Verzwickt chaotisch
uns trinken, sieben Tage lang, kommt, lasset uns trinken, wir haben Duuuurst …« Er erhob die Wodkaflasche und wollte mir zuprosten, verlor dabei aber das Gleichgewicht und krachte samt der improvisierten Hängematte zu Boden. Ich fing die Flasche auf, bevor sie zu Bruch gehen konnte. Grunzend rollte Leander vor meine Füße. Mit einem seligen Lächeln schloss er die Augen.
»Luzie, mein Engelchen … weißt du was? Wenn ich trinke, werde ich nicht durchsichtig … jedenfalls konnte ich mich ganz deutlich sehen und war richtig schwer, obwohl du eigentlich zu weit weg warst. Ja, ich konnte mir eine Hättemange – nee – eine – Hä … Hää …«
»Hängematte«, half ich ihm auf die Sprünge.
»Genau!« Er stieß einen Zeigefinger in die Luft. »Hängematte basteln. Und mich reinlegen. Ganz echt. Wie Menschen! Sie hat sich ausgebeult. Ich bin durch und durch menschisch. Aber du, du, Luzie …« Nun schoss der Zeigefinger auf mich zu und bohrte sich in mein Knie. »Du bist ein böses Mädchen. Ein gemeines, böses Mädchen.«
Er hörte auf zu grinsen und wollte mir die Wodkaflasche aus der Hand zerren, um einen weiteren Schluck zu nehmen, doch ich versteckte sie hinter meinem Rücken.
»Trink mit mir«, lallte er. »Und sei nicht mehr so gemein. Hicks! Sei nicht immer so gemein …«
»Ich und gemein?« Ich verfrachtete die Wodkaflasche in eine Schublade und versuchte, den Schrank wieder ins Lot zu bringen. Vergeblich. Seufzend klaubte ich die Bierdose vom Boden und warf sie in den Mülleimer. »Ich bin nicht gemein, Leander. Du bist gemein. Du hast Sofie geküsst.«
Ich wusste zwar nicht genau, warum das gemein war, aber es fühlte sich so an und Leander konnte sowieso nicht mehr logisch denken. Er war sturzbetrunken.
»Woher …?« Schwankend richtete er sich auf und rutschte in der Hocke gegen die Bettkante. Er fuhr mit der Hand durch die Bierlache, um sich anschließend die Finger abzulecken.
»Lass das!«, sagte ich grob und zog ihm den Daumen aus dem Mund. Mit Elenas Kopfkissenbezug wischte ich die Lache auf. »Ich weiß es, weil deine lieben Eltern hier waren. Sie haben dich gesucht. Und sie wissen es von Attila.«
»Hehe.« Leander begann zu lachen. »Heeehehehehe. Attila. Der alte Sacksaft. Saftsack. Hicks! War wohl neidisch. Hach ja. Mutter ist bestimmt in die Luft gegangen, was?«
»Liegt wohl in der Natur der Sache«, antwortete ich kühl. »Jedenfalls denken sie über ein Disziplinarverfahren nach. Sie wollen dich in den Kongo schicken.«
Leanders Lachen wurde so ansteckend, dass ich ein Grinsen nicht unterdrücken konnte. Sein Bauch bebte und seine Augenwinkel wurden feucht.
»In den Kongo! Ha! Das wollten sie mit Onkel Gunnar auch tun. Hat nicht geklappt. Weil sie es eigentlich gar nicht wollten … Wir Cherubims agieren nicht in Entwicklungsländern. Einer der Grundsätze unserer Truppe. Niemals schicken die mich in den Kongo. Nie! Die tun höchstens so … Die alten Schlaumschäger … Schschhh …«
»Schaumschläger. Warum hast du Sofie geküsst? Warum?«, fragte ich zornig.
Leander hörte auf zu lachen. »Aber du hast doch gesagt, dass man sich dabei verliebt – oder erfährt, ob man verliebt ist, und ich, ich … ach …«
»Was ach? Drück dich mal klar aus!«, blaffte ich ihn an.
»Jedenfalls hat es geklappt«, stellte Leander selbstgefällig fest und strich sich über die Brust. Mir schoss die Hitze ins Gesicht.
»Was hat geklappt – du bist in Sofie verliebt?«
»Neiiin, Luzie. Sie ist in mich verliebt. Sie hat den ganzen Morgen nur gelächelt und sich seltsam benommen, ich hab sie krank gemacht …«, erklärte er stolz. »Ich, Leander von Cherubim, ein gebürtiger Sky Patrol, hab ein Menschenmädchen krank gemacht.«
»Aber darum geht es doch gar nicht. Das nützt nichts, weil sie dich nicht sehen kann. Sie denkt, es war Serdan. Vor allem musst du etwas dabei fühlen und das kannst du nicht, weil du ein Wächter bist, also hat es gar keinen Sinn, dass du irgendjemanden küsst, weil niemand dich sieht und niemand mit dir zusammen sein kann, kapierst du das denn nicht?«
Leanders Blick wurde starr und sein Hicksen verwandelte sich in ein unappetitliches Gurgeln.
»Luzie … Da passiert gerade was mit mir … Verliebt sein ist das nicht, aber …000h … ohhh …«
Geistesgegenwärtig griff ich nach seinen Schultern und zog ihn rüber ins Bad, wo ich seinen Oberkörper mit letzter Kraft auf die Klobrille hievte. Dann schloss ich die Tür, setzte mich neben ihn und
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