Verzeihen ist immer moeglich
selbstverständlich auch auf den Suizid zu. Der Suizid gehört immer noch zu den am meisten tabuisierten Themen in unserer Gesellschaft. Zum einen deswegen, weil der Tod an sich verdrängt wird und mit Angst behaftet ist. Zum anderen führt ein Suizid nach christlicher Auffassung unweigerlich in die Verdammnis. Die Angst davor wurde über Generationen weitergegeben und führt bis heute zu erheblichen Schuldgefühlen und Verurteilungen.
Alle Zahlen über suizidale Handlungen in Deutschland und der übrigen Welt sind mit einer hohen Dunkelziffer behaftet. Da Suizidversuche nicht meldepflichtig sind, werden sie häufig von den Betroffenen und Angehörigen verschwiegen. Der Suizid zählt zu den zehn häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jährlich sterben zwischen elftausend und vierzehntausend Menschen durch eigene Hand. Weltweit nimmt sich jährlich mindestens eine Million Menschen das Leben.
In Deutschland ist der Suizid bei Jugendlichen mittlerweile die häufigste Todesursache geworden, noch vor Unfällen. Junge Mädchen stürzen sich von Hochhäusern, Teenager verabreden sich im Internet zum gemeinsamen Sterben, junge Männer nehmen Überdosen von Drogen oder fahren mutwillig gegen einen Baum. Andere werfen sich vor die einfahrende U-Bahn. Die junge Generation ist stark gefährdet und unberechenbar in ihrem Tun.
Viele junge Menschen tragen die Sehnsucht nach einer Welt der Liebe, Geborgenheit und Freiheit in sich. Sie wollen etwas Sinnvolles tun und treffen dann auf die Widerstände unserer verkrusteten Gesellschaftsstrukturen, in denen nicht geistige Werte zählen, sondern Äußerliches und Materielles. Sie fühlen sich wie Fremdlinge auf Erden, und hinter dem Willen, sterben zu wollen, steht oft der Wille, in Freiheit und Geborgenheit leben zu wollen.
Die größte Gruppe, die Suizid begeht, sind jedoch Menschen über sechzig Jahre. Das negative Altersbild der Gesellschaft und die Abwertung und Ausgrenzung älterer Menschen sowie deren Angst vor Einsamkeit oder Abschiebung ins Heim wird in Zukunft angesichts der verheerenden Überlastung der Alten- und Pflegeheime die Suizidzahlen sicherlich noch in die Höhe treiben.
Da der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung wächst, droht diese Entwicklung zu eskalieren. Hinzu kommt, dass im Alter Hilfsangebote ausbleiben. Stattdessen herrschen Vernachlässigung und Distanz vor. Alten Menschen bleibt häufig nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden, als »strukturelles Problem« gesehen zu werden.
Nachtodkontakte nach einem Suizid
Wie bereits mehrfach erwähnt, gibt es keine Auslöschung des menschlichen Bewusstseins, da unmittelbar nach dem Übergang eine Kontinuität des Ich-Bewusstseins erfahren wird. Die Individualität eines Menschen ist der Filter der Wahrnehmung. Das gilt natürlich auch für diejenigen, die sich selbst das Leben genommen haben. Sie versuchen besonders häufig, mit ihren Angehörigen in Kontakt zu treten.
Ein Suizid löst bei den Hinterbliebenen häufig das Gefühl aus, die Not des anderen nicht erkannt zu haben, versagt zu haben, was zu erheblichen Schuldgefühlen führt. Sehr vielen fällt es schwer, einem Suizidanten verzeihen zu können. Zahlreiche Nachtodkontakte belegen, dass Verstorbene besonders nach einem Suizid um Vergebung bitten. Wut, Ohnmächtigkeit, Leid, tiefe Trauer und Schuldgefühle führen bei den Angehörigen dazu, den Verstorbenen nicht loslassen zu können.
Nur wer vergeben kann, wird seinen seelischen Frieden wiederfinden. Der Trauerprozess setzt dann ein, wenn ein Suizid so akzeptiert wird, wie er war. Niemand sollte den Stab über Menschen brechen, die sich das Leben genommen haben. Wir können den inneren Leidensdruck eines Menschen, der mit seinem Leben nicht mehr zurechtkommt, nicht ansatzweise verstehen.
»Suzanne erlebte über viele Jahre den psychischen Zusammenbruch ihres Mannes. Sie konnte seine ständigen Depressionen, Psychosen und Krankenhausaufenthalte nicht mehr ertragen und wünschte sich sehnlichst eine Trennung. Eines Abends kam Holger von der ambulanten Betreuung nicht nach Hause. Er war einfach verschwunden. Drei Tage später wurde er in einem nahe gelegenen Waldstück erhängt aufgefunden.
Das war für Suzanne ein sehr schwerer Schock. Sie war innerlich zerrissen und voll von Schuldgefühlen und Wut. Wenige Tage nach Holgers Tod spürte sie seine Anwesenheit. Sie fühlte seine tiefe Traurigkeit. Telepathisch vermittelte Holger, dass er das ewige Auf und Ab seiner Erkrankung nicht
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