Verzaubert
blonde Perücke, kräftiges Make-up, das meine vollen Lippen betonte, eine dunkle Sonnenbrille und schließlich ein in der Taille eng gegürteter Regenmantel im Leopardenlook mit hohem Kragen.
Als ich wieder zu den anderen trat, fragte Satsy erstaunt: »Für wen hast du dich so aufgedonnert?«
»Für niemanden«, widersprach ich. »Ich bin inkognito unterwegs.«
»Wow!« Dixie riss die Augen auf. »So wie jemand Berühmtes?«
»Ich muss Herlihys Glaskiste untersuchen, während sie repariert wird, und kann es nicht riskieren, dabei von bestimmten Leuten erkannt zu werden – von meiner Produzentin zum Beispiel.« Ich drehte mich einmal um die eigene Achse und stellte mich dann in Positur. »Würdet ihr mich erkennen, wenn wir uns auf der Straße begegneten?«
»Nein«, sagte Dixie und klang, als hoffe sie, damit die richtige Antwort zu geben.
»Niemals«, versicherte Satsy. »Ich hätte nie gedacht, dass du auf dieses Leopardenmuster stehst.«
»Barclay?«, fragte ich.
»Nein, du siehst sexy aus!«
Ich bemühte mich, seine Antwort als Kompliment aufzufassen, und sagte, dass ich in etwa einer Stunde zurück sein würde. Dann verließ ich die Buchhandlung, ging rüber zur Hudson Street und hielt ein Taxi an. Auf gar keinen Fall würde ich auf diesen Absätzen bis zu Magic Magnus’ Geschäft laufen.
Falls Matildas Aussage stimmte, dass die Reparatur der Glaskiste für Magnus erste Priorität hatte und er schnell genug arbeitete, konnte mich das in eine äußerst schwierige Situation bringen. Ich hoffte, Magnus dazu bewegen zu können, Matilda die Kiste erst zu geben, wenn wir unser mysteriöses Problem gelöst hatten. Immerhin würde er auf jeden Fall für seine Arbeit bezahlt werden, aber ich wäre meinen Job los, sollte die Kiste vor mir wieder auf der Bühne stehen. Außerdem hatte Magic Magnus mir bei meinem letzten Besuch das Gefühl vermittelt, mich zu mögen. Und ich hielt es für unwahrscheinlich, dass irgendjemand außer Joe Matilda mochte. Es bestand also die berechtigte Hoffnung, dass ich ihn zur Kooperation überreden konnte. Insbesondere wenn ich, wie Barclay fand, in meinem Outfit sexy aussah.
Besorgter denn je, meiner Produzentin zu begegnen, ließ ich mich von dem Taxi einen Block entfernt vom Laden absetzen und ging vorsichtig darauf zu. Vor dem Schaufenster blieb ich stehen und spähte hinein, um sicherzugehen, dass außer Magnus niemand dort war, den ich kannte – und schrak zurück.
Gütiger Gott! Lopez. Die absolut letzte Person, mit der ich gerechnet hatte. Was suchte
er
hier?
Mir wurde bewusst, dass ich mich ziemlich auffällig verhielt, also tat ich rasch so, als würde ich mir die Auslage ansehen. In Wahrheit beobachtete ich den Detective. Er redete mit Magnus, der nickte und gestikulierte, woraufhin sich Lopez Notizen machte. Keiner von beiden schien mich zu bemerken.
Die Polizei ermittelte also noch in diesem Fall! Ich griff nach meinem Handy, um Max zu benachrichtigen. Mittlerweile musste er wieder in der Buchhandlung sein. Ich zögerte. Was sollte ich sagen? Würde ich Max nicht nur unnötig beunruhigen? Ich brauchte mehr Informationen. Weshalb war Lopez wieder an dem Fall dran – oder war er es immer noch? Bei meiner letzten Begegnung mit ihm hatte ich den Eindruck gehabt, dass er sich nicht weiter darum kümmern würde, solange keine neuen Beweise auftauchten. »Neue Beweise …«, murmelte ich. War er deshalb hier? Wusste er mehr als wir?
Ich musste es herausfinden.
Mich auf meine Verkleidung und meine Schauspielkunst verlassend, betrat ich das Geschäft. Beide Männer sahen mich an. Magnus’ Augen musterten mich interessiert. Lopez warf mir nur einen kurzen Blick zu und fuhr dann fort, den rothaarigen Riesen zu befragen.
»Ich bin in wenigen Minuten bei Ihnen, Miss!«, rief Magnus.
»Lassen Sie sich Zeit«, antwortete ich mit betont piepsiger Stimme.
Während ich mich umschaute, belauschte ich die beiden. Anscheinend hatte Matilda die Zerstörung der Kiste der Polizei gemeldet. Fast hätte ich mir vor die Stirn geschlagen. Natürlich! Eine mutwillige Beschädigung dieser Größenordnung musste sie natürlich zur Anzeige bringen, und es lag nahe, sich an jenen Cop zu wenden, der ihr seine Visitenkarte dagelassen hatte.
Verdammt!
Es war notwendig gewesen, die Kiste zu zerstören, diese Entscheidung stellte ich im Nachhinein nicht in Frage. Allerdings war mir unwohl dabei, dass wir so Lopez’ Aufmerksamkeit auf den Fall gelenkt hatten. Selbst wenn er weiterhin
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