Verzaubert
mit gutem Gewissen machen konnte.
»Also, Barclay«, begann ich, nachdem er sich offenbar ein bisschen entspannt hatte. »Erzählen Sie mir von der Geburtstagsparty dieses Mädchens.«
Erneut schoss ihm Röte ins Gesicht. »Ach du liebe Güte.« Er sah sich um, als habe er Angst, er würde ausspioniert. Dann beugte er sich vor und flüsterte: »Ich schwöre Ihnen, dass ich es nie wieder tun werde. Verraten Sie nur ja meinem Vater nichts davon.«
»Nun, bevor ich irgendwelche Versprechen machen kann, muss ich sämtliche Details erfahren.«
Er schluckte und fragte: »Wer schickt Sie überhaupt? CIA ? FBI ? National Security Agency? NASA ?«
Mit dem Burschen ging die Phantasie durch. »Ich bin von der Gewerkschaft«, log ich.
»Der Schauspielergewerkschaft?« Ihm versagte die Stimme.
»Abteilung für besondere Ermittlungen.« Also gut, ich übertrieb ein bisschen.
»O mein Gott! Ich werde nie wieder auftreten dürfen, nicht wahr?«, jammerte Barclay.
»Was kümmert es Sie? Sie haben einen guten Job an der Wallstreet. Hübsches Büro, eigene Sekretärin, Spesenkonto …«
»Woher wissen Sie das alles?«, rief er erstaunt.
Natürlich hatte ich nur ins Blaue hinein geraten, aber ich antwortete: »Wir haben da unsere Quellen.«
»Ich schwöre Ihnen, dass ich nicht weiß, was passiert ist. Es war nicht meine Schuld!«
»Erzählen Sie«, forderte ich ihn auf.
»Ich begann gerade, es als Zauberer zu etwas zu bringen«, sagte er traurig. »Meine Show wurde besser und die harte Arbeit zahlte sich endlich langsam aus. Ich wurde sogar zum ersten Mal offiziell gebucht.«
»Offiziell?«
»Sie wissen schon, etwas Großes, nicht bloß ein Auftritt vor Kindern oder alten Schulfreunden.«
»Ah.«
»Diesen Samstag soll ich im Magic Cabaret auftreten. Das hätte mein großer Durchbruch sein können. Was soll ich denn jetzt nur machen?«
»Können Sie nicht allein arbeiten?«
»Nein, eigentlich nicht. Außerdem war die Nummer mit dem Verschwinden mein großes Finale. Ohne sie kann ich doch nicht auftreten.«
Ich sah, dass er den Tränen nahe war, und fragte: »Die Zauberei bedeutet Ihnen viel, oder?«
Er nickte. »Ich hasse es, ein Preston-Cole zu sein! Ich hasse das Bankgeschäft! Alles, was ich je sein wollte, war Zauberer.« Er beugte sich über den Tisch und ergriff meine Hand. »Was wird jetzt mit mir geschehen?«
»Was geschah mit Ihrer Assistentin?«, fragte ich zurück und presste seine Hand. Er zuckte zusammen.
»Sie ist verschwunden, mehr weiß ich nicht! Ich benutze bei diesem Trick ein einfaches, altmodisches Geheimfach. Clarisse schlüpfte an jenem Tag hinein – und kam nie wieder heraus. Dabei habe ich die Kiste keinen Moment aus den Augen gelassen.«
In einem Zug leerte er seine Weißweinschorle zur Hälfte. »Ich nahm das verdammte Teil völlig auseinander, aber Clarisse war wie vom Erdboden verschluckt. Und dann fing die kleine Betsy Broadmore an zu heulen, die Biddle-Bond-Zwillinge gingen mit Fäusten auf mich los und die Nanny schrie in einer Tour, dass sie mich wegen fahrlässiger Gefährdung anzeigen würde.«
»Aha.«
»Aber ich verstehe einfach nicht, was passiert ist. Clarisse und ich haben diesen Trick Dutzende Male geprobt!« Er kippte den Rest seiner Schorle hinunter und schnappte sich dann mein Glas.
»Könnte es sein, dass Clarisse Ihnen einen üblen Streich spielt?«
»Wieso sollte sie? Außerdem war gestern Adelaide Mercers Junggesellinnen-Ausstand – und den hätte Clarisse niemals freiwillig verpasst. Die beiden sind erbitterte Feindinnen.«
Ich zog zwar fragend die Augenbrauen hoch, sah aber über die rätselhaften Sitten der Oberschicht hinweg und fragte: »War sie nervös wegen Ihres ersten richtigen Engagements – dem Auftritt im Magic Cabaret?«
»Nein, sie hat sich sogar darauf gefreut. Sie überlegte die ganze Zeit, welche Frisur und welches Make-up sie tragen sollte.«
Ich suchte weiter nach einem Anhaltspunkt und fragte: »Sie sagten, Ihr Vater wisse nichts von dem, was passiert ist?«
Barclay leerte meinen Wein. »Er weiß nicht einmal, dass ich auftrete. Ich habe ihm versprochen, nach meinem Abschluss in Yale damit aufzuhören.«
»Was ist mit Clarisses Familie? Die machen sich doch sicher Sorgen.«
»Die Stauntons? Die sind noch in Europa.« Er lief schon wieder rot an. »Sie haben eine ziemlich große Wohnung, aber vermutlich wird ihnen nach der Rückkehr trotzdem auffallen, dass Clarisse nicht mehr da ist. Was soll ich ihnen bloß sagen?«
»Das ist
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