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Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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den
rettenden Weg.
    Wäre sie
nicht so töricht gewesen, an etwas derart Unmögliches wie einen Drachen zu
glauben, dann stünde sie nicht hier und bräuchte nicht darauf zu warten, vom
Mob zerrissen zu werden. Aber sie bedauerte keinen einzigen Kuss und nicht eine
Berührung.
    Ein starker
Arm umfing sie von hinten wie ein warmer Kokon. Gwendolyn stieg der Duft von
Sandelholz und Gewürzen in die Nase. Jubel brandete durch ihre Adern.
    Der Drache
war zu ihr zurückgekommen, wie er es versprochen hatte.
    Als er mit
ihr ins Licht trat, wichen die Dörfler entsetzt glotzend zurück. Gwendolyn
konnte es ihnen nicht verdenken. Die spiegelblanke Pistole in seiner Hand ließ
die rostigen Schwerter und uralten Dolche wie das Spielzeug verzogener Kinder
aussehen, die Soldat spielen.
    Als er
sprach, tat er es nicht in knappem nüchternem Englisch, sondern im singenden,
leidenschaftlichen Dialekt seiner Heimat. »Ihr tut gut daran, diesen Burghof
jetzt zu verlassen, wenn ihr ihn lebend verlassen wollt. Es wird hier kein Drachenköpfen
und kein Hexenverbrennen geben, solange ein
MacCullough Herr und Gebieter auf Weyrcraig Castle ist.«

TEIL II
    Wie süß
zog ich durch Felder hin und kostete des Sommers Glanz, bis mir der Liebe Fürst
erschien in Sonnenglast und Strahlentanz!
    William
Blake

18
    Gwendolyn erstarrte förmlich in des Drachen
Arm und versuchte, den Schock zu verdauen, den die Stimme, die sie nie mehr zu
hören geglaubt hatte, ihr bereitete. Zu viele durchzechte Nächte und unzählige
Zigarren hatten ihr seinen rauchigen Bariton fremd werden lassen, aber da war
dieser Unterton, der ihr vertraut war wie der eigene Herzschlag.
    Ross war so
bleich, als habe er ein Gespenst gesehen, aber der muskulöse Arm, der um
Gwendolyns Taille geschlungen lag, war beileibe nicht der eines Geistes.
    Die Zeit
schien rückwärts zu laufen und Gwendolyn zu dem verschwommenen Moment vor zwei
Wochen zurückzubringen, als sie zum ersten Mal hier im Burghof gestanden
hatte. Der Drache hatte mit wehendem Umhang sein Versteck verlassen und
silbrigen Dampf aus seinen Nüstern geschnaubt. Unfähig, ihren Blick abzuwenden,
hatte sie mitangesehen, wie sein Gesicht – dieses schöne, schreckliche und
ganz unmögliche Gesicht – sich aus dem Schatten gelöst hatte.
    Ihr
logischer Sachverstand hatte ihr jede Erinnerung verboten. Bis zu dieser
Sekunde.
    Sie drehte
sich langsam zu ihm um.
    Und sah
sofort, wie dumm es gewesen war, Bernard MacCullough für einen normal
Sterblichen zu halten. Mochten seine smaragdgrünen Augen auch teuflisch
funkeln, sein Gesicht war von der Furcht einflößenden Schönheit eines Erzengels.
Zerzauste dunkle Locken, im Nacken achtlos mit einem schwarzen Samtband
zusammengebunden, milderten die strengen Züge. Sein unnachgiebiges Kinn war wie
ein Kontrapunkt zu seinem wehmütigen Mund, der nichts Frömmelndes hatte,
sondern für irdischeres Vergnügen gemacht zu sein schien und auch die
tugendhafteste Frau in Versuchung geführt hätte.
    Kein
Muttermal, keine Narbe und keine Deformation verdarb die Schönheit seines
Gesichts; nur Sonne, Wind und Zügellosigkeit
hatten über die Jahre ihre Spuren hinterlassen.
Gwendolyn konnte nicht umhin, ihre Fingerspitzen über seine Stirnfalten gleiten
zu lassen, über die Krähenfüße in seinen
Augenwinkeln und die tiefen Furchen an seinem Mund. Die Zeichen seiner
Verletzlichkeit taten ihm keinen Abbruch, sie machten ihn nur noch betörender.
    Gwendolyn
zog ruckartig die Hand weg. Sie fühlte sich in tiefster Seele betrogen, weil
ihr geliebter Drache kein Biest war,
sondern eine Schönheit. Sie hatte sich stets für klug gehalten, aber er hatte
sie als eine vollkommene Närrin hingestellt.
    Sie konnte
ihn weder ansehen noch den Blick von ihm wenden, also entzog sie sich seiner
Umarmung.
    Er war
nicht mehr der schlaksige Junge ihrer Erinnerung. Schmalhüftig zwar, aber
größer und breitschultriger, als sie es sich je
vorgestellt hätte. Er hatte seine Stiefel noch nicht wieder
angezogen, und sein Hemd hing offen über der beeindruckenden Brust, doch sein
derangiertes Äußeres betonte die
Kraft, die in ihm steckte, nur umso mehr. Die geladene Pistole lag ihm in der
Hand, als sei er ein geborener Schütze.
    Gwendolyn
wich weiter zurück und versuchte dem Unvermeidlichen zu entgehen. Doch er
hatte sein Augenmerk nicht mehr auf den Pöbel gerichtet, sondern auf sie und
packte sie mit der freien Hand am Handgelenk. Sein Blick wurde dunkler. Er sah
ihr fragend ins Gesicht. »Ich konnte

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