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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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erschrockenes Schnauben. Ein kleineres und stämmiges, bärenartiges Tier richtete sich auf seinen seltsam angebrachten Beinen auf und verschwand rasch im Wald.
    »Vergiß bloß nicht, die Explosionsbüsche mitzunehmen!« rief ich ihm nach und legte beinahe zu viele Äste auf das Feuer.
    Wir hielten abwechselnd Wache. Anna machte den Anfang. Insekten wurden von unserem Feuer angezogen, flogen jedoch nicht hinein: dafür besaßen sie zu perfekte Navigationsorgane. Während es immer finsterer wurde, hörten wir in den Wipfeln verdächtiges Rascheln, und kleine, pelzige Tiere mit den müden und runzligen Augen von Tagjägern tauchten am Rand des Feuerscheins auf, um uns zu begutachten. Hin und wieder fing eines dieser Tiere, die Armbruster »Eichhörnchen« nannte, eine Motte aus der Luft und verspeiste sie. Dabei trugen sie jedoch einen geistesabwesenden und irgendwie gelangweilten Gesichtsausdruck, der uns wohl anzeigen sollte, daß sie uns damit lediglich einen Gefallen taten.
    Während meiner Wache (ich war als letzter an der Reihe) brannte das Feuer gefährlich herunter. Um mir eine lange Sucherei zu ersparen, zog ich einen Baumstamm heran und hievte ihn auf die Flammen. Ein ganzer Schwarm von Ameisen, die so groß waren wie Grillen, ergoß sich aus dem Holz. Die Kriegerameisen hatten lange Schnauzen, sie griffen uns sofort an, indem sie klebrige Ameisensäure auf uns verspritzten. Wir sahen uns gezwungen, auf die Spitze des Felsens zu flüchten, unter dem wir das Lager errichtet hatten.
    Wir kippten die Vorräte aus unserem Zelt und befestigten es am Felsen. Den Rest der Nacht schliefen wir sehr unruhig und unbequem; schmerzvoll drückte sich der harte Kalkstein unter dem Zeltboden hervor. Wir erwachten lange vor dem Morgengrauen, setzten uns in der Dunkelheit auf und rieben uns die steifen Knochen. Ais dann die Dämmerung kam, mußten wir entdecken, daß man uns in der Nacht alle glänzenden Gegenstände inklusive der Messer und Beile gestohlen hatte. Und in unseren Seetangkuchen wimmelte es von Kornwürmern.
    »Na und, damit sind wir mit Proteinen versorgt«, sagte Armbruster ganz lässig und aß seinen Anteil. Anna und ich zwangen uns, seinem Beispiel zu folgen. Die Kuchen schmeckten jetzt nussig und leicht bitter.
    Wir setzten unseren Marsch fort. Das Gelände stieg weiter an, und wir trafen häufiger auf Quellen, aber insgesamt war der Weg mühseliger. Immer wieder hinderten uns Kalksteinbrocken am Weiterkommen. Die Bäume wurden zusehends kleiner, und jetzt sahen wir auch öfter Anzeichen für die Anwesenheit der Masse. Grüne Baumblätter waren überzogen mit sanft behaarten, weißen Flecken. Feuchte und stärker behaarte Gebilde hingen wie Kokons von Ästen und Stämmen. Der Boden unter unseren Füßen zeigte sich zunehmend wäßriger, und immer mehr Bäume wiesen jetzt dickere und tiefere Fußwurzeln auf, mit denen sie im nassen Boden Halt fanden.
    Tümpel und Schlammlöcher häuften sich. Mit einem Seufzer der Erleichterung warf Armbruster sich in einen größeren Teich, tauchte unter und kehrte eine halbe Stunde lang nicht zurück. Als es endlich wieder auftauchte, spuckte und würgte es - am ganzen Leib zitternd - große Mengen Wasser aus und frohlockte dann über das Netzwerk von Wasserhöhlen, das es unter der Wasseroberfläche entdeckt hatte. Später kletterte ich auf der Suche nach abgestorbenen Ästen auf einen Baum, während Armbruster im Teich herumpaddelte und mit seinen langen, agilen Fingern Wassertiere fing. Wir errichteten in der natürlichen Senke eines großen Kalksteinbrockens eine Feuerstelle und nahmen zum Lunch gebratene Schildkröte und gekochten Fisch im Teichtangmantel zu uns. In unseren ausgehungerten Mündern schmeckte es großartig, und danach legten wir am Nachmittag ein dreistündiges Verdauungsschläfchen ein; Armbruster machte es sich am Teich in der dichten Uferböschung bequem. Moskitos bissen uns, und ich erschlug ein Insekt mit unangenehm behaarten Beinen.
    Wir mußten uns zum Aufstehen zwingen, aber leider konnten wir es uns nicht leisten, die letzten Stunden des Tageslichts zu vergeuden. So mußten wir unseren gewohnten Biorhythmus vergewaltigen, als wir uns aufrappelten. Träge, als wären wir mit Depressoren vollgestopft, mühten wir uns weiter. Ich nahm etwas Smuff zu mir, um den Schmerz in meinen wunden Beinen zu lindern. Die Verletzungen am Körper und an den Armen waren fast ausgeheilt, und die fleißigen Milben verzehrten weiter die eßbaren Fäden, die noch in

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