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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Elena glotzte mich verwundert an, protestierte jedoch nicht. Ihr schien alles egal zu sein. Wir waren ja eh nur blöde Kinder, eines wie das andere.
    Herr Rübsam wirkte immer noch irritiert, aber zufrieden. »Gut. Luzie mit Elena. Wunderbar.« Auch Frau Dangel erholte sich langsam von ihrem Schock.
    »Das glaub ich nicht, Luzie.« Sofie packte mich am Ärmel. Sie konnte ihren Mund wieder schließen, aber ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. »Ich dachte, wir sind Freundinnen. Im Bus willst du dich nicht neben mich setzen, okay, aber das jetzt … das jetzt …«
    »Komm, Sofie«, forderte Lena sie mit einem strafenden Blick in meine Richtung zum Gehen auf. »Ich hab dir immer gesagt, dass Luzie einen Knall hat.«
    »Ja. Genau. Bumm!«, machte ich. »Einen Vollknall.« Und dieser Vollknall hieß Leander.
    »Mensch, Luzie. Ich versteh das nicht«, weinte Sofie. »Ich versteh dich echt nicht.«
    »Oh Gott«, hörte ich Herrn Rübsam murmeln. »Warum hab ich mich nur darauf eingelassen? Wir sind nicht mal zehn Minuten da und die Erste weint schon.«
    »Ich hab dir gesagt, dass es leichter ist, einen Sack Flöhe zu hüten, als mit Luzie Morgenroth auf Klassenfahrt zu gehen«, zischte Frau Dangel. Ich lauschte erstaunt. Es war das erste Mal, dass ich sie deutsch sprechen hörte. Völlig akzentfrei! Trotzdem. Was sie über mich sagte, war nicht gerade nett. Das Flattern in meinem Magen verwandelte sich in einen dicken, schweren Klumpen, der mich nach unten zog. Ich hätte mich ebenfalls gerne auf das Bänkchen gesetzt, wie Leander.
    Ich wollte Sofie nicht zum Weinen bringen. Wenn sie wüsste, wie gerne ich mit ihr auf ein Zimmer gegangen wäre … Stattdessen hatte ich Elena am Hals. Ja, lieber hätte ich mit Seppos eingebildeter Cousine Silvana ein Zimmer geteilt. Sogar mit meiner Mutter. Ich musste das wiedergutmachen. Sobald sich die Gelegenheit bot, würde ich mit Sofie sprechen. Sie war meine einzige Freundin. Ich wollte sie nicht verlieren, auch wenn ich unsere Gespräche meistens grässlich langweilig fand. Aber immerhin konnte ich mit ihr über Jungs reden. Mit den Jungs konnte ich ja schlecht über Jungs reden. Zumal die sowieso nicht wussten, wie man ein vernünftiges Gespräch führte. Gesprächstechnisch waren sie Neandertaler.
    »So, hört mal alle her. Hallo! Kinder! Jungen und Mädchen!« Herr Rübsam musste auf und ab springen, damit Ruhe einkehrte und die Grüppchen aufhörten zu quasseln. Elena hatte sich neben mich auf ihren Koffer gesetzt und feilte an ihren Nägeln herum.
    »Okay. Danke.« Herr Rübsam holte keuchend Luft. Wahrscheinlich hätte er gerne eine geraucht. »Kofferkontrolle. Ich habe es euch schon angekündigt: keine Handys, kein Alkohol, keine Zigaretten.« Das mit den Zigaretten klang bedauernd. Doch er fing sich sofort wieder. »Ich werde nicht alle Koffer prüfen. Frau Dangel und ich machen Stichproben. Hier und jetzt. Elvira?« Er lächelte Frau Dangel unterwürfig an und ihr Adlerblick schoss auf mich zu.
    »Luzie.« Gebieterisch deutete sie auf meinen Koffer. »Ouvre.«
    Ich trat gereizt gegen die beiden Schlösser und sie sprangen auf. Mit einem luftigen Plopp hob sich der Deckel. Sofort brandete das Kichern wieder auf. Was gab es da nur zu kichern? Ich hatte nichts Verkehrtes eingepackt. Und schon gar nicht etwas, worüber man lachen konnte. Nur meine Cargohosen, ein zweites Paar Turnschuhe, ein paar Comics, Kapuzenpullover, meinen Badeanzug und …
    Mamas rosaroten Epilierer. Zwei Riesenflaschen axe-Herrenduschgel. Die Schulbüchereiausgabe von Vom Winde verweht. Und eine kunterbunte CD-Box mit dem Titel Summer of Love. Dazu drei Calvin-Klein-Shorts in Schwarz, Weiß und Grau. Alles sorgfältig nebeneinander ganz oben auf meine Sachen gelegt.
    Das Kichern schwoll zu einem lauten Lachen an, als Elena den Epilierer hochnahm und grinsend durch die Luft schwenkte. Ausgerechnet. Ich wollte gar nicht wissen, was sich alles in ihrem Koffer befand. Zu meinem Entsetzen sah ich, dass sogar ein Päckchen Damenbinden in der rechten Einschubleiste neben meinen Schuhen steckte. Ich schnappte mir Elenas Arm, verdrehte ihn so, dass sie den Epilierer loslassen musste, schmiss ihn zurück zu den anderen Sachen und knallte den Koffer wieder zu.
    Frau Dangels schmaler Mund zuckte, als sie mir dabei zusah. Sie wirkte wie eine Eule, die sich auf die Maus freut, die sie gleich töten und verspeisen wird.
    »Kinder, beruhigt euch! Alles erlaubte Dinge.« Herr Rübsam trat einen Schritt auf mich

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