Verzaubertes Verlangen
Gründen, die er uns anderen nie erklärt hat, zurücktrat. Er besaß einige der gleichen übersinnlichen Gaben, über die auch sein Sohn verfügte. Wichtiger ist jedoch, dass er von den persönlichen Geheimcodes des Gründers besessen war.«
»Was ist aus ihm geworden?«, fragte Amelia.
Hippolyte seufzte. »Ich muss leider gestehen, dass Ogden Stilwell selbst in einer Gesellschaft, deren Mitglieder allesamt
Exzentriker sind, für seine Exzentrizität berüchtigt war. Gegen Ende seines Lebens wurde er zunehmend zum Einsiedler, zerfressen von Angst und Paranoia. Er verlor den Kontakt zu all seinen Bekannten in der Gesellschaft. Schließlich hörten wir von seinem Tod und vermerkten ihn in unseren Unterlagen.«
»Was ist mit seinem Sohn, diesem John Stilwell?«, fragte Beatrice.
»Genau da wird die Geschichte kompliziert«, sagte Montrose. »Aus unseren Unterlagen geht hervor, dass Ogden Stilwell einen Sohn namens John hatte, der vor fast einem Jahr an Schwindsucht gestorben ist.«
»Kurz bevor er Caleb und mir zum wiederentdeckten Labor des Alchemisten folgte und die Formel für das Elixir stahl«, sagte Gabriel. »Er hat seine Spuren bestens verwischt. Caleb und ich haben natürlich nach einem Verdächtigen mit Verbindungen zur Arcane Society gesucht, der noch munter und lebendig war.«
»Stilwell hat dann zusätzlich seine Spuren verwischt, indem er Lord Ackland ermordet und dessen Identität angenommen hat«, fuhr Montrose fort.
»Warum hat er das getan?«, fragte Amelia.
Hippolyte sah sie an. »Zum Teil, weil er eine Identität brauchte, die keinerlei Verbindung zu seiner eigenen hatte. Er erreichte dies, indem er sich in einen senilen Tattergreis verwandelte. Doch es gab noch einen anderen Grund, weshalb er Ackland als sein Opfer auswählte.«
»Der älteste Grund der Welt«, bemerkte Marjorie forsch. »Geld. Als Stilwell zu Lord Ackland wurde, erhielt er selbstverständlich Zugriff auf Acklands Vermögen.«
»Er brauchte das Geld, um seine Experimente durchzuführen«,
sagte Gabriel. »Aber es bereitete ihm auch ein perverses Vergnügen, sich unentdeckt in der gehobenen Gesellschaft zu bewegen. Er sah sich als Wolf im Schafspelz. Ein Jäger, der unbemerkt inmitten seiner Beute umherpirscht.«
»Wie hat er Rosalind Fleming kennengelernt?«, fragte Beatrice.
Gabriel hatte sich vor dieser Frage gefürchtet. Er stärkte sich mit einem weiteren Schluck Kaffee und stellte seine Tasse ab. Angestrengt bemühte er sich, Venetia nicht anzusehen.
»Stilwell betrachtete sich als einen überlegenen, höher entwickelten Menschen. Er sah es als seine Pflicht an, Nachkommen hervorzubringen, die mit etwas Glück seine übersinnlichen Kräfte erbten. Daher war er auf der Suche nach einer würdigen Gefährtin.«
»Hmm.« Hippolyte wurde nachdenklich. »Das ist absolut verständlich, schätze ich.«
Gabriel blitzte ihn wütend an. Hippolyte blinzelte und wurde dann rot.
»Der Mann war natürlich wahnsinnig«, fügte Hippolyte eilig hinzu.
Gabriel seufzte und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Stilwell suchte unter den Hunderten von Frauen in London, die behaupten, übersinnnliche Kräfte zu besitzen, nach einer passenden Gefährtin. Im Verlauf seiner Suche stieß er auf die Frau, die wir als Rosalind Fleming kennen. Sie nannte sich damals noch Charlotte Bliss.«
Edward machte große Augen. »Besitzt Mrs. Fleming auch übersinnliche Kräfte?«
»Wir sind uns nicht sicher«, gestand Gabriel. »Und ebenso
wenig war Stilwell sich letztendlich sicher. Er schreibt allerdings, dass sie mit ziemlicher Gewissheit eine begabte Hypnotiseurin ist.«
»Stilwell kam letztendlich zu dem Schluss, dass sie über rudimentäre paranormale Fähigkeiten verfügte, die ihr größere Macht beim Hypnotisieren verliehen«, fügte Hippolyte hinzu. »Doch er war überzeugt, dass ihre Fähigkeiten nur schwach entwickelt waren.«
»Jedenfalls gelang es ihr zumindest für eine Weile, ihn von ihren Fähigkeiten zu überzeugen«, fuhr Gabriel fort. »Er war zutiefst beeindruckt von einigen Demonstrationen ihres sogenannten Gedankenlesens und kam zu dem Schluss, dass sie eine ausgezeichnete Gefährtin abgeben würde. Mrs. Fleming für ihren Teil war begeistert, einen wohlhabenden Galan an Land gezogen zu haben, auch wenn sie so tun musste, als wäre er alt und tattrig.«
»Zu Mrs. Flemings Pech begann Stilwell ihre angeblichen übersinnlichen Kräfte anzuzweifeln«, griff Hippolyte den Faden auf. »Ungefähr um die gleiche Zeit herum,
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