Video-Kid
den Fischen. Um uns herum entstand ein unerhörtes Gewimmel und Geplatsche, als die Tiere in größter Panik das Weite suchten. Leider war es zu dunkel, um sie dabei zu beobachten. Das Donnern wurde lauter und unheimlicher. Jetzt konnten wir es sogar schwach hören, wenn wir die Ohren über Wasser behielten. Nicht selten spürten wir eine Strömung, wenn größere Tiere an uns vorbeischwammen. »Das Wasser wird ja wärmer!« entfuhr es Anna. Sie war zu müde, um ihre Angst zu kontrollieren. Wir alle standen kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.
»Da!« rief Moses heiser. »Unten im Wasser! Könnt ihr es sehen?«
Das konnten wir: tief unter uns ein unzusammenhängendes, trübes Meeresleuchten. Wie weit es noch von uns entfernt war, war unmöglich zu erkennen. Das Ganze wirkte wie matt leuchtende Knoten oder Knollen, die sich auf dem Rücken eines riesigen Tieres verteilten.
»Ist das der Meeresgrund?« fragte Anna. »Wenn ja, dann wäre der Ozean hier ja gar nicht so tief.«
»Für ein Tier ist es viel zu groß«, sagte Moses Moses. »Es wirkt eher wie ein besonders breites Netz. Seht ihr, wie die leuchtenden Punkte sich ausbreiten? Sieht ganz so aus, als würde sich das Gebilde bewegen.«
»Nein«, widersprach ich, »wir bewegen uns.« Wir hörten weitere dumpfe Schläge. »Das kommt von diesen Lichtpunkten«, sagte Anna.
»Ich denke, ich tauche hinunter, um mir das genauer anzusehen«, sagte ich.
»Nein, Kid! Wer weiß, was dir dort unten zustoßen kann«, rief Anna. Moses und ich lachten grimmig. Was machte es schon für einen Unterschied, wo ich mein Leben verlor?
»Herr Präsident, würdest du wohl die Güte haben, meine Waffe zu halten?« Ich reichte ihm den Nunchuck und begann zu hyperventilieren. Selbstverständlich gruppierte ich auch die Kameras um. Nachdem ich etwa ein dutzendmal tief eingeatmet hatte, spürte ich die besonderen Effekte überschüssigen Sauerstoffs: Schwindelanfälle und ein Prickeln in den Fingern. Ich leerte meine Lungen zur Hälfte, knickte zusammen, um mit dem Kopf zuerst hinabzutauchen, und schwamm mit kräftigen Zügen in die Tiefe. Es ploppte in meinen Ohren. Ich hielt mir die Nase zu und blies, um den Druck auszugleichen. Es gellte in meinen Ohren. Bei sechs Metern hatte ich den Auftrieb überwunden, als der Druck mir die Lunge zusammenpreßte. Ich sank, langsam zuerst, dann immer schneller. Rasch legte ich die Hände gekrümmt über die Stirn und blies etwas Luft darunter, um so über meinen Augen eine kleine Luftblase zu formen. Die phosphoreszierenden Punkte wurden deutlich sichtbar. Sie waren direkt unter mir, kaum fünf Meter entfernt. Ich erkannte nun, daß es sich bei den grünglühenden Knollen um Punkte auf einem straffen Netz oder einer Strähne aus einem blassen, filmartigen Material handelte. Das Gebilde, was immer es sein mochte, war immens. Selbst die Knollen wirkten so, als hätten sie einen Durchmesser von anderthalb bis zwei Metern, und Dutzende von ihnen bedeckten die Oberfläche. Bläschen drangen zwischen meinen Fingern hervor, und das Meerwasser stach mir in die Augen. Das Wasser war merkwürdigerweise warm. Meine Lunge fühlte sich zerquetscht an. Ich machte mich daran, zur Oberfläche zurückzukehren. Die war weiter entfernt, als ich angenommen hatte, aber ich schaffte es dennoch. Oben angekommen, mußte ich Anna und Moses Moses rufen, um dann in der Dunkelheit ihren Stimmen folgen zu können.
»Nun, was ist? Was hast du gesehen?« fragte die Heilige aufgeregt.
Ich schüttelte den Kopf. »Das weiß ich auch nicht. Es sieht aus wie ein unglaublich riesiger Blaufisch. Und, so seltsam das auch klingen mag, als ich näher kam, wurde das Wasser etwas wärmer. Ich spürte, wie Strömungen über das Gebilde zogen. Dabei habe ich nur einen Teil davon gesehen. Es macht den Eindruck, als würde es mehrere Hektar bedecken, ein unglaublich großes Gebiet.«
»Handelt es sich dabei denn um einen unterseeischen Berg? Ein Guyot oder etwas in der Art?«
»Nein, es sah eher aus wie Haut«, sagte ich. Mehrere Bebenschläge ertönten kurz hintereinander; bislang die lautesten. Ein Strom großer, schmutziger Blasen, die nach Mist rochen, zerplatzte um uns herum im dunklen Wasser.
»Großer Gott, atmet das Gebilde etwa?« rief Anna. »Das stinkt ja entsetzlich!« Das unterseeische Donnern verwandelte sich in ein Crescendo. Wir hörten, wie überall die Blasen sprudelten. Dann ertönte so etwas wie ein vom Wasser gedämpftes Klimpern, Zerren und Rumpeln. Wir sahen
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