Verzehrende Leidenschaft
Schlacht zu hören. Vielleicht lag Tavig jetzt irgendwo herum und litt wie die Männer, um die sie sich gerade kümmerte? Vielleicht hatte er sogar eine tödliche Verletzung erlitten, die man nicht mehr heilen konnte, egal, wie geschickt man war? Auch wenn sie mit Una und den jungen Männern nicht darüber gesprochen hatte, wusste Moira, dass sie sich nur dadurch, dass sie sich jetzt um die Verwundeten kümmerte, daran hindern konnte, sich mit den schrecklichsten Gedanken über das mögliche Leid ihres Gemahls zu quälen.
Nachdem sie die Wunden der Männer versorgt hatte, tat Moira, was sie konnte, um deren Schmerzen zu lindern. Als sie ihre Gabe offenbarte, entdeckte sie weder Angst noch Abscheu in den Gesichtern von Tavigs Leuten, sondern nur Erstaunen und dieselbe stolze Freude, die auch James gezeigt hatte. Tavig hatte recht gehabt – in Drumdearg brauchte sie sich nicht vor Aberglauben zu fürchten.
Schließlich war sie mit ihren Kräften am Ende. Sie brachte nur noch ein mattes Lächeln zustande, um den Frauen zu danken, die ihr sanft den Schweiß vom Gesicht wischten, ihr Kissen in den Rücken stopften und ihr ein paar Schluck herzhaften Met einflößten. In ihrem Innern war sie völlig zerrissen. Ja, hier wurde sie akzeptiert, genau, wie Tavig ihr versprochen hatte; aber sie glaubte nicht, dass es etwas an ihren Schwierigkeiten änderte. Tavig war ein Ritter. Er konnte nicht den Rest seines Lebens in Drumdearg verbringen, ein Ritter musste sich am Hof zeigen, andere Burgen besuchen und sich mit anderen Klans treffen. Und zu solchen Besuchen würde er auch seine Gemahlin mitnehmen müssen. Zumindest gelegentlich musste sie sich an seiner Seite zeigen.
Und dann würde sich bestimmt wieder Ärger zusammenbrauen, dachte sie verzagt. Sie konnte sich nicht von den freundlichen Menschen in Drumdearg zu der Annahme verleiten lassen, dass ihre Probleme vorbei seien. Doch sie würde Tavig wohl nie dazu bringen, ihre Befürchtungen ernst zu nehmen. Und sie konnte ihm auch nicht sagen, dass es seine Liebe war, die sie brauchte, um bei ihm zu bleiben; wenn er sie ihr nicht aus freien Stücken schenkte, hatte es keinen Zweck.
Nein, ihr würde wohl nichts anderes übrig bleiben, als Tavig zu verlassen. Nachdem sie zu diesem Schluss gekommen war, erhob sie sich vorsichtig und seufzte erleichtert auf, als sie keinen Schwindel mehr verspürte und sich wieder kräftig fühlte. Ja, sie musste Tavig verlassen, doch zuvor musste sie noch in Erfahrung bringen, wie es ihm in seinem Kampf gegen Iver ergangen war. Solange sie das nicht wusste, wollte sie sich noch in der Burg aufhalten und helfen, wo sie konnte. Sie straffte die Schultern, nahm Una an die Hand und machte sich auf den Weg zur Burg.
Gleich hinter dem Tor traf sie auf einen ziemlich verdreckten, doch breit lächelnden Nicol. »Die Schlacht ist gewonnen«, sagte sie erleichtert.
»Noch nicht ganz«, antwortete er und strich sich eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn. »Tavig und Iver müssen noch ausfechten, was zwischen ihnen steht. Sie kämpfen in der Großen Halle.« Er nahm sie am Arm, als sie zum Wohnturm eilen wollte. »Nay, Mädchen. Du solltest ihn jetzt lieber nicht ablenken.«
»Soll ich etwa tatenlos herumstehen, während er um sein Leben kämpft?«
»Aye. Sonst verursachst du womöglich Ärger, und an diesem Punkt könnte jeder Ärger für Tavig tödlich sein. Also, Cousine, beschäftige dich irgendwo, wo du Tavig nicht störst. Wenn es dir hilft, deine Sorgen zu beschwichtigen: Niemand hier hegt auch nur den geringsten Zweifel, dass Tavig gewinnen wird.«
»Das hilft mir leider auch nichts.« Seufzend stellte sie ihre Versuche ein, sich ihm zu entziehen. »Eigentlich wollte ich den Verwundeten helfen.«
Nicol verzog das Gesicht. »Hast du beschlossen, dein Geheimnis zu lüften?«
»Mir blieb nichts anderes übrig. Du weißt ja, dass ich es nicht ertragen kann, wenn Menschen leiden, und ich weiß, dass ich ihre Schmerzen lindern könnte. Wo liegen die Verwundeten?« Als Nicol sie und Una dorthin führen wollte, fragte sie noch: »Mussten denn viele ihr Leben lassen?«
»Von Mungans und Tavigs Männern nicht sehr viele. Von Ivers Söldnern haben nur wenige überlebt. Allerdings sind viele geflohen, als die Schlacht sich gegen sie wandte.«
»Aye«, murrte James, der Moira und Una nach wie vor nicht aus den Augen ließ. »Wir haben drei von den Mistkerlen getroffen.« Als Nicol ihn fragend ansah, erzählte er die Geschichte und lächelte
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