verwundet (German Edition)
wappnete sich gegen die gefürchtete Frage.
„Wenn du jetzt an deine Mutter denkst, welche Gefühle und Gedanken tauchen da bei dir auf?“
Lisa sah überrascht in die grauen Augen, die sie fragend anblickten. Sie entspannte sich etwas.
Die Ärztin wartete schweigend. Lisa schloss die Augen und versuchte, sich ihre Mutter vorzustellen. Aber es gelang ihr nicht. Nervös fühlte sie die Wärme vom Körper der Ärztin und ihren ruhigen Blick auf sich. Sie schwieg, sah verlegen auf ihre Hände. Mit einem Male war alles wieder anders. Die ganze Unbefangenheit, die sich in den letzten Wochen ergeben hatte, war verschwunden. Sie hob den Blick.
Frau Dr. Dunkelmann sah sie nachdenklich an. Langsam erhob sie sich. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich mich wieder dir gegenüber hinsetze.“
„Nein!“ Lisa war das herausgerutscht, noch ehe sie hatte nachdenken können.
Die Ärztin setzte sich wieder. „Lisa, wenn du nicht mit mir sprichst, kann ich dir nicht helfen. So weit waren wir doch schon.“
„Mir kann niemand helfen!“
*
Harald besuchte Lisa jeden Tag, aber Angelika bekam er nicht zu Gesicht. Er versuchte vorsichtig, Lisa auszufragen, aber diese war wieder in sich gekehrt und ziemlich deprimiert, was ihm selbst nicht gut bekam. Schließlich hielt er es nicht länger aus und fuhr zu Angelikas Wohnung. Als er in ihrer Straße ankam, sah er ihren Fiat, ebenso aber den Mercedes von Rembrandt. Als er wütend vor ihrer Haustür stand und gerade klingeln wollte, öffnete sich die Tür von innen. Rembrandt und Angelikas blonde Freundin Katja aus der Klinik traten heraus. Angelika folgte ihnen. „Hallo Harald.“
„Ich störe wohl gerade?“ war alles, was er heraus brachte.
Angelikas Blick fiel auf den Blumenstrauß, dann sah sie wieder auf Harald. „Heute findet ein Tanzwettbewerb statt. Wir wollten gerade gehen.“
Als er immer noch nichts antwortete, sagte sie. „Holger, Ihr habt euch ja schon gesehen, und Katja Rembrandt, Harald Wiebke.“
Sie reichten sich die Hand. Harald gab seinen Blumenstrauß Angelika und sagte: „Dann wünsche ich viel Erfolg.“
Katja Rembrandt wandte sich an ihn. „Vielleicht haben Sie ja Lust, uns zu begleiten.“
„Ja gerne.“
„Ich stelle noch schnell die Blumen in die Vase und dann können wir los.“ Mit diesen Worten verschwand Angelika im Haus.
Harald und Holger standen sich gegenüber. Einer taxierte den anderen. Harald war etwas verwirrt. War Holger mit der Freundin von Angelika verheiratet? Da kam Angelika auch schon wieder und sagte zu Harald. „Wir fahren mit Holgers Wagen.“
Angelika und Harald saßen im Heck des Wagens, Harald hinter Rembrandt, der ihn während der Fahrt fragte: „Woher kennt Ihr euch eigentlich?“
Harald gab keine Antwort.
Angelika sagte: „Aus der Klinik.“
„Ach, ein Kollege von uns. Was ist Ihr Fach?“
„Wir haben uns nur in der Klinik kennen gelernt.“
„Aha, ein Patient.“
„Holger.“ Ihre Stimme klang verärgert. „Du solltest eigentlich wissen, dass ich nicht privat mit Patienten verkehre.“
„Ja, ja, natürlich.“ Er warf einen Blick in den Rückspiegel. „Wo arbeiten Sie denn?“
„Bei einer Tankstelle.“
„Ach so?“ Rembrandts Ton klang vielsagend.
„Hast du einen Tisch in der Nähe der Tanzfläche bestellt“, wurde er nun von Katja Rembrandt gefragt.
„Ja, natürlich, wie immer, meine Liebe.“
Harald wandte sich zu Angelika, doch diese sah aus dem Fenster. Er wollte seine Hand auf ihre legen, doch sie zog sie weg. Sie griff in ihre Handtasche, nahm eine Karte heraus und reichte sie Katja nach vorne durch. „Die Karte von Brüggenauer, die du haben wolltest.“ Katja bedankte sich. Bald erreichten sie die Stadthalle. Rembrandt lenkte den Wagen auf die für die Wettbewerbsteilnehmer vorgesehenen Parkplätze und parkte geschickt in eine schmale Lücke ein. Als sie das Gebäude betraten, sagte Angelika. „Na, dann bringen wir euch zu eurem Tisch, und dann bleibt uns nur noch, euch viel Spaß zu wünschen.“ Zu viert drängelten sie sich durch die Menge, und bald saßen Harald und Katja an einem kleinen Tisch. Von dort hatten sie einen guten Blick auf die Tanzfläche. Angelika und Holger verschwanden, und Harald fand sich plötzlich alleine mit Katja.
„Sind Sie ein Freund von Angelika?“
Er nickte: „Und Sie sind eine Kollegin?“
„Nicht direkt. Ich bin mit Angelika befreundet und war bis vor einigen Jahren mit Holger verheiratet.“
So, so, die Exfrau also, dachte er. Er
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