Verzehrende Leidenschaft
denn der Junge brachte jetzt bestimmt nur noch so viel Kraft auf, weil er neue Hoffnung geschöpft hatte – die Hoffnung, dass sie Ivers Söldner davon abhalten würde, ihn zu töten.
Moira versuchte vergeblich, einen sicheren Treffer zu landen. Sobald sie sich anschickte zuzuschlagen, wechselte der Söldner seine Position. Doch dann bemerkte sie, dass er einen Teil seines Körpers nicht so leicht aus ihrer Reichweite ziehen konnte – seinen Schwertarm. Er hielt das Schwert immer auf den Jungen gerichtet. Moira täuschte einen Schlag auf den Rücken des Mannes an, und als der ihr auswich, hieb sie ihm mit aller Kraft den Ast auf den Schwertarm.
Sie hörte, wie ein Knochen brach. Der Söldner schrie schmerzerfüllt auf und ließ sein Schwert fallen. Er taumelte mit wutverzerrtem Gesicht auf sie zu, dann wandte er sich ab, um mit der heilen Hand sein Schwert aufzuklauben. In dem Moment schlug der Junge zu, seine Waffe drang mit einem wuchtigen Stoß mitten ins Herz seines Gegners. Moira stöhnte laut auf, als der Söldner tot zusammenbrach. Sie starrte in seine blicklosen Augen, bis sie hörte, dass der Junge stolperte und zu Boden ging.
»Helft meinen Gefährten, M’Lady«, keuchte er, als sie zu ihm eilte.
Nach einem raschen Blick auf den Jungen beschloss sie, dass die Versorgung seiner Wunde noch ein Weilchen warten konnte. Sie wandte sich den anderen Kämpfenden zu. Die Söldner setzten James und seinem Mitstreiter schwer zu. Una hüpfte mit einem Ast ähnlich dem, den Moira in den Händen hielt, um sie herum, wusste jedoch offenkundig nicht, was sie tun sollte. Das war wohl auch den Söldnern klar, denn sie schenkten ihr kaum Beachtung. Moira hob ihre Waffe und schlich näher. Sie hoffte, auf die arrogante Sorglosigkeit der Männer bauen zu können.
Erst als sie direkt neben James’ Gegner stand, wurde er ihrer gewahr. Entsetzen und Überraschung zeichneten sich in seiner Miene ab, als Moira ihm mit dem Ast einen wuchtigen Schlag auf den Arm versetzte. Wieder erklang der schreckliche Laut von brechenden Knochen. James nutzte ihren Angriff rasch zu seinem Vorteil, und Moira beschloss, genug gesehen zu haben. Sie warf den Ast weg und eilte zu Una.
»Ich war keine große Hilfe«, jammerte Una, während sie ihren Ast fallen ließ und erzitterte, als James seinen Gegner niederstreckte. Der Todesschrei des Mannes hallte über die Lichtung.
»Hauptsache, du hast versucht zu helfen«, meinte Moira und zog ihre Cousine zu dem verletzten Jungen. »Wie heißt du denn?«, fragte sie, als sie sich neben ihn kniete.
»Malcolm«, antwortete er mit gequälter Stimme. Er lächelte grimmig, als auch der letzte Söldner zu Boden ging. »Wir haben gewonnen. Ihr zwei wart eine große Hilfe.«
»Jawohl, das waren sie«, pflichtete James ihm bei. Auch der dritte Junge war inzwischen zu ihnen getreten. »Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass wir es mit Gegnern zu tun hatten, die weitaus stärker und geschickter waren als wir«, meinte er zerknirscht.
»Natürlich waren sie das«, meinte Moira und schüttelte den Kopf über die niedergeschlagen dreinschauenden Jungen. »Diese Männer waren viel älter als ihr, sie haben ihre Fähigkeiten viele Jahre lang im Kampf erprobt. Früher waren sie genau wie ihr, und bald werdet ihr sein wie sie. Aber jetzt sollten wir uns um Malcolms Verletzung kümmern. Una, reiß bitte ein Stück von deinem Unterrock ab, und James besorgt mir ein bisschen Wasser.«
»Ist es schlimm?«, fragte James, als er mit dem Gewünschten zurückkam und seinen bleichen Gefährten besorgt musterte.
»Nicht so schlimm, dass es nicht mehr gerichtet werden kann. Zieht Malcolm bitte Wams und Hemd aus.«
Malcolm wurde noch bleicher, obwohl seine Freunde sehr behutsam vorgingen. Moira versuchte, nicht daran zu denken, dass sie die Schmerzen des Jungen erst einmal verschlimmerte, als sie seine Wunde säuberte und mit ihrer Nadel und ihrem Faden nähte. Bevor sie ihn verband, bat sie Una, ihm eine gefaltete Decke unter den Kopf zu legen.
Als sie fertig war, wischte sie dem Jungen mit einem feuchten Tuch sanft den Schweiß von der Stirn. Es war unübersehbar, dass er große Schmerzen litt. Er wirkte unglaublich jung, verletzt und verängstigt. Moira seufzte, als sie sich eingestand, was sie als Nächstes tun musste.
Sie legte behutsam die Hände auf seinen Arm. Heilen konnte sie ihn nicht, aber sie konnte dem Jungen viel von seinen Schmerzen nehmen. Als Malcolm erstaunt und auch ein wenig verängstigt die
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