Verzaubertes Verlangen
erleichtert bin.«
Sie verspürte den unwiderstehlichen Drang, sich in seine Arme zu werfen, ihn zu berühren und seinen Duft einzuatmen; in dem herrlichen, unfassbaren Wissen zu schwelgen, dass er noch am Leben war. Doch sie war wie gelähmt von der dräuenden Katastrophe.
Sie schluckte schwer. »Der Artikel in der Zeitung …«
»Enthielt einige faktische Irrtümer. Glauben Sie nicht alles, was Sie in der Zeitung lesen, Mrs. Jones.«
»Gütiger Himmel.« Sie musste all ihre Willenskraft aufbieten, um die Fassung zu wahren und ihre Beine zu zwingen, sie bis zum Schreibtisch zu tragen. Dort angekommen, sackte sie in den Schreibtischsessel. Sie konnte ihren Blick einfach nicht von Gabriel Jones losreißen. Er lebte . »Ich muss zugeben, Sir, dass ich glücklich bin, Sie bei bester Gesundheit zu sehen.«
»Vielen Dank.« Er blieb, wo er war, eine dunkle Silhouette vor dem Fenster. »Verzeihen Sie mir, Madam, aber ich sehe mich genötigt, Sie zu fragen, ob Sie … wohlauf sind?«
Sie blinzelte verwirrt. »Ja, selbstverständlich. Auch ich erfreue mich bester Gesundheit, danke der Nachfrage.«
»Verstehe.«
Schwang da ein Unterton von Enttäuschung in seiner Stimme mit?
»Hatten Sie erwartet, dass ich unter irgendeiner Unpässlichkeit leide?«, fragte sie verdutzt.
»Ich habe mir Sorgen gemacht, unsere letzte Begegnung könnte möglicherweise gewisse Nachwirkungen gehabt haben«, erklärte er ernst.
Etwas verspätet dämmerte ihr, dass er sich gefragt hatte, ob sie schwanger sei. Heißes Blut schoss ihr in die Wangen, doch dann lief ihr sogleich ein kalter Schauder über den Rücken.
»Ich vermute, Sie fragen sich, warum ich mir Ihren Nachnamen geborgt habe«, flüsterte sie.
»Ich kann gut verstehen, warum Sie sich in der Geschäftswelt als Witwe ausgeben. Eine kluge Entscheidung, angesichts der Einstellung der Gesellschaft unverheirateten Frauen gegenüber. Doch ja, ich muss gestehen, dass ich neugierig bin, warum Sie gerade meinen Nachnamen gewählt haben. War es schlicht Bequemlichkeit?«
»Nein.«
»War es, weil Sie meinten, Jones sei ein so häufiger Name, dass niemand die Verbindung ziehen würde?«
»Das war es nicht allein.« Sie umklammerte mit ihrer rechten Hand einen Federhalter. »Um ehrlich zu sein, ich habe die Wahl aus sentimentalen Gründen getroffen.«
Er zog seine dunklen Brauen hoch. »Ach ja? Aber ich dachte, Sie hätten mir gerade zu verstehen gegeben, dass es nichts von persönlicher Natur zu verbergen gab.«
»Es war Ihre Entscheidung, mich als Fotografin für die Sammlung in Arcane House zu engagieren. Das großzügige Honorar, das ich dafür erhalten habe, hat es uns erlaubt, unser
Atelier hier in London zu eröffnen. Ich fand, Ihren Namen anzunehmen, wäre eine angemessene Ehrung.«
»Eine Ehrung.«
»Eine sehr persönliche, ganz private Ehrung«, betonte sie. »Niemand außerhalb der Familie weiß etwas davon.«
»Verstehe. Ich kann mich nicht erinnern, dass je zuvor jemand auf den Gedanken gekommen wäre, mich für die schlichte Tatsache zu ehren, dass ich eine Rechnung im Voraus beglichen habe.«
Seine tiefe, sonore Stimme bereitete ihr unerwartet eine Gänsehaut. Er klang nicht amüsiert.
Sie legte den Federhalter auf die Schreibtischunterlage, beugte sich vor und faltete ihre Hände. »Mr. Jones, bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen versichere, dass ich diese ganze Situation zutiefst bedauere. Es ist mir bewusst, dass ich keinerlei Recht hatte, mir Ihren Nachnamen anzueignen.«
»Aneignen ist unter den Umständen eine interessante Wortwahl.«
»Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass das Problem, vor dem wir hier stehen, niemals aufgetreten wäre, wenn Sie darauf verzichtet hätten, jenem Korrespondenten des Flying Intelligencer ein recht ausführliches Interview zu geben.«
»Otford?«
»Darf ich fragen, warum Sie mit ihm gesprochen haben? Hätten Sie Stillschweigen gewahrt, hätte niemals jemand etwas von dieser Sache erfahren müssen. Es gibt jede Menge Joneses auf der Welt. Niemand hätte eine Verbindung zwischen uns beiden hergestellt.«
»Ich fürchte, dass wir uns auf diese Annahme leider nicht verlassen können.«
»Machen Sie sich nicht lächerlich.« Sie spreizte ihre Finger.
»Wenn Sie nicht mit der Presse gesprochen hätten, hätte niemand der zufälligen Namensgleichheit irgendeine Beachtung geschenkt. Leider hielten Sie es für nötig, jenem Reporter zu erklären, Sie würden mit inbrünstiger Sehnsucht der Wiedervereinigung mit Ihrer Frau,
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