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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Dich erwartet eine forcierte Reifezeit, Kid, und ich befürchte, du machst dabei einige höchst sonderbare Erfahrungen.«
    »Aber ich nehme jetzt schon seit fast dreißig Jahren Entwicklungs-Suppressoren zu mir«, sagte ich. »Wer kann denn da schon sagen, wie mein Körper reagieren wird?«
    »Die Auswirkungen werden unübersehbar sein«, antwortete Armbruster. »Aber tröste dich, fast alle jungen Männer machen einen solchen Entwicklungsprozeß durch, und dabei können sie sich nicht auf eine geistige Reife stützen, die ihnen hilft, die körperlichen Veränderungen mit der nötigen Gelassenheit durchzustehen. Du wirst dich eben mit einigen Unannehmlichkeiten abfinden müssen, bis wir wieder die Zivilisation erreicht haben. Aber ich bin davon überzeugt, daß du damit fertig wirst.«
    »Ich vermute, mir bleibt keine andere Wahl«, erklärte ich verdrossen. Geistesabwesend fing ich einen Schmetterling mitten aus der Luft, als er zu dicht an mich heranflog.
    »Töte ihn nicht!« rief Anna. Verdutzt zuckte ich die Achseln und ließ das Tier fliegen. Die Heilige sah mich empört an, dann meinte sie freundlicher: »Sieh es doch einmal von der positiven Seite, Kid: Deine Stimme verändert sich, und wahrscheinlich bekommst du auch Bartwuchs. Und wenn du dir diese Plastikstacheln aus dem Haar entfernst, erkennt dich keiner mehr wieder. Deine Hautfarbe hat sich ja schon verändert. Sie ist dunkler geworden und hat nicht mehr diesen grünlichen Schimmer, der von dem Öl stammt, das du dir immer aufgetragen hast. Auch die Kosmetika rund um deine Augen sind verschwunden. Wenn du deine Schlagwaffe und die Kameras nicht dabei hättest, würde niemand mehr darauf kommen, daß du Video-Kid bist.«
    »Tod und Schmerzen, ein Bart!« entfuhr es mir, und ich griff an mein Kinn. Waren da tatsächlich schon die ersten Anzeichen von Stoppeln unter meinen zittrigen Fingern zu spüren? »Großer Gott, damit wäre mein ganzes Image ruiniert!« Meine Stimme bewegte sich in den höchsten Tonlagen. »Das wäre mein Untergang! Mein Ende! Die Kabale hat wahrscheinlich schon meine Anteile für ungültig erklärt, mein Haus niedergebrannt und ... Wo soll ich das Geld für neue Präparate herbekommen? Tod und Schmerzen, das Zeugs ist sündhaft teuer, fast so teuer wie Smuff! Und dann - ich darf gar nicht daran denken, das ist ja noch furchtbarer - sehe ich bald genauso aus wie Tanglin!« Ich faßte mir an den Kopf, fiel nach hinten, sah direkt in eine meiner Kameras und sorgte dafür, daß eine zweite eine gute Aufnahme von der Seite machen konnte. »Wie der alte Herr! Meine besten Freunde werden mich nicht mehr wiedererkennen! Die arme Quadra wird laut aufschreien und davonrennen, wenn sie mich so sieht! Was für eine Katastrophe! Ist das das Ende des Video-Kid?« Ich hatte schon lange nicht mehr an die arme Quadra gedacht. Eine Träne rann mir über die Wange.
    Anna sah mich besorgt an. »Nun nimm es doch nicht so tragisch, Kiddi! So wichtig ist deine Karriere doch nun auch wieder nicht, oder? Sobald wir wieder in Telset sind, müssen wir uns immer noch verstecken. Da kannst du doch gar nicht anders, als das Schaukämpfen einstweilen einzustellen und auf die Vermehrung deines Ruhms zu verzichten. Im Grunde genommen solltest du dankbar für eine solche Tarnung sein!«
    Sie hatte doch tatsächlich versucht, mich zu verschaukeln. Verblüfft angesichts solcher Boshaftigkeit ließ ich die Hände wieder sinken und sah sie verlegen an. Sie begegnete mir mit einem Blick der reinen Unschuld und schien von meinem plötzlichen Sinneswandel überrascht, »Schon gut, schon gut«, murmelte ich voller Widerwillen. »Mache meine Schwierigkeiten nur herunter. Aber was soll's, wahrscheinlich muß ich den größten Teil ohnehin herausschneiden. Es wäre ja wirklich peinlich, mich mit all diesen Schmetterlingen im Haar zu präsentieren.« Ich stand auf und wischte mit einer Handbewegung den ganzen Disput beiseite. »Kommt, wir wollen heute noch weiter.«
    Armbruster Moses erhob sich. »Nun müssen wir uns entscheiden«, sagte es. »Wir können um die Masse herummarschieren oder sie auf direktem Wege durchqueren. Der Umweg kostet uns Zeit, vielleicht sind wir dort sogar Wochen länger unterwegs, und unsere Vorräte werden rasch erschöpft sein. Natürlich könnten wir uns von der hiesigen Flora und Fauna ernähren, laufen dabei aber Gefahr, uns zu vergiften. Sobald wir an der Küste sind, bereitet uns dieses Problem keine Schwierigkeiten mehr. Ich könnte dort

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