, ich habe Angst, wo ist meine Mammi, ich habe Schmerzen, kalt, Licht, ich bin einsam, ich habe Angst, mir ist so kalt, die Maske, sie stinkt, ich bin hilflos und allein, sie bringen mich um, ausgeliefert, ausgeliefert, ausgeliefert, ausgeliefert, ausgeliefert, Mammi, Mammi, Mamiiii!“ Lisa schrie, und die Ärztin hielt sie fest. „Lisa, Lisa, hörst du mich Lisa, es ist alles gut, du bist in Sicherheit.“ Sie läutete nach dem Pflegepersonal. Schwester Ines kam herein. „Schnell Schwester, eine Beruhigungsspritze.“ Die Schwester eilte hinaus. Frau Dr. Dunkelmann hielt Lisa fest umschlungen, die sich heiß anfühlte und gleichzeitig Schüttelfrost hatte. Sie flüsterte Lisa beruhigende Worte ins Ohr und streichelte sie. Schwester Ines kam wieder und hielt Lisa fest, während Frau Dr. Dunkelmann die Spritze setzte. Die Ärztin rief telefonisch nach einem Pfleger, der Lisa ins Bett brachte. Als er wiederkam, berichtete er, dass Lisa eingeschlafen sei. Die Ärztin ordnete an, dass regelmäßig nach Lisa gesehen werden sollte. Sie wusch sich am Handwaschbecken ihr Gesicht. Das kalte Wasser tat gut und belebte sie etwas. Es war ein harter Tag gewesen. Endlich war sie zu Lisa durchgedrungen. Ganz offensichtlich war sie als Kind schon sehr früh in einer Klinik gewesen. Sie würde Frau Kaufmann dazu befragen müssen. Doch wenn sie ehrlich war, scheute sie diese Begegnung.
Als Frau Dr. Dunkelmann am nächsten Morgen das Dienstpersonal nach Lisas Nacht befragte, war sie sehr froh, zu hören, dass Lisa fieberfrei war, einen ruhigen Schlaf gehabt und sogar nach ihr gefragt hatte. Das war ein gutes Zeichen. Auf ihrem Schreibtisch stand ein Blumenstrauß. „Schwester Katrin, von wem sind diese Blumen?“
Die Schwester zeigte auf den Strauß. „Er wurde von einem Boten gebracht. Zwischen den Blumen steckt eine Karte für sie.“
„Danke. Könnten sie jetzt Lisa zu mir schicken?“ Schwester Katrin nickte und verließ das Zimmer.
Die Ärztin öffnete die Karte. Von einem Verehrer! Isst Du mit mir? Ruf mich an. Holger Sie ließ die
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