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Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Mätresse verrotten, während er in die elegante Welt der Salons
und Bälle zurückkehrte – eine Welt, die sie niemals kennen lernen sollte.
    Mit
zitternden Händen zündete Gwendolyn der Reihe nach jede
einzelne Kerze an. Sie war wütend auf ihren gesichtslosen Entführer und noch
zorniger auf sich selbst, dass sie sich in seinen Bann hatte ziehen lassen.
    Sie sah
sich um. Dank seiner Großzügigkeit mangelte es ihr nicht an Gegenständen, die
sie ihm über den Kopf ziehen konnte, wenn er das nächste Mal durch die
vertäfelte Tür stolzierte. Doch er schien ihre Gesellschaft nun ebenso stark zu
meiden, wie er sie vormals gesucht hatte.
    Ihr Blick
fiel auf das halb verzehrte Abendessen. So, der Lord Drache glaubte also, er
könne mit großzügigen Geschenken und einschmeichelnden Worten auf sündteurem
Papier um ihre Gunst buhlen? Nun, dann war es an der Zeit, ihm beizubringen,
dass Gwendolyn Wilder aus härterem Holz geschnitzt war.
    Tupper trat in das Vorzimmer des Verließes
und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. Der Drache fuhr fort, Notizen in das
ledergebundene Wirtschaftsbuch einzutragen. Seine Handschrift war ein
leidenschaftliches Gekritzel, aber die präzisen, übersichtlichen Zahlenreihen
hätten von einer alten Jungfer sein können.
    »Ich habe
doch gesagt, ich bin nicht hungrig, Tup.« Er blätterte die Seite um, ohne
aufzusehen. »In dieser zugigen alten Gruft friert man bis auf die Knochen. Mein
Umhang geht mir ab. Hast du ihn irgendwo gesehen?«
    »Keine
Ahnung, wo er abgeblieben ist«, erwiderte Tupper. Er räusperte sich nervös,
bevor er das Tablett auf das Wirtschaftsbuch schob. »Sieht aus, als wärst du
nicht der Einzige, der keinen Hunger hat.«
    Der Drache
begutachtete das unberührte Tablett eingehend, bevor er zu Tupper aufsah. »Ist
sie krank?«
    Tupper
schüttelte den Kopf. »Sie sieht nicht so aus. Aber das ist die sechste
Mahlzeit, die sie verweigert.«
    »Zwei
Tage«, der Drache schob sich vom Tisch weg, »zwei Tage ohne Essen. Was spielt
sie für ein Spiel?«
    »Ein
gefährliches, wenn du mich fragst. Ich komme nicht umhin zu bemerken, dass sie
heute Abend fahl war und fast gestrauchelt wäre, hätte ich sie nicht am
Ellbogen gefasst.«
    Der Drache
strich sich mit klammen Fingern das Haar aus der Stirn.
    Seine
Schlaflosigkeit trug nur wenig dazu bei, seine quecksilbrigen Stimmungen zu
dämpfen. Sein erster Reflex war, das Tablett zu packen, hinaufzugehen und ihr
eigenhändig Bissen für Bissen in den Mund zu stopfen. Er entschied sich, bei
seinem ersten Reflex zu bleiben, stand auf und ergriff das Tablett.
    Tupper
hielt ihn auf. »Die Sonne ist noch nicht untergegangen. Es ist noch nicht ganz
dunkel.«
    Der Drache
sank fluchend in seinen Stuhl zurück. Seine Rolle zwang ihn, wie ein Raubtier
die Nacht abzuwarten, damit er seiner Beute auflauern konnte.
    »Wo willst
du hin?« Er warf Tupper einen finsteren Blick nach.
    »Weg, die
Dörfler terrorisieren. Ich dachte für heute Abend ans Dudelsackspielen und
wollte schön früh anfangen.«
    »Früh
anfangen und spät aufhören, was? Du hast deine Pflichten neulich mit
empfehlenswertem Eifer in Angriff genommen. Ich habe dich erst nach
Mitternacht zurückkommen hören.«
    »Weißt du,
sie sagen ›Des Teufels Arbeit ist nie getan‹«, deklamierte Tupper mit
engelsgleichem Lächeln, als er zur Tür hinausging.
    »Nein,
vermutlich niemals«, murmelte der Drache finster entschlossen. Er schnappte
sich ein Biskuit und schnalzte es in den Mund.
    Gwendolyn
hatte den Drachen
schon erwartet, aber sie fuhr trotzdem hoch, als die Tür gegen die Wand
knallte. Sie schmiegte sich ans Kopfende. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Der
Mond war schon an ihrem Fenster vorbeigewandert, und sie konnte kaum mehr
erkennen als eine bedrohliche Gestalt, die aus der tiefen Dunkelheit
auftauchte. Sein rasselnder Atem warnte sie, dass er, wäre er ein echter Drache,
mit einem Feuerstoß die Haarsträhnen, die ihrer Nachthaube entwischt waren,
angesengt hätte.
    Er setzte
etwas auf dem Tisch ab, dann wandte er sich ihr zu. Noch im Dunkeln war seine
Anwesenheit so spürbar wie seine Berührung. Sie wurde das Gefühl nicht los, er
könne im Dunkeln sehen – einfach sehen, wie ihre Halsschlagadern pulsierten
und ihre Brüste vom mühsamen Luft-holen unstet wogten.
    Gwendolyn
wusste, dass sie das gespannte Schweigen brechen musste. »Guten Abend, Mylord
Drache. Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?«
    »Ihre
eigene Torheit. Tupper sagt, Sie haben seit zwei

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