Verzaubertes Verlangen
als seine Ernüchterung ihr gegenüber einsetzte, gelang es ihm endlich, die Formel zu entschlüsseln.«
»Und er entdeckte die Passage am Ende des Notizbuches, die die Warnung enthielt, dass das Elixir des Alchemisten tatsächlich ein schleichendes Gift wäre, das einen Menschen in den Wahnsinn trieb, wenn er nicht gleichzeitig das Gegengift einnahm«, sagte Gabriel.
»Die Passage in dem Notizbuch verriet, dass das Rezept für das Gegengift auf dem Deckel der Truhe zu finden war«, erklärte Hippolyte. »Also hat Stilwell die beiden Männer nach Arcane House geschickt, um sie zu stehlen.«
Montrose nickte düster. »Stilwell kannte den Standort
von Arcane House und wusste genau, wo im Innern das Museum lag, denn sein Vater hatte diese Dinge als Mitglied des Rats natürlich gewusst und seinem Sohn davon erzählt.«
»Ich konnte den Diebstahl der Truhe vereiteln«, sagte Gabriel, »aber ich erkannte, dass der Dieb rücksichtslos entschlossen war und aufgehalten werden musste. Also habe ich die Truhe in die Krypta von Arcane House bringen lassen und dann verbreitet, die Truhe wäre bei einem Feuer im Haus zerstört worden, in dessen Flammen auch ich den Tod gefunden hätte. Ich dachte, es würde den Schurken verleiten, alle Vorsicht fahren zu lassen und aus seinem Versteck zu kommen. Stattdessen blieb er wieder im Verborgenen.«
Hippolyte umfasste seine Tasse mit beiden Händen. »Stilwell schreibt in seinen Aufzeichnungen, dass er durchaus an Gabriels Tod zweifelte, wahrscheinlich gerade weil er selbst seinen Tod vorgetäuscht hatte und wusste, wie leicht dies war. Nichtsdestotrotz nahm er aber an, bei seiner Suche nach dem Gegengift gescheitert zu sein. Er entschied, seine Bemühungen, es zu finden, aufzugeben.«
Venetia rümpfte die Nase. »Und dann ist plötzlich eine gewisse Mrs. Jones auf der Londoner Bildfläche aufgetaucht, eine Witwe, die noch dazu Fotografin war. Stilwells Argwohn war sofort geweckt, nicht nur, weil ich den Namen Jones benutzte, sondern auch, weil er wusste, dass jüngst eine Fotografin engagiert worden war, um die Antiquitätensammlug in Arcane House aufzunehmen. Und dann war da noch die Tatsache, dass Gabriel angeblich tot war und ich mich aller Welt als Witwe präsentierte.«
»Diese Kombination von Zufällen weckte seinen Jagdinstinkt«,
pflichtete Gabriel bei. »Genau wie sie meinen weckten. Stilwell dachte, dass wenn Venetia die Sammlung fotografiert hatte, es auch ein Bild von der Truhe geben könnte, das er benutzen konnte, um die Formel für das Gegengift zu entschlüsseln. Doch er wusste auch, dass die Arcane Society niemals zugelassen hätte, dass der Fotograf Abzüge der Bilder behielt, von den Negativen ganz zu schweigen. Dennoch hielt er es für lohnend, Venetia im Auge zu behalten.«
»Also hat er Harold Burton angeheuert, um sie eine Weile zu beschatten, damit er herausfinden konnte, was los war«, sagte Amelia.
Beatrice runzelte die Stirn. »Woher wusste er, dass eine Fotografin in Arcane House Bilder aufgenommen hatte?«
»Sie dürfen nicht vergessen, dass Stilwell den Standort von Arcane House kannte«, sagte Gabriel. »Die beiden Männer, die er geschickt hatte, um die Truhe zu stehlen, hatten die Abtei ein, zwei Tage lang von einem nahegelegenen Hügel aus beobachtet. Mit Hilfe eines Fernglases hatten sie gesehen, wie Venetia einige der Gegenstände draußen auf der Terrasse fotografiert hatte.«
»Ich ziehe, wenn immer möglich, natürliches Licht vor«, bemerkte Venetia grimmig.
»Nun, jedenfalls hat der Eindringling, der in jener Nacht entkommen konnte, Stilwell berichtet, dass eine Fotografin im Haus gewesen war«, fuhr Gabriel fort.
Hippolyte schüttelte angewidert seinen Kopf. »John Stilwell betrachtete sich als einen modernen Mann der Wissenschaft. Er war fasziniert von Mr. Darwins Theorien, weil er glaubte, sie würden seine Überzeugung bestätigen, dass er von Natur aus überlegen sei. Ein tragischer Irrtum.«
»Das kann man wohl laut sagen«, bemerkte Edward mit makabrer Schadenfreude. »Man muss sich nur mal anschauen, welches Schicksal ihn ereilt hat. Am Ende wurde der mächtige Mr. Stilwell von einer unbedeutenden Schlange abgemurkst.«
Alle schauten ihn an.
Gabriel fing an zu lachen. »Treffend bemerkt, Edward. Wirklich treffend bemerkt.«
»Alles in allem ein interessantes Beispiel für das empfindliche Gleichgewicht der Natur«, sinnierte Beatrice. »Wie es scheint, ist diese Sache mit der Evolution wohl um einiges komplizierter, als
Weitere Kostenlose Bücher