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Video-Kid

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Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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ausreichend Nahrung für uns drei besorgen, aber im Wald habe ich leider zu wenig Erfahrung.«
    »Dann wollen wir auf dem schnellsten Weg zur Küste«, sagte ich.
    Armbruster nickte. »Wenn wir die Waldroute nehmen, wird das Wasser unser größtes Problem. Natürlich verfügt die Masse über etliche Wasserstellen. Sie ist wie ein Sieb mit stehenden Karstwassern durchzogen, und ich würde es keinem raten, dort seinen Durst zu stillen. Aber in der Masse finden sich auch Flüsse und sogar ein Strom. Wenn wir den erreichen können, sind unsere Schwierigkeiten vorüber. Wir gelangen ganz einfach zum Meer, indem wir seinem Verlauf folgen.«
    »Und wie steht es mit Keimen und Bakterien?« wollte Anna wissen. »Laufen wir nicht ständig Gefahr, krank zu werden?«
    »Selbstverständlich weist die Masse eine außerordentlich reiche Mikrofauna auf, aber wenn wir uns zügig voranbewegen, setzen wir uns den einzelnen Risiken nicht sehr lange aus«, sagte Armbruster. »Wir müssen uns eben auf den Schutz unseres eigenen bakteriellen Ökosystems verlassen. Davon abgesehen finden sich diese Tierchen auch hier im Wald im Überfluß. Die Chancen, daß wir uns infizieren, steigen erst, wenn wir vom langen Marsch und den zu knappen Rationen geschwächt sind.«
    Ich sah das Neutrum mit zusammengekniffenen Augen an. »Du verheimlichst uns doch etwas, Professor. Nein, ich meine natürlich Gründer. Du willst also, daß wir den Weg durch die Masse nehmen. Warum?«
    Armbruster machte eine unschuldige Miene. »Ich kenne die Masse nun einmal besser als den Wald, das ist alles. Davon abgesehen würde ich gerne einmal den sogenannten ›Armbruster-Körper‹ in natura erleben. Ihr bezweifelt offenbar meine Theorien. Wie könnte ich sie euch anschaulicher darlegen als in der Masse?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wenn die Masse so harmlos ist, warum hat man sie dann all die Jahre lang zum Sperrgebiet erklärt? Warum genießt sie so einen unfreundlichen Ruf? Man nennt sie doch auch die ›Zweieinhalbtausend-Quadratkilometer-Krankheit‹.«
    »Nichts als Propaganda«, erklärte Armbruster selbstbewußt. »In der Masse gibt es nur eine Anomalität, und das ist der ›Armbruster-Körper‹. Und der ist keine Krankheit, sondern ein Segen. Warum vertraust du mir nicht, Vid, habe ich dich jemals getäuscht?«
    »Nein«, gab ich zu und wandte mich Anna zu. »Was meinst du denn dazu?«
    Anna riß ihren Blick von dem kleinen gelben Schmetterling los, der zahm auf ihrem Zeigefinger saß. »Da wir nur über den einen Führer und Experten verfügen«, sagte sie, »sollten wir seinem Rat folgen.« Und das taten wir dann auch.

12
     
    Wir packten unsere Tornister zusammen. Die dicken Wolken, die uns den ganzen Tag begleiteten, gingen tiefer und erreichten die oberen Bereiche der Dachschicht des Dschungels. Bald umgab uns ein silbriger Nieselregen, der weniger herabfiel als vielmehr durch den Wald driftete. Wir kamen uns blind und verloren vor, während wir ziellos zwischen den Schattensäulen der Riesenbäume umherirrten. Das Unterholz war nicht allzu dicht und bestand zumeist aus Nachtschattengewächsen und Farnen, an denen schwere Tautropfen hingen. Hin und wieder sahen wir auch einen Busch mit vielen Blüten. Eigentliche Hindernisse für uns waren nur umgestürzte Bäume. Der Fäulnisprozeß ging hier rasch und gnadenlos vonstatten, und die umgekippten Stämme waren ganz glitschig vom dichten Bewuchs mit orangefarbenen Reihenpilzen, fettem, klumpigem Schleimschimmel, dessen oberste Schicht wie Ölflecke in allen Farben schillerte, dichten, grünen Moosteppichen, Farnen mit verwickelten Stengeln, die so hart waren wie Keramikfiber, und blutroten Bovisten, die bei der leisesten Berührung aufplatzten und die Luft mit stinkenden, zum Würgen reizenden Sporen erfüllten.
    Wann immer wir konnten, umrundeten wir die gefallenen Waldriesen, aber leider war das nicht immer einfach. Die Lücken, die dadurch in das Dschungeldach gerissen worden waren, begünstigten am Boden das rasche Wachstum von saftigem Bambus, auf dem es von dicken, behaarten Saftsaugern und gepanzerten Seidenäffchen wimmelte. Riesige Libellen schwirrten an uns vorbei und schnappten die Moskitos aus der Luft. Armbruster hatte uns untersagt, diese kleinen Insekten zu zerquetschen. »Sie übertragen keine Krankheiten«, sagte es, »sondern injizieren Vakzine. Schließlich liegt es in ihrem ureigensten Interesse, uns bei bester Gesundheit zu erhalten, damit wir über ausreichend Blut verfügen.«

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