Verzaubertes Verlangen
Fotografin zum Trotz, nicht die leiseste Ahnung hatte, welch verführerische Herausforderung sie darstellte, wenn sie sich in den Farben der Nacht kleidete.
Manche Männer mochten von der weiblichen Entschlossenheit und Zielstrebigkeit, die sie ausstrahlte, abgeschreckt werden, dachte er. Doch diese Eigenschaften erregten ihn ebenso wie der Anblick jenes wohlgeformten zarten Knöchels.
»Haben Sie schon irgendwelche Fortschritte beim Aufspüren des Diebes gemacht?«, fragte sie.
Offensichtlich zweifelte sie an seinen Fähigkeiten diesbezüglich, ging es ihm durch den Sinn.
»Ich muss leider zugeben, dass ich der Lösung noch keinen Schritt näher bin als in jener Nacht, als die Diebe versuchten, die Truhe aus Arcane House zu stehlen«, gestand er.
Sie schloss einen Moment lang die Augen. »Das hatte ich befürchtet.«
»Die vergangenen drei Monate haben mein Cousin und ich uns bei unseren Nachforschungen von der Theorie leiten lassen, dass der versuchte Diebstahl von einem bislang unentdeckt gebliebenen Mitglied der Arcane Society organisiert wurde. Doch ich fange an, selbst an dieser Annahme zu zweifeln. Leider habe ich es, so es sich tatsächlich um jemanden außerhalb der Gesellschaft handeln sollte, mit bedeutend mehr potentiellen Verdächtigen zu tun.«
»So viele sind es nun auch wieder nicht. Ich möchte bezweifeln, dass es viele Leute gibt, die überhaupt je von Ihrem Alchemisten gehört haben, von der Entdeckung seines Labors ganz zu schweigen. Und es dürfte noch weniger geben, die auch nur einen Pfifferling für ein zweihundert Jahre altes Notizbuch geben würden.«
»Ich kann nur hoffen, dass Sie Recht haben.« Er sah ihr eindringlich in die Augen, in der Hoffnung, ihr den Ernst der Lage bewusst zu machen. »Venetia, ich muss Ihnen gestehen, dass ich ganz und gar nicht glücklich darüber bin, dass Sie in diese Sache hineingezogen wurden.«
»Ich selbst bin auch nicht gerade begeistert davon. Wie Sie vielleicht bemerkt haben, habe ich ein Geschäft, um das ich mich kümmern muss, Mr. Jones. Ich kann es mir nicht leisten, in einen Skandal verwickelt zu werden, schon gar nicht, wenn es dabei um Alchemie, Mord und einen toten Ehemann geht, der die Geschmacklosigkeit besessen hat, aus dem Grab zurückzukehren. Ich wäre ruiniert. Und wenn ich ruiniert bin, ist auch meine Familie ruiniert. Verstehen Sie das, Sir?«
»Ja. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich mein Bestes tun werde, um Ihren Ruf zu schützen, bis diese Sache bereinigt ist, aber verlangen Sie nicht von mir, Sie oder Ihre Familie im Stich zu lassen. Die Situation ist einfach zu gefährlich.«
»Weshalb genau befinde ich mich denn in Gefahr?«, fragte sie aufgebracht.
»Weil Sie entschieden haben, sich aller Welt als die Witwe von Gabriel Jones zu präsentieren.«
»Wenn Sie nicht mit diesem Reporter gesprochen hätten –«
»Venetia, ich habe mit dem Reporter gesprochen, weil ich schnell handeln musste. Sobald ich herausgefunden hatte, was Sie getan haben, blieb mir keine andere Wahl, als unverzüglich etwas zu unternehmen, um Sie zu beschützen.«
»Vor wem?«, wollte sie wissen.
»Vor der Person, die die Formel gestohlen und versucht hat, auch die Truhe zu stehlen.«
»Warum sollte sich der Schurke für mich interessieren?«
»Weil«, sagte Gabriel betont gedehnt, »der Schurke, wenn er gewahr wird, dass es Sie gibt, und er Sie mit mir in Verbindung bringt, höchstwahrscheinlich vermuten wird, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Er wird sich zweifellos fragen, ob er noch gejagt wird.«
Sie runzelte ihre anmutige Stirn. »Gejagt? Das ist eine seltsame Wortwahl.«
Gabriel biss die Zähne zusammen. »Das Wort ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass wir davon ausgehen müssen, dass der Schurke früher oder später auf Sie aufmerksam werden wird. Es ist nur eine Frage der Zeit. Es gibt zu viele verräterische Hinweise.«
»Was sollte er denn von mir wollen? Ich bin doch nur eine Fotografin.«
»Die Fotografin, die die Raritäten in Arcane House aufgenommen hat«, erwiderte Gabriel nachdrücklich. »Die Fotografin, die behauptet, mit mir verheiratet zu sein.«
Sie schaute ihn mit großen Augen an. »Ich verstehe noch immer nicht.«
Aber ihr geht langsam ein Licht auf, dachte er. Er konnte es in ihren Augen sehen.
»Der Schurke hat es aus irgendeinem Grund auf die Truhe abgesehen«, fuhr er fort. »Er weiß, dass sie nach dem
fehlgeschlagenen Versuch, sie aus Arcane House zu stehlen, nun höchstwahrscheinlich sicher in der
Weitere Kostenlose Bücher