Verzeih mir, mein Herz!
von mehreren Tagen nach sich zog, da die eisbedeckten Straßen nur mit Vorsicht zu genießen waren. Jede Minute in der schaukelnden Kutsche hatte sie gebetet, dass sie nicht zu spät kommen würde, um seine Gnaden zumindest ein letztes Mal zu sehen und ihm ihre immerwährende Zuneigung zu versichern. Und nun, da sie endlich an seinem Bett saß und in sein eingefallenes, bleiches Gesicht sah, brachte sie kein Wort hervor, ihre Tränen drückten schwer auf ihre Kehle. Sacht zog sie seine Hand an die Lippen und hauchte einen Kuss auf die deutlich hervortretenden Knöchel.
„Onkel Sebastian?”, flüsterte sie erstickt und schluckte schwer. „Ich bin jetzt hier. Ich werde mich um dich kümmern!”
Die von feinen blauen Äderchen durchzogene, so gebrechlich aussehende Hand des Dukes schloss sich wie zur Antwort etwas fester um ihre Finger und ein flüchtiges Lächeln hob seine Mundwinkel.
„Beth!”, krächzte er und man musste schon genau hinhören, um Zufriedenheit aus diesem einen Wort herausklingen zu hören. Schnell legte Elizabeth ihre Hand auf seine Lippen und gebot ihm zu schweigen.
„Es ist noch lange nicht Zeit für letzte Worte! Du weißt es vielleicht nicht, aber meine Großmutter ist recht begabt in der Heilkunde und ich habe genug gelernt, um zu erkennen, dass dein Leibarzt ein Scharlatan ist. Hat er dich zur Ader gelassen?”
Der Duke nickte schwach und in ihrem Rücken erschallte ein indignierter Protest.
„Um die bösen Säfte aus deinem Körper zu lassen? Lass dich nicht mehr von ihm anfassen, hörst du!” Elizabeth sah sich um, überging die drei anwesenden Kinder des Dukes ebenso wie den Arzt und winkte den sich im Abseits haltenden Kammerdiener seiner Gnaden zu sich.
„Wie heißen Sie?”
„Jones, Mylady.”
„Sie sind seiner Gnaden Kammerdiener?”
Der Diener nickte eifrig und schwellte stolz die Brust. „Seit einunddreißig Jahren, Madame!”
„Sie möchten sicher noch ein paar weitere Jahre für seine Gnaden arbeiten, nicht wahr? Am besten sind Sie ihm nun zu Diensten, wenn sie diesen Schlächter zur Tür begleiten. Hat sich überhaupt jemand nach seinen Referenzen erkundigt? Wie dem auch sei: Auf dem Rückweg besorgen Sie mir bitte heißes Wasser, saubere Linnen für das Bett und sorgen Sie dafür, dass meine Zofe bekommt, was sie benötigt, um meine Befehle auszuführen!”
Der verunglimpfte Arzt protestierte lautstark. „Ich muss doch sehr bitten! Ich habe einen Abschluss in Oxford und bin bestens in der Lage, meine Patienten zu behandeln!”
„Raus!” Dieses eine ruhig hervorgebrachte Wort ließ den Arzt vorübergehend den Mund schließen, obwohl die drei Kinder des Dukes es auch für möglich hielten, dass er einfach von der Bestimmtheit in Elizabeths schönem Antlitz zum Schweigen gebracht wurde. Elizabeth marschierte zur Tür und hielt sie offen. „Erste Regel bei der Behandlung Kranker: keine Aufregung!”
„Es gibt noch eine weitaus wichtigere Regel, und zwar, dass der Patient von der Dummheit seiner weiblichen Anverwandten zu schützen ist!”, versetzte der Studierte kühl und drehte sich demonstrativ zu dem anderen Herren im Raum um.
Jordans Miene verdüsterte sich bei der Herabsetzung seiner Liebsten bedenklich.
„Lord Aylesbury, sicher stimmen Sie mir zu, dass das fundierte Wissen eines Oxford-Absolventen dem fraglichen Können einer Kräuterfrau vorzuziehen ist?”
Schnell musterte Elizabeth den ehemaligen Verlobten und seufzte dann beruhigt auf. „Gehe ich recht in der Annahme, dass der werte Herr Doktor Ihnen wenig Hoffnung auf eine Genesung seiner Gnaden machte? Hat er eine Diagnose gestellt? Verabreichte er ihm etwas Sinnvolleres als Laudanum? Seine Gnaden vertraut mir, und wenn er sowieso stirbt, was kann ich dann falsch machen?”
„Ich muss doch sehr bitten!”, plusterte sich der Arzt auf und trat drohend auf das Mädchen zu, das seine Kompetenzen so unerhört herabsetzte.
„
Ich
muss bitten, und zwar dass Sie gehen! Aylesbury, wären Sie so …”
Jordan seufzte und murmelte eine Verwünschung. „Jones, kommen Sie Lady Elizabeths Order nach. Jeder!”
Elizabeth lächelte dankbar zu ihm auf und nahm schnell die attraktiven Züge ihres ehemaligen Liebhabers in sich auf. Er sah noch besser aus als in ihrer Erinnerung! „Danke, Ayles …”
„Verflucht, Beth, hör auf mich mit meinem Titel zu quälen!”
Verstört runzelte sie die Stirn und öffnete den Mund, um ihn zurechtzuweisen, schließlich war die Anrede angemessen. Ein leises
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