Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
Vom Netzwerk:
herüberschallte.
    »Luzie!? Was machst du da bei den Jungs?« Er sah nervös aus.
    »Ich schau, ob sie sich hinter den Ohren gewaschen haben!«, rief ich genervt zurück. Elena kicherte geziert und Kelly hatte wieder ihren »Cute!« -Blick drauf. Ob sie auch noch so widerlich süß lächelte, wenn sie auf dem Klo saß?
    »Siehst du«, versuchte Seppo mich zu besänftigen. »Der Rübsam sieht alles. Nun geh schon zu den anderen, sonst kriegst du das mieseste Zimmer.« Sanft schob er mich nach vorne. Er sollte mich nicht dauernd anfassen. Was bildete er sich eigentlich ein? Trotzdem beschwerte mein Magen sich flatternd, als seine Hand sich von meinen Schultern löste. Betont langsam lief ich zum Bus hinüber, wo alle durcheinanderredeten und Herr Rübsam konzentriert eine Liste studierte, bewacht von Frau Dangel.
    Leander saß auf einer Bank vor dem weiß gestrichenen Hauptgebäude und klimperte auf seiner Gitarre herum. Ich starrte ihn an, bis er mich bemerkte und aufschaute.
    Was jetzt?, dachte ich, so fest ich konnte. Ich wollte von ihm wissen, wie ich das mit der Zimmeraufteilung managen sollte. Doch offensichtlich funktionierte Gedankenübertragung bei uns nicht. Und mit ihm zu reden war unmöglich. Nicht hier, vor allen anderen.
    »Luzie, da bist du ja endlich. Kommst du mit uns in ein Zimmer?«
    »Uns«, das waren Sofie, die mich begeistert und viel zu lieb anstrahlte, und Lena und Steffi (sie guckten nicht ganz so begeistert, nickten aber immerhin auffordernd). Ich dachte fieberhaft nach. Sofie hatte noch einen Wächter und laut Leander war er pflichtbewusst. Sehr pflichtbewusst sogar. Pflichtbewussten Wächtern würde nicht entgehen, was mit Leander los war, wenn er rund um die Uhr bei uns war. Niemals würde Leander es durchhalten, fünf Tage lang ununterbrochen den durchsichtigen Wächter zu mimen. Und ganz ehrlich – niemals würde ich es aushalten, fünf Tage lang nicht mit Leander zu sprechen. Ich musste ihn wenigstens ab und zu zusammenstauchen können.
    Also kein Zimmer mit Sofie.
    »Sofie, Luzie, habt ihr euch endlich entschieden?« Herr Rübsam wedelte mit der Liste. Anhand der Grüppchen, die sich auf dem Burghof gebildet hatten, konnte ich erkennen, dass alle anderen sich schon gefunden hatten. Bis auf Elena – aber das war kein Wunder.
    Es gab schon einige Mädchen, die zu Elena aufsahen. Weil sie älter war, immer die neuesten Styles trug, schon einen Freund hatte (aus der Oberstufe!) und sich jeden Tag direkt nach der Schule eine Zigarette anzündete. Sie rauchte nicht irgendwie. Sie konnte Ringe in die Luft blasen und hatte so eine komische elfenbeinfarbene Hülse, in die sie die Zigarette hineinsteckte. Ich glaube, sie wollte verrucht dabei aussehen. Für mich sah sie nicht verrucht, sondern bescheuert aus.
    Ja, Elena wurde respektiert und gefürchtet, doch ein Zimmer wollte niemand mit ihr teilen. Konnte ich gut verstehen. Aber wenn sie in ein Einzelzimmer ging, konnte ich das auch tun. Warum nicht.
    »Ich hätte gerne ein Einzelzimmer«, sagte ich lässig. Sofie blieb der Mund offen stehen und auch Lena und Steffi verstummten.
    »Ein Einzelzimmer?«, echoten sie.
    »Ich – äh – ich schlafwandle ab und zu. Ihr würdet kein Auge zumachen.« Ich hob entschuldigend meine Schultern. »Ist besser so.«
    Herr Rübsam schob seine Lippen erst nach rechts, dann nach links. »Wir haben keine Einzelzimmer, Luzie. Die sind für die Lehrer und für die Betreuer reserviert. Für euch haben wir Zweierzimmer und Viererzimmer.«
    »Sie könnten doch mit Frau Dangel …« Ich stoppte mich selbst, denn Frau Dangels Gesicht hatte seine doppelte Größe angenommen. Wenn ich weiterredete, würde es platzen. Okay, andere Variante. »Oder Seppo und Kelly – nein. Bloß nicht. Vergessen Sie es.« Hinter mir lachte jemand. Ich drehte mich wütend um. Es war Billy gewesen. Ertappt sah er zu Boden. Was tat ich da nur? Seppo und Kelly in ein Zweierzimmer verfrachten, damit Leander nicht auffiel? Es war so wie früher. Leander verdarb mir alles.
    »Am liebsten würde ich sofort wieder heimfahren«, flüsterte ich. Herr Rübsam beugte sich verwirrt vor, um mir in die Augen sehen zu können, doch ich guckte hinüber zu Leander, der wild mit den Armen fuchtelte und auf Elena zeigte. Und jetzt fiel mir auch ein, was er mir vor ein paar Tagen gesagt hatte. Elena hatte keinen Wächter mehr. So wenig ich sie auch leiden konnte – Elena war die Lösung.
    »Dann gehe ich mit Elena in ein Zimmer«, verkündete ich seufzend.

Weitere Kostenlose Bücher