Verzaubert!
sich hatte, und wieder verspürte ich seine Hitze, die meinen Körper durchfloss …
Dann graute der Morgen. Meine Abreise stand bevor.
Zu Hause angekommen, war ich in den ersten Tagen viel zu aufgeregt und beschäftigt, um an das Biest zu denken. Mein Vater wurde nach meiner Heimkehr schnell wieder gesund, meine Familie nahm mich in Anspruch, und ehe ich’s mich versah, war der Monat um, und es war Zeit für mich, ins Schloss zurückzukehren.
Zweifellos lassen die Geschichten, die über mich geschrieben wurden, mich undankbar erscheinen, sogar als hätte ich nicht zu meinem Biest zurückkehren wollen. Nichts liegt der Wahrheit ferner als das. Ich vermisste ihn so sehr! Ich wollte nichts lieber, als ins Schloss zurückzukehren, aber meine liebe Mutter brach jedes Mal in Tränen aus, wenn ich dorthin aufbrechen wollte.
So vergingen ungefähr zwei Monate, bis ich eines Nachts aufwachte, weil ich einen schrecklichen Traum vom Schloss und meinem Biest gehabt hatte. In diesem Traum wanderte ich durch die Hallen, stets auf der Suche nach ihm, und fand ihn schließlich in seinem Schlafzimmer. Er lag im Bett, und ich dachte, er würde schlafen. Doch er war tot. Schreiend fuhr ich im Bett hoch. Mein Herz klopfte wild, und nun musste ich wieder an seine Worte denken. Er hatte mir gesagt, dass er sterben würde, sollte ich nicht rechtzeitig zurück sein.
Schneller als der Wind stürzte ich zu meinem Schrank, um meine Sachen zu packen, und noch bevor der Morgen graute, verabschiedete ich mich von meiner traurigen Familie, um meine Rückreise ins Schloss anzutreten. Zu ihm, meinem Biest, meinem Liebhaber. Auf der Reise kreisten meine Gedanken um nichts anderes.
Es war fast Abend, als ich das Schloss erreichte, und mit schnellen Schritten eilte ich durch die düsteren Gänge, bis ich vor seinem Schlafzimmer stand. Zaghaft öffnete ich die Tür und erschrak fürchterlich: Er lag im Bett, genau wie in meinem Traum die Nacht zuvor. Ich eilte zu ihm. Alles in mir war kalt. Ich hatte solche Angst.
“Nein!”, schrie ich, als ich an seine Seite hastete. “Bitte nicht! Du darfst nicht sterben!”
Er wandte seinen Kopf zu mir und sah mir in die Augen, als er meine Stimme hörte. Tränen strömten über mein Gesicht, während ich mich zu ihm hinabbeugte und ihn hingebungsvoll umarmte. “Danke, dass du nicht tot bist”, hauchte ich in sein Ohr.
“Du bist zurückgekehrt”, war alles, was er herausbrachte.
“Ja, ich bin wieder da.” Ich wusste, ich würde ihn nie wieder verlassen.
“Willst du mich heiraten, meine Schöne?”, fragte er mich.
“Ja, mein Biest, das will ich”, wisperte ich und wischte meine Tränen fort. “Ja, ja, ja!”
Im gleichen Moment erstrahlte der Raum in gleißendem Licht, und als ich es wagte, meine Augen wieder zu öffnen, saß ein Mann vor mir, den ich noch nie gesehen hatte. Mein Biest war verschwunden. Erschrocken taumelte ich einige Schritte zurück und starrte den Fremden an.
“Oh meine Schöne”, sagte er liebevoll. “Du hast mich von meinem Fluch befreit.”
In meinen Augen standen immer noch Tränen. Ich blinzelte ihn wie durch einen Schleier an und versuchte die Worte des Mannes zu begreifen. Er erklärte mir, dass er in Wirklichkeit ein verwunschener Prinz war, der durch einen Zauberspruch in das Biest verwandelt wurde. Die grausame Hexe hatte ihm die scheinbar aussichtslose Bedingung auferlegt, erst dann erlöst zu werden, wenn seine wahre Liebe einwilligte, ihn zu heiraten – obgleich sie ihn nur in Gestalt des Biests kannte.
Dieser Fremde ist also mein Biest, dachte ich verblüfft. Ich blickte in sein Gesicht und sah einen wunderschönen Prinzen. Ich konnte mir nicht erklären, warum ich einen Hauch von Enttäuschung verspürte. Mein Biest hatte nie zuvor so glücklich ausgesehen.
Wir heirateten noch am gleichen Tag.
Und jetzt muss ich meine Geschichte beenden, denn es ist schon spät und mein Ehemann, der Prinz, wird mich bald in meinem Schlafgemach aufsuchen, um mir Wonne und Lust zu spenden. Ich sollte für ihn bereit sein, wenn er zu mir kommt.
Aber ich sollte endlich aufhören, in seinen Augen nach dem wilden Glanz zu suchen.
Oder darauf zu lauschen, ob ohrenbetäubendes Gebrüll seiner Kehle entweicht.
Es ist vergebens.
Blaubart
E s war einmal ein mächtiger Mann, der über ein großes Vermögen verfügte, über beträchtlichen Grundbesitz und über Häuser, Schlösser und Burgen. Er blieb nie lange an einem Ort, sondern zog rastlos umher. Oftmals wusste man
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